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Eine Freundschaft im Winter

Eine Freundschaft im Winter

Titel: Eine Freundschaft im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaya McLaren
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Kapitel
    Schneebericht für den 12. April
    Aktuelle Temperatur: 3,3°C, Höchstwert: 4,4°C um 15 Uhr,
Tiefstwert: 0, 6 °C um 4 Uhr.
    Überwiegend bewölkt, gelegentliche Schauer.
Wind aus Süd mit 24 km / h.
    226 cm am Berg, 253 cm auf dem Gipfel; 0 cm Neuschnee in den letzten 24 Stunden; 0 cm Neuschnee in den letzten 48 Stunden.
    E s war der zweite Abend seit ihrer Auseinandersetzung. Am Abend zuvor war Cassie bis zum Schluss in der Bibliothek geblieben. Zu Hause hatte sie dann ihr Essen aus dem Kühlschrank genommen, ehe sie wortlos nach oben verschwunden war. Und auch am nächsten Morgen waren sich Jill und Cassie aus dem Weg gegangen.
    Als Jill heute ankam, war Cassie wieder unterwegs. Sie ging in die Küche und fing an, Gemüse zu waschen und klein zu schneiden. Den Sellerie, die Zucchini und die Möhren schnitt sie in diagonale Streifen – ganz so, wie Cassie es mochte.
    Sie hatte darüber nachgegrübelt, wie sie die Konfrontation mit Cassie besser hätte bewältigen können. Es war ihr vorgekommen, als wäre sie in die Enge getrieben worden. Jemandem zu gestehen, dass man ihn wie ein echtes Familienmitglied liebte, nur um dann von ihm daran erinnert zu werden, dass man eben nicht zur Familie gehörte, war schwer – auch wenn es sich um die Äußerungen eines verletzten Kindes handelte. Ich allerdings bin erwachsen, dachte Jill. Es war auf jeden Fall Schaden entstanden, und eine Zehnjährige war wohl kaum in der Lage, die Situation wieder in Ordnung zu bringen. Das war nicht leicht, denn Worte konnten nicht zurückgenommen und verletzte Gefühle nicht wiederhergestellt werden. Manchmal, dachte Jill, muss man Dinge einfach hinter sich lassen und weitermachen.
    Als Cassie nach Hause kam, stellte Jill das Essen auf den Tisch, und sie setzten sich. Beide waren unsicher und hilflos. Jill fragte Cassie nach ihrem Tag, und Cassie antwortete ihr höflich. Cassie lobte Jill für das Essen, und Jill bedankte sich.
    Und dann sagte Cassie: »Ich war eigentlich gar nicht böse auf dich. Ich wünsche mir nur manchmal meine Mom so sehr zurück.«
    »Es sind schwere Zeiten«, erwiderte Jill, denn alle anderen Antworten wären nicht wahr gewesen. Sie konnte nicht sagen: Ich verstehe. Denn sie verstand nicht. Sie verstand es vielleicht ein wenig, doch niemand konnte wirklich verstehen, wie es war, in der Haut eines anderen zu stecken. Und sie konnte nicht sagen: Ist schon okay. Denn es war nicht okay, jemanden zu verletzen, selbst wenn man selbst verletzt war. »Vielleicht könnten wir in Zukunft etwas behutsamer miteinander umgehen.«
    »Ich will nicht, dass du mich auch noch verlässt«, sagte Cassie.
    Es war das »auch« in ihrem Satz, das Jill schlucken ließ. Die Unterhaltung schien ins Stocken zu geraten. »Ich habe gemeint, was ich gesagt habe, Cassie. Ich liebe euch wie meine eigene Familie. Ich will dich, ich will euch nicht verlassen. Das Leben ist aber kompliziert. Ich bin jetzt allein. Mir stehen nicht viele Entscheidungen offen.«
    »Ich weiß«, entgegnete Cassie, als würde sie verstehen.
    Die Stimmung fühlte sich auf einmal anders an. Sie schienen zwar noch immer an gegenüberliegenden Flussufern zu stehen, aber zumindest führte nun eine Brücke übers Wasser.

 
    32. Kapitel
    Schneebericht für den 23. April
    Aktuelle Temperatur: –1,1°C, Höchstwert: 0,6 °C um 15 Uhr,
Tiefstwert: –3,3°C um 4 Uhr.
    Bewölkt. Wind aus Südwest mit 16 km / h, in Böen bis 32 km / h.
    Skilifte geschlossen.
    A ls Cassie und Mauricio die Stadtbibliothek verließen, hörte Cassie, wie eine Frauenstimme nach Mauricio rief.
    Er bedeutete Cassie, ihm zu folgen, und lief auf die Frau zu.
    Sie war klein – nicht viel größer als Mauricio –, und ihr langes, dunkles Haar war zu einem straffen Pferdeschwanz zurückgebunden. Ihre Nase war leicht zur Seite gebogen, und ihr Lächeln war breit und freundlich.
    »Mama, se llama Cassie«, sagte Mauricio . »Cassie, das ist meine Mutter Esmeralda.«
    Esmeralda schüttelte Cassie die Hand. »Mucho gusto.«
    » Mucho gusto«, erwiderte Cassie.
    Mauricio und seine Mutter fingen an, auf Spanisch miteinander zu reden, und Cassie schnappte ein paar Dinge auf. Sie hörte das Wort casa und sah, dass Mauricio auf ihr Haus deutete. Sie hörte das Wort padres und sah, wie Mauricio mit den Schultern zuckte. Er setzte zu einer langen Erklärung an. Am Ende hörte sie: No mama.
    Was auch immer er gesagt hatte, es entlockte Esmeralda eine sehr mitfühlende Antwort. Cassie wurde klar, dass Mauricio

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