Eine Handvoll Buchstaben
achten.
Vincent schöpft aus dem Vollen.
Herr Kogler muss seit Tagen gehungert haben. Vielleicht ist er Moslem und feiert den Ramadan?
„Studieren Sie?“, fragt mich Frau Kogler und ich strecke ihr die Hand aus und sage: „Kevin, ich heiße Kevin.“
„Helga“, sagt sie . Der Name passt zu ihr, er unterstreicht ihre schlechte Frisur und die nervösen Zuckungen, wenn das Handy ihres Sohnes vibriert.
„Ich studiere noch ein bisschen aus Spaß und Leidenschaft“, sage ich ihr, „ich studiere nur ein bisschen, um am wissenschaftlichen Ball zu bleiben, ansonsten gehe ich einer völlig normalen Tätigkeit nach.“
„Oh, was machst du denn beruflich, Kevin?“
Der Kogler-Spross meldet sich zu Wort. Er hat die Beine übereinandergeschlagen und mustert mich, anscheinend möchte er teste, ob er eine Chance bei mir hat. Ja, ich weiß, die jungen Schwulen finden mich wieder ganz interessant.
„Ich bin Schriftsteller?“
„Nein?!“
„Doch, ganz im Ernst.“
„Vielleicht habe ich ja schon was von ihnen gelesen?“, fragt sie mich und ich denke mir, dass sie vielleicht eines meiner Bücher, die ich unter meinem Pseudonym geschrieben habe, gelesen hat, aber unter meinem richtigen Namen hat sie wohl kaum etwas gelesen:
„ Liebe in Gangbang-Zeiten “, sage ich und ihr Sohn macht große Augen.
„Du hast das Buch geschrieben?“, fragt er mich.
„Kennst du das Buch“, fragt Helga ihren Sohn.
„Ja, hab‘s gelesen“, sagt er. Es war auch mein erfolgreichstes Schwulenbuch, dass ich im renommierten Judas Verlag veröffentlich hatte. Alle anderen Bücher, wie: Hilfeschreie in der Disco oder Die Seestecher , die ich geschrieben hatten, waren nicht so erfolgreich.
„Ich bin ganz begeistert“, sagt Helga, „ ich muss einmal ein Buch von dir lesen“, sagt sie euphorisch.
„ Mam, es sind Schwulenbücher, die er schreibt, das wird dir nicht so gefallen.“
„Das kannst du gar nicht wissen, mein Liebling.“
„Nenn‘ mich nicht immer Liebling, ich bin ein Mann.“
„Da kann ich dich trotzdem Liebling nennen, deinen Vater nenne ich doch auch so.“
Der Sohn gibt es jetzt auf, seiner Mutter zu erklären, dass er diese Kosenamen nicht mag und tippt (wahrscheinlich mit tausenden von Rechtschreibfehlern) irgendwelche Messages an irgendwen, den er gar nicht kennt.
„Wir müssen unseren Markus immer zur Schule treten und wenn er nachhause kommt, müssen wir ihn zum Lernen treten.“
„Ein paar Tritte zu viel“, sage ich und Helga sieht mich bitterböse an, aber dafür nickt ihr Junge mir zu und fühlt sich zum ersten Mal, seit er bei uns am Klapptisch sitzt, verstanden.
Max Kogler schaltet sich ins Gespräch ein, während er mampft, sagt er:„Ja, wir müssen unseren Markus immer dazu zwingen, dass er zur Schule geht.“
„Ja, geht denn dein Freund nicht auf di e gleiche Schule wie du?“, frage ich. Markus sieht mich schockiert an, und ich sage schnell darauf: „Hab ich etwas Falsches gesagt?“
Und wie es der Wille Gottes war , die Erde rund zu erschaffen, so ist es der Wille einer Mutter für ihr Kind zu sprechen: „Markus hat Angst, dass sein Freund in der Zwischenzeit fremd gehen könnte.“
„Und deshalb … muss man ihn zur Schule treten?“, hab ich was falsch verstanden.
„Nein, deshalb müssen wir dahinter sein, dass er den Abschluss macht, denn er tippt nur an seinem Handy herum.“
Der Minidildo vibriert wie auf Kommando.
Flippy hebt immer ein Ohr, wen das Ding surrende Geräusche von sich gibt.
„Ach, Markus, liebe Helga, das ist doch alles halb so schlimm“, sage ich und ich weiß nicht, ob es an meiner Sammlung bösen Karmas liegt, das die Menschen immer die Stirn runzeln, wenn ich mit geschmeidigem Ton zu sprechen beginne, aber ich gebe nicht auf und säusle weiter: „Ich bin mir sich, dass das eine Phase ist. Markus, deine Eltern meinen es nur gut. Dass musst du einmal verstehen. Und du, liebe Helga und du lieber Max, ihr müsst verstehen, dass ihr einen schwulen Sohn habt, der in seiner Entdeckungsphase ist … da ist alles spannender, als die Schule.“
Markus grinst und die Eltern ziehen an der Flasche.
Das Handy vibriert, Flippy hebt sein Ohr und Helga nimmt gleich noch einen Schluck aus der Flasche.
„Und was hat es jetzt mit deinem Freund auf sich, dass du ihn nicht alleine lassen kannst?“, frage ich, um endgültig, die Stimmung zu versauen, aber ich denke
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