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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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war seit langer, langer Zeit ungenutzt, erkannte Hood, als er sich hineinschob. Er war leer. Einfach ein aufgegebener Lagerraum, die Holzwände verschmutzt und rissig.
    Vielleicht hatte der Lebensmittelladen vor der Katastrophe eine größere Kundschaft gehabt und mehr Waren lagern müssen, und nun wurde dieser Raum nicht mehr gebraucht. Hood schritt hin und her, richtete seine Taschenlampe zunächst auf die Decke und dann auf den Boden. Tote Fliegen, die hier eingeschlossen waren ... und, wie er sofort erkannte, ein paar lebende, die zögernd durch den Staub krabbelten.
    »Bedenken Sie«, sagte der Polizeicaptain, »daß die Tür erst kürzlich, im Lauf der drei letzten Tage, versiegelt wurde. Oder zumindest wurde in dieser Zeitspanne mit äußerster Sorgfalt die Wand überpinselt.«
    »Diese Fliegen«, brummte Hood. »Sie sind noch nicht tot.« Also waren es noch nicht einmal drei Tage. Vermutlich hatte man erst gestern den Zugang zu diesem Raum unkenntlich gemacht.
    Wofür hat man ihn benutzt? Er wandte sich an den Griechen, der ihnen erregt und bleich, mit besorgt funkelnden Augen gefolgt war. Ein durchtriebener Bursche, erkannte Hood. Wir werden nur wenig aus ihm herausbekommen.
    An der gegenüberliegenden Wand des Lagerraums enthüllten die Taschenlampen der Polizisten leere Regale aus rohem Holz. Hood trat hinzu.
    »In Ordnung«, sagte der Grieche heiser und schluckte. »Ich gebe es zu; wir haben hier geschmuggelten Gin gelagert. Wir bekamen Angst. Ihr Centaurier ...« Er sah sie alle furchtsam an. »Sie sind nicht wie die hiesigen Bosse; die kennen wir, und sie verstehen uns. Sie sind uns fremd. Aber wir müssen leben.« Bittend breitete er die Arme aus.
    Etwas sah hinter der Regalwand hervor. Kaum erkennbar, so daß Hood es fast nicht entdeckt hätte. Ein Stück Papier, das hinter die Regale gefallen war. Hood zog es hervor.
    Der Grieche fuhr zusammen.
    Es war, stellte Hood fest, ein Bild. Das Bild eines schwergewichtigen Mannes mittleren Alters mit schwärzlichen Bartstoppeln und trotzig zusammengepreßten Lippen. Ein großer Mann, der eine Art Uniform trug. Einst hatte das Bild an der Wand gehangen, und die Menschen waren hergekommen, um es sich anzusehen und zu verehren. Er wußte, wer dieser Mann war. Benny Cemoli auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere, der Führer, der verbittert auf seine Anhänger herabblickte, die sich hier versammelt hatten.
    Kein Wunder, daß die Times so darauf reagiert hatte.
    Hood drehte sich zu dem griechischen Ladenbesitzer um und hielt das Bild hoch. »Reden Sie. Kennen Sie das hier?«
    »Nein, nein«, wehrte der Grieche ab. Er wischte mit einem großen roten Taschentuch den Schweiß von seinem Gesicht. »Gewiß nicht.« Aber es war offensichtlich, daß er log.
    »Sie sind ein Anhänger Cemolis, nicht wahr?« fragte Hood.
    Schweigen.
    »Nehmen Sie ihn mit«, wies Hood den Polizeicaptain an. »Und machen wir uns auf den Heimweg.« Mit dem Bild in der Hand verließ er den Raum.
     
    Als er das Bild vor sich auf den Schreibtisch legte, dachte Hood: Es ist nicht nur ein Hirngespinst der Times. Jetzt kennen wir die Wahrheit; diesen Mann gibt es wirklich, und noch vor vierundzwanzig Stunden hing sein Bild offen an der Wand. Es würde in diesem Moment noch immer dort hängen, wäre CSEB nicht aufgetaucht. Wir haben ihnen Furcht eingejagt. Die Erdmenschen haben einen Haufen Dinge vor uns zu verbergen, und das wissen sie; sie unternehmen etwas dagegen, schnell und wirksam, und wir können uns glücklich schätzen, wenn wir ...
    Joans Stimme riß ihn aus seinen Gedanken. »Dann war die Adresse in der Beekman Street tatsächlich einer ihrer Treffpunkte. Die Zeitung hat recht gehabt.«
    »Ja«, bestätigte Hood.
    »Wo steckt er jetzt?«
    Wenn wir das nur wüßten, dachte Hood.
    »Hat Dietrich das Bild schon gesehen?«
    »Noch nicht«, erwiderte Hood.
    »Er war für den Krieg verantwortlich«, stellte Joan fest, »und Dietrich wird das herausfinden.«
    »Kein Mann«, erklärte Hood, »kann allein dafür verantwortlich sein.«
    »Aber er hatte viel damit zu tun«, entgegnete Joan. »Deshalb hat man sich soviel Mühe gegeben, alle Hinweise auf seine Existenz auszulösen.«
    Hood nickte.
    »Ohne die Times«, sagte sie, »hätten wir wohl kaum je erfahren, daß eine politische Persönlichkeit wie Benny Cemoli existiert hat. Wir haben der Zeitung viel zu verdanken. Sie haben sie übersehen, oder sie waren nicht in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen. Vermutlich mußten sie sehr

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