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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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den Kopf. »Vielleicht tue ich das, Warshawski. Falls ich es tue, melde ich mich vielleicht wieder bei Ihnen. Aber erst müssen Sie mir verkaufen, warum Sie Fragen stellen.«
    »Ich nehme an, ich will wissen, wie tief Sie im Entscheidungsprozess bei Diamond Head stecken. Denn falls Sie in die dortigen Interna eingeweiht sein sollten - na ja, dann gibt es jede Menge weitere Fragen, die ich gern stellen würde.«
    Loring schüttelte den Kopf. »Das nenne ich nicht verkaufen. Ganz im Gegenteil. Und wie Sie so schnell herausgekriegt haben, sind wir vielbeschäftigte Männer. Und so wollen wir uns jetzt auch wieder verhalten.«
    Ich stand auf. »Dann muss ich eben weitergraben. Und ich verspreche nie im Voraus, was ich mache, wenn meine Schaufel auf einen stinkenden Misthaufen trifft.« Niemand sagte etwas zu mir, aber als ich hinausging, brach ein Riesenaufruhr los. Ich hätte gern das Ohr an den Türrahmen gelegt, aber Sukey schaute mich hinter ihrem Schreibtisch an. Ich ging hinüber zu ihr.
    »Danke für Ihre Hilfe ... Sie haben eine schöne Stimme, wissen Sie? Singen Sie?«
    »Nur im Kirchenchor. Mit dem da« - sie deutete auf ihre Aknenarben und lief kläglich rot an - »lädt mich niemand zum Probesingen für die Bühne ein.«
    Die Gegensprechanlage auf ihrem Schreibtisch surrte laut; Ben Loring brauchte sie im Konferenzzimmer. Ich fragte mich, ob ich die Chance ihrer Abwesenheit nutzen konnte, um in ihre Aktenschränke zu schauen, aber ich hätte keine Erklärung dafür gehabt, wenn sie plötzlich herausgekommen wäre und mich dabei erwischt hätte. Außerdem war es jetzt fast drei. Ich hatte gerade noch Zeit, in die Innenstadt zu fahren, um mich über Jason Felitti kundig zu machen, bevor die Bibliothek schloss.
    Nach zwei Jahrzehnten Feilscherei baut Chicago jetzt tatsächlich eine neue öffentliche Bibliothek. Die im Bau befindliche, nach dem verstorbenen großen Harold Washington benannte Bücherei hat das unglückliche Äußere eines viktorianischen Mausoleums. Bis sie eröffnet wird, bewahrt die Stadt, was sie an Sammlungen besitzt, an einer Reihe von entlegenen Orten auf.
    Vor kurzem waren sie von einer alten Baracke in der Nähe der Michigan Avenue in einen noch trostloseren Schuppen am Westrand des Loop umgezogen. Leider liegt diese Gegend am Rand des heißesten neuen Ladenviertels der Stadt. Ich musste ins Untergeschoss fahren, damit ich einen leeren Parkplatz fand. Obwohl ich mir sicher war, meinen Verfolger abgehängt zu haben, war mir in dem Labyrinth aus Lieferwagenzufahrten und Laderampen unbehaglich zumute. Hier konnte man mich anfallen, ohne dass es jemand merkte. Bei diesen makabren Fantasien prickelten mir die Fersen vor Nervosität. Ich rannte dem Tageslicht auf der Kinzie Street mit mehr Tempo entgegen, als ich meinen Beinen zugetraut hätte.
    Eine Stunde mit der Computerspezialistin der Bibliothek verstärkte mein Bedürfnis, mir ein eigenes Gerät anzuschaffen. Nicht dass die Spezialistin nicht hilfsbereit gewesen wäre - die Menge an abruf bereiten Informationen war so gewaltig und mein Bedarf danach so stark, dass es nicht sinnvoll war, von den Öffnungszeiten der Bibliothek abhängig zu sein. Ich trug das Bündel Ausdrucke zu einem dicht besetzten Tisch im Zeitschriftenraum, einem der wenigen Orte im Gebäude, wo man sich hinsetzen und lesen konnte. Zu meinen unmittelbaren Sitznachbarn gehörte ein kleiner, grauer Mann mit einem dünnen Schnurrbart, der sich in Scientific American vertiefte und ständig ängstliche Kommentare murmelte. Es war nicht klar, ob er auf den Artikel oder das Leben im Allgemeinen reagierte. Auf meiner anderen Seite las ein kräftiger Mann Wort für Wort den Herald-Star, mit einem Finger unter den Sätzen, während er die Lippen bewegte. Ich hoffte, in der neuen Bibliothek werde es auf den Toiletten Duschen geben. Das wäre eine große Hilfe gewesen, wenn nicht für meinen Sitznachbarn, so doch wenigstens für jeden, der in der Zukunft neben ihm sitzen musste.
    Ich verdrängte den Geruch, so gut ich konnte, und informierte mich über Jason Felitti, den Inhaber von Diamond Head Motors. Er war Peters Bruder, drei Jahre jünger (geboren 1931), Studi um an der Northwestern University (Wirtschaft), politisch und als Unternehmer tätig. Peter, ging aus einem Ausdruck hervor, war ebenfalls auf der Northwestern gewesen und hatte einen Abschluss als Ingenieur gemacht. Jason, der nie geheiratet hatte, wohnte im Familiensitz in Naperville, während Peter 1968 mit seiner Frau

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