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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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County dorthin dirigiert, und Mrs. Frizell hatte erst vor kurzem ihr Konto bei der Bank of Lake View aufgelöst und eins bei U. S. Met eröffnet.
    »Du willst bloß, dass es da eine Verbindung gibt«, sagte ich scharf zum Armaturenbrett. »Aber es ist ein ganz schön dünner Faden zwischen Jason Felitti und Todd Pichea.« Andererseits lief er über Richard Yarborough. Vielleicht hatte Freeman recht -dass ich auf Dick sauer war, weil er einen Riesenerfolg hatte, während ich immer noch darum kämpfte, mit dem Geld auszukommen. Oder weil er mir eine jüngere, hübschere Frau vorzog?
    Ich glaubte nicht, dass ich etwas gegen Teri hatte: Sie passte so viel besser zu Dicks Mischung aus Ehrgeiz und Schwäche als ich. Aber vielleicht ging mir nach, dass ich eine vielversprechende Absolventin gewesen war, die Dritte in unserem Seminar, mit einem Dutzend Stellenangeboten, und dass ich mir jetzt nicht einmal ein neues Paar Lauf schuhe leisten konnte. Ich hatte meine Entscheidungen selbst getroffen, aber Ressentiments sind selten rational begründet. Wie auch immer, ich wollte nicht riskieren, dass Freeman recht behielt, dass ich wegen der Geschäfte, die Dick machte, mit einer Vendetta gegen ihn anfing.
    Mit diesem moralischen Hochgefühl ließ ich das Auto an und bog in den aus dem Loop herauskommenden, sich stauenden Verkehr ein. Erst als ich in Richtung der Ausfahrten nach Westen den Stevenson Expressway entlangfuhr, wurde mir klar, wohin ich unterwegs war: nach Naperville, zum Stammsitz der Familie Felitti.

29
    Drinks mit den reichen Müßiggängern
    Naperville, etwa fünfzig Kilometer vom Loop entfernt, gehört zu den besonders schnell wachsenden Vororten von Chicago. Es ist umgeben von vornehmen Siedlungshäusern auf großen Grundstücken - das Zuhause des mittleren Managaments von Chicago und einer deprimierenden Menge Beton. Breite, gebührenpflichtige Straßen ziehen sich im Zickzackkurs durch die Vororte im Südwesten, fressen das Ackerland und hinterlassen steile, zerklüftete Einschnitte.
    Inmitten der Betonpfeiler und der endlosen Aneinanderreihung von Einkaufszentren, Schnellrestaurants und Autogeschäften sind die Reste der Stadt übriggeblieben. Vor hundert Jahren war das eine ruhige, bäuerliche Gemeinde gewesen. Etliche Leute, die entweder durch das Land oder den Handelsverkehr auf dem Fluss reich geworden waren, hatten sich dort solide viktorianische Häuser gebaut. Eines dieser Häuser hatte Tiepolo Felitti gehört.
    Ich fand das Haus an der Madison Street ohne größere Schwierigkeiten, nachdem ich an der Bibliothek gehalten und gefragt hatte. Tiepolo gehörte zu den berühmten Stadtvätern; sein Haus war eines der hiesigen Wahrzeichen - in einem hellen Taubenblau gestrichen, mit einem kleinen Schild am Vordereingang, das seine historische Bedeutung erklärte. Ansonsten verfügte es über keine auffälligen Züge. Auf der kleinen Vorderveranda stand eine Schaukel, aber dem Haus fehlten die Bleiglasfenster und die bunten Scheiben, die manche viktorianischen Bauten so interessant machen.
    Das Haus stand auf einem winzigen Grundstück, das für die Innenstadt typisch war. Ich begriff, warum Peter nach Oak Brook gezogen war: Dort war viel mehr Platz für Prachtentfaltung. Ob sich Dick je in Teri verliebt hätte, wenn ihr Vater an diesem unprätentiösen Ort geblieben wäre?
    »Aber wenn es nicht Teri gewesen wäre, dann eine Frau, die ihr geähnelt hätte«, murmelte ich laut und ging zur Klingel. »Haben Sie etwas gesagt?«
    Als ich die Stimme hörte, machte ich einen Satz. Ich hatte nicht gehört, dass der Mann hinter mir den Gehweg entlanggekommen war. Sein wohlgenährtes, glattrasiertes Gesicht war das des typischen Chicagoer Politikers. »Mr. Felitti?« Ich lächelte und hoffte, es wirke angenehm. »Leibhaftig. Und Sie sind nach einem langen, harten Tag eine willkommene Überraschung vor meiner Tür.« Er schaute auf die Uhr. »Warten Sie schon lange?« »Nein. Ich möchte gern mit Ihnen reden.«
    »Schön, kommen Sie rein und sagen Sie mir, was Sie trinken wollen. Ich versorge Sie, während ich nach Mutter schaue.«
    Mit diesem Überschwang hatte ich nicht gerechnet. Das machte mir meine Aufgabe gleichermaßen schwerer und leichter.
    Er hielt mir die Tür auf. Naperville war offenbar noch nicht so weit heruntergekommen, dass er sie abschließen musste. Ich spürte einen Stich Neid, gemischt mit Wut darüber, dass jemand ein so glückliches, gesegnetes Leben führen konnte, dass er keine Sperriegel

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