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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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anders!
    Die Häuser in der Pittsburgh-Siedlung waren massiv und makellos. Die Bürgersteige waren sauber und fest. Die Fernsehgeräte und Mixer und Toaster und Autos und Klaviere und Kleider und Whiskyflaschen und Pfirsichkonserven in den Schaufenstern der Geschäfte waren perfekte Kopien der Originale – authentische, detaillierte Reproduktionen, die sich in nichts von den echten Artikeln unterschieden, die den Krieg in den vakuumisolierten, unterirdischen Lagern überstanden hatten.
    „Falls diese Siedlung zusammenbricht“, sagte Fergesson schwerfällig, „könnten wir vielleicht einige von euch bei uns aufnehmen.“
    „Kann denn Ihr Biltong für mehr als hundert Personen kopieren?“ fragte John Dawes sanft.
    „Natürlich kann er das“, erwiderte Fergesson. Stolz deutete er auf seinen Buick. „Sie sind damit gefahren – Sie wissen, wie gut er ist. Fast so gut wie das Original, von dem er kopiert wurde. Sie müßten sie schon nebeneinander stehen sehen, um einen Unterschied zu bemerken.“ Er lächelte und machte einen alten Scherz. „Vielleicht ist er sogar das Original.“
    „Wir brauchen uns jetzt noch nicht zu entscheiden“, sagte Charlotte barsch. „Noch bleibt uns zumindest etwas Zeit.“ Sie nahm die Stahlschachtel von dem Sitz des Buicks und näherte sich der Treppe des Apartmenthauses. „Komm mit uns, Ben.“ Sie nickte Dawes zu. „Sie auch. Trinken wir ein Glas Whisky. Er schmeckt nicht schlecht – vielleicht ein wenig nach Frostschutzmittel, und das Etikett ist unleserlich, aber Hauptsache, er ist nicht zu matschig.“
    Ein Arbeiter hielt sie auf, als sie einen Fuß auf die unterste Stufe setzte. „Sie können nicht hinein, Miß.“
    Charlotte riß sich wütend los, und ihr Antlitz war bleich vor Schrecken. „Ich habe dort oben ein Apartment! Alle meine Sachen – ich wohne dort!“
    „Das Gebäude ist einsturzgefährdet“, erklärte der Arbeiter. Er war nicht wirklich ein Arbeiter, sondern einer von den Bürgern der Siedlung, die sich freiwillig dazu gemeldet hatten, die baufälligen Häuser zu bewachen. „Schauen Sie sich die Risse an, Miß.“
    „Die sind schon seit Wochen da.“ Ungeduldig winkte Charlotte Fergesson zu. „Komm schon.“ Behende stieg sie die Treppe hinauf und streckte einen Arm aus, um die große, verchromte Glastür zu öffnen.
    Die Tür löste sich aus den Angeln und zerbarst. Glas zerbarst, und eine Wolke tödlicher Splitter flog in alle Richtungen. Charlotte schrie auf und stolperte zurück. Der Beton zerbröckelte unter ihren Absätzen; mit einem Ächzen verwandelte sich die Treppe in einen Haufen weißen Staubes, in eine formlose Ansammlung tanzender Partikel.
    Fergesson und der Arbeiter bekamen das taumelnde Mädchen zu fassen. In den Wolken aus Betonstaub suchte Untermeyer atemlos nach der Stahlschachtel; seine Finger schlossen sich um sie, und er trug sie zum Bürgersteig.
    Fergesson und der Arbeiter schleppten Charlotte fort von den Trümmern. Sie versuchte zu sprechen, mit hysterisch verzerrtem Gesicht.
    „Meine Sachen!“ gelang es ihr zu flüstern.
    Mit bebenden Händen säuberte Fergesson sie vom Staub. „Wo bist du verletzt? Ist alles in Ordnung?“
    „Ich bin nicht verletzt.“ Charlotte wischte einen Blutspritzer und weißen Puder aus ihrem Gesicht. Ihre Wange wies eine Schnittwunde auf, und ihr Haar war völlig verdreckt. Ihr pinkfarbener Wollpullover war rissig und zerlumpt. Ihre Kleidung war vollkommen ruiniert. „Die Schachtel – haben Sie sie gefunden?“
    „Ihr ist nichts passiert“, beruhigte John Dawes sie. Er hatte sich nicht um einen Zentimeter von seinem Platz neben dem Auto entfernt.
    Charlotte klammerte sich an Fergesson – sie zitterte vor Furcht und Verzweiflung. „Schau!“ wisperte sie. „Schau dir meine Hände an.“ Sie zeigte ihm ihre staubbedeckten Hände. „Er wird allmählich schwarz.“
    Die dicke Puderschicht, die ihre Hände und Arme bedeckte, begann dunkler zu werden. Während sie zusahen, nahm der Staub eine graue Färbung an und wurde dann schwarz wie Ruß. Die zerrissene Kleidung des Mädchens zerknitterte, verschrumpelte. Wie eine verdorrte Hülle zerfiel ihre Kleidung und löste sich von ihrem Körper.
    „Setzen Sie sie ins Auto“, befahl Fergesson. „Dort muß eine Decke sein – aus meiner Siedlung.“
    Zusammen mit Untermeyer wickelte er das bebende Mädchen in die dicke Wolldecke. Charlotte kauerte sich auf dem Sitz zusammen, die Augen vor Entsetzen geweitet, und helle Blutstropfen rannen von

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