Eine ganz andere Geschichte
gesagt, es gäbe eine verheiratete Frau in Westschweden, die Öhrnberg heimlich besuchte. Aber woher zum Teufel sollten wir denn wissen, dass sie Katarina Malmgren hieß?«
»Ja, woher?«, nickte Tallin. »Mach weiter.«
»Er nimmt sich sicher Zeit, als er Gunnar Öhrnberg tötet, vielleicht geht es genau so zu, wie er es in den Aufzeichnungen beschrieben hat. Auf jeden Fall habe ich den Eindruck, dass er das Töten genießt. Aber das ist natürlich in erster Linie eine Sache für die Gerichtspsychiatrie.«
Er trank einen Schluck Wasser. Backman blätterte eine neue Seite auf ihrem Block auf und übernahm.
»Nachdem er sein drittes Opfer in dem berühmten Weizenacker abgelegt hat, fährt er nach Hause nach Göteborg und packt gemeinsam mit seiner Frau das Auto für die bevorstehende Urlaubswoche in Dänemark. Sie nehmen die Nachtfähre von Sonntag auf Montag, wie geplant, sie gehen eine Weile an Deck, er erwürgt sie und wirft sie über Bord. Geht als Fußgänger in Fredrikshavn an Land, fährt von dort nach Kopenhagen und setzt sich in Kastrup in ein Flugzeug. Einen Tag später befindet er sich in Kairo und gibt seine Aufzeichnungen aus Mousterlin in die Post.«
Fünf Sekunden lang blieb es still.
»Unglaublich«, sagte Astor Nilsson dann. »Vollkommen unglaublich.«
»Entschuldigt«, sagte Sorgsen. »Aber wie ist es mit Pass und so?«
»Wir haben das kontrolliert«, antwortete Backman. »Es gibt einen Passagier Malmgren von Kopenhagen nach Athen am 14. August. Bertil Malmgren. Wir können wohl annehmen, dass der Bruder seinen Pass aus Australien geschickt hat. Zumindest, wenn wir Ulrika Hearsts Aussagen dabei bedenken. Oder?«
»Das scheint so, ja«, bestätigte Jonnerblad.
»Gut«, seufzte Astor Nilsson. »Raffiniert. Ja, ich gehe davon aus, dass das alles rein technisch passt. Aber dass alles sich nur darum handelt, dass seine Frau einen anderen gefunden hat … ja, das klingt ein wenig erbärmlich, wenn ihr mir diese Bemerkung erlaubt.«
»Es muss ihm Spaß gemacht haben, Pläne zu schmieden«, sagte Eva Backman. »Einen Plan aufzustellen und ihm zu folgen. Ich war mal mit so einem Typen zusammen, als ich jung war. Wir sind durch ganz Europa mit dem Auto gefahren, die Karte war viel wichtiger als Europa.«
Wieder waren alle still, dann räusperte sich Asunander. »Wir dürfen eines nicht vergessen«, sagte er, »und zwar, dass das Motiv nur selten im Verhältnis zum Verbrechen steht.«
»Kannst du das näher ausführen«, bat Jonnerblad.
»Ausgenommen im Kopf des Täters natürlich«, präzisierte Asunander. »Von außen gesehen erscheinen die Beweggründe fast immer klein und unbedeutend, und das sind sie auch oftmals. Eifersucht, Rachegelüste, Gier. Aber sie kommen sehr unterschiedlich zum Ausdruck.«
»Ja, das kann man wohl sagen«, bemerkte Tallin. »Aber wie bist du eigentlich auf die Lösung gekommen?«
Asunander saß mit gesenktem Kopf da und schien eine Weile seine gefalteten Hände zu betrachten, bevor er antwortete.
»Durch Reduzieren«, sagte er. »Das war das Einzige, was noch blieb. Die einzige Möglichkeit.«
»Ich habe auch versucht zu reduzieren«, sagte Astor Nilsson, »die ganze Zeit. Das Problem ist nur, dass nie etwas übrig geblieben ist. Überhaupt nichts.«
»Es gibt auch ein Detail«, sagte Asunander nach einer kurzen Pause.
»Ein Detail?«, fragte Tallin nach.
»Ja. In den Aufzeichnungen.«
»Was für ein Detail?«, fragte Jonnerblad. »Ich habe sie durchgelesen … ja, ich weiß gar nicht mehr wie oft. Mindestens viermal.«
»Ich glaube, das möchte ich für mich behalten«, sagte Asunander.
»Was ist denn das für ein …?«, rief Astor Nilsson aus, aber Asunander unterbrach ihn, indem er den Zeigefinger hob.
»Das ist einzig und allein meine Sache«, sagte er. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust, ließ den Blick über die ganze Gesellschaft wandern, und es erklang ein leiser, vibrierender Ton aus ihm, der Barbarotti an eine schnurrende Katze denken ließ. Er ist nicht ganz gescheit, dachte er. Verdammt, er dreht durch.
Aber er hatte den Fall gelöst. Ein Detail? Was denn für ein verfluchtes Detail?
»Und du hast eine Art … Überprüfung durchgeführt?«, fragte Tallin vorsichtig.
Asunander nickte. »Nichts Großartiges. Aber ich habe einen guten alten Freund, der Einblick in die Bankenwelt hat. Malmgren hat Ende Mai alle seine Aktien verkauft. Für fast eineinhalb Millionen. Und keine neuen gekauft. Ja, er brauchte wohl ein bisschen
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