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Eine Freundschaft im Winter

Eine Freundschaft im Winter

Titel: Eine Freundschaft im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaya McLaren
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Sieh dir das mal an!«
    Cassie verschob die Rede, die sie vorbereitet hatte, und sah sich die zwei Kochbücher an – eines über die thailändische Küche, das andere über die vegetarische italienische. »Danke«, sagte sie.
    »Wie war dein Tag?«, erkundigte Jill sich.
    Cassie zögerte und verschaffte sich etwas Zeit, indem sie angestrengt in den Kochbüchern blätterte. Sollte sie nicht jetzt sagen, was ihr schon den ganzen Tag auf den Nägeln brannte? Ihr Blick fiel auf die Zeitung, und sie bemerkte, dass die Seite mit den Kleinanzeigen aufgeschlagen war und Jill zwei Anzeigen eingekreist hatte. »Was willst du kaufen?«, fragte sie.
    Jill hielt kurz inne. »Ich will nichts kaufen. Hattest du also einen schönen Tag?«
    »Ja, es war ganz okay«, antwortete Cassie. Sie klang gereizt. »Warum erzählst du mir nicht, wonach du suchst?«
    »Warum erzählst du mir nicht, was dich ärgert?«, erwiderte Jill.
    »Was mich ärgert, sind die Blicke, die du und mein Dad euch zuwerft. Und mich ärgert, dass er Moms Sachen aus der Wäsche genommen hat und dass er ein ganzes Zimmer für dich umgeräumt hat. Hast du seinetwegen diesen Job angenommen? Um seine nächste Ehefrau zu werden?«
    Jill war sprachlos und nahm sich einen Moment, um sich zu sammeln. »Ich habe diesen Job angenommen, weil ich das Geld brauchte. In den letzten fünf Monaten seid ihr mir allerdings ans Herz gewachsen. Ihr seid wie eine Familie für mich …«
    »Du gehörst nicht zur Familie!«, stieß Cassie hervor. Endlich waren die Worte, die seit Stunden ihren inneren Druck erhöht hatten, aus ihr herausgeplatzt.
    »Damit machst du es mir leichter, dir etwas mitzuteilen«, sagte Jill ruhig.
    »Was?«, versetzte Cassie, und es klang eher wie eine Aufforderung als eine Frage.
    Jill drehte die Seite mit den Kleinanzeigen, damit Cassie sie sehen konnte. »Eigentlich hatte ich nicht so mit dir darüber reden wollen. Cassie, ich kann es mir nicht länger leisten, diesen Job zu machen. Die Skisaison ist vorbei. Selbst mit beiden Stellen habe ich nicht genug verdient, um davon leben zu können. Wenn meine Scheidung durch ist, brauche ich das Gehalt und die Versicherung, die ich in meinem alten Job hatte. Ich muss wieder als Krankenschwester arbeiten.«
    Cassie starrte sie an, als hätte man sie betrogen. »Weiß Dad davon?«
    »Ich habe kurz mit ihm darüber geredet.«
    »Er hat mir keinen Ton gesagt«, erwiderte Cassie.
    »Ich weiß nicht, warum er das Zimmer umgeräumt hat, Cassie. Vielleicht möchte er den Job für das nächste Kindermädchen noch reizvoller machen. Ich weiß es nicht. Ich weiß allerdings, dass er für eine neue Frau in seinem Leben noch nicht bereit ist. Er ist ein toller Mann, und das ist mir natürlich aufgefallen. Doch wir haben alle viel durchgemacht. Und meine Auszeit hier ist vorbei.« Jill hob abwehrend die Hände. »Ich stelle keine Bedrohung für dich dar. Du musst mir nicht sagen, dass ich nicht zu deiner Familie gehöre.«
    Cassie blickte sie finster an, stürmte dann die Treppe hinauf und warf ihre Zimmertür hinter sich ins Schloss. Sie wünschte sich, es hätte einen Weg gegeben, die Kochbücher mitzunehmen, ohne es wie ein Zugeständnis aussehen zu lassen. Wie be ruhigend wäre es jetzt gewesen, sich die Bilder der Gerichte und die Liste der Zutaten anzusehen. Was für eine willkommene Befreiung wäre es gewesen, den Lärm in ihrem Kopf verschwinden zu lassen und über etwas ganz anderes nachzudenken. Es war so laut in ihrem Kopf, dass sie ihre eigenen Gedanken kaum noch verstehen konnte. So viele widersprüchliche Gefühle. So viel Verwirrung. So viele kraftvolle Empfindungen – Verlorenheit, Wut, Schuld.
    Sie schlug ihr Mathematikbuch auf und fing an, Brüche in Dezimalzahlen umzuwandeln. Ein Teil von ihr wünschte sich, dass ein Klopfen ertönte und Jill hereinkam, sich auf ihr Bett setzte und alles wieder gut war. Ein anderer Teil wünschte sich, dass Jill klopfte, ins Zimmer trat und stürzte, weil Cassie ihr das Mathebuch an den Kopf geschleudert hatte. Doch niemand klopfte an ihre Tür.
    Stattdessen ließ Jill für Cassie einen Teller mit Essen im Kühlschrank stehen, putzte sich die Zähne und legte sich in ihr neues Bett. Cassie hatte durch die dünnen Wände hindurch jeden Schritt gehört. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, an Jills Tür zu klopfen, aber sie wusste nicht, was sie ihr sagen sollte. Vielleicht: Ich liebe dich auch wie meine eigene Familie? Oder: Wie kannst du mich verlassen?

 
    31.

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