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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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umringten. Sie hatten schon lange gewartet. Und sie waren jetzt des Wartens müde.
    „Was, zum Teufel, ist das?“ Untermeyer kniete vor einem formlosen Gegenstand nieder, der unter einem Baum lag. Mit den Fingern fuhr er über das rauhe Metall. Das Objekt schien wie Wachs zusammengeschmolzen zu sein – das frühere Aussehen war nicht zu ermitteln. „Ich kann es nicht identifizieren.“
    „Das ist ein elektrischer Rasenmäher“, sagte ein in der Nähe stehender Mann mit mürrischer Stimme.
    „Wann hat er ihn kopiert?“ wollte Fergesson wissen.
    „Vor vier Tagen.“ Wütend trat der Mann dagegen. „Man kann nicht einmal sagen, was das gewesen ist – man kann sich alles darunter vorstellen. Mein alter Rasenmäher hatte den Dienst aufgegeben. Ich rollte das Original der Siedlung aus dem Lager hierher und habe mich den ganzen Tag lang angestellt – und sehen Sie sich an, was ich bekommen habe.“ Er spuckte geringschätzig aus. „Dieses Ding ist keinen verdammten Heller wert. Ich habe es hier zurückgelassen – sinnlos, es mit nach Hause zu nehmen.“
    Seine Frau meldete sich schrill und barsch zu Wort. „Was sollen wir nur tun? Wir können den alten nicht mehr benutzen. Er ist wie alles andere zerbröckelt. Wenn die neuen Kopien auch nicht zu gebrauchen sind, dann …“
    „Halt den Mund“, fauchte ihr Mann. Sein Gesicht war häßlich und verzerrt. Seine langfingrigen Hände umklammerten ein Rohrstück. „Wir werden noch ein wenig warten. Vielleicht reißt er sich doch noch zusammen.“
    Hoffnungsvolles Gemurmel kam auf. Charlotte fröstelte und eilte weiter. „Ich kann es ihm nicht übelnehmen“, sagte sie zu Fergesson. „Aber …“ Müde schüttelte sie den Kopf. „Was hätte es für einen Sinn? Wenn er für uns eben keine brauchbaren Kopien herstellen will …“
    „Er kann es nicht“, erinnerte John Dawes. „Schauen Sie ihn doch an!“ Er blieb stehen und hielt die anderen zurück. „Schauen Sie ihn an, und dann sagen Sie mir, wie er es denn schaffen soll.“
    Der Biltong lag im Sterben. Groß und alt, kauerte er im Zentrum des Parks, ein Klumpen aus verbrauchtem, vergilbtem Protoplasma, dick, gummiartig, düster. Seine Pseudopodien waren vertrocknet, zu geschwärzten Schlangen verschrumpelt, die reglos auf dem bräunlichen Gras ruhten. Der Mittelpunkt der Masse wirkte seltsam eingesunken. Der Biltong schrumpfte allmählich zusammen, während die matte Sonne am Himmel die Feuchtigkeit in seinen Venen verdampfen ließ.
    „O Gott!“ flüsterte Charlotte. „Wie schrecklich er aussieht!“
    Das Zentralorgan des Biltongs zitterte schwach. Kränkliche, ruhelose Wellenbewegungen durchliefen ihn, während er um sein dahinschwindendes Leben kämpfte. Fliegen umschwirrten ihn in dichten schwarzen und glänzendblauen Schwärmen. Ein stickiger Geruch ging von dem Biltong aus, ein übler Gestank aus faulender organischer Materie. Brackige Flüssigkeit tropfte aus ihm und bildete eine Pfütze.
    Innerhalb des gelben Protoplasmas der Kreatur pulsierte matt der feste Knoten des Nervengewebes und erschütterte das schlaffe Fleisch. Fast konnte man zusehen, wie die feinen Fasern sich verhärteten. Alter und Zerfall – und Leid.
    Auf der Betonplattform vor dem sterbenden Biltong lag ein Haufen Originale, die dupliziert werden sollten. Daneben hatten sich einige Kopien gebildet, formlose Bälle aus schwarzer Asche, vermischt mit der Körperflüssigkeit des Biltongs, dem Plasma, aus dem er mühevoll seine Kopien herstellte. Er hatte seine Arbeit unterbrochen und seine noch unversehrten Pseudopodien eingezogen. Er ruhte sich aus – und versuchte, nicht zu sterben.
    „Das arme verdammte Ding!“ hörte Fergesson sich selbst sagen. „Es kann nicht weitermachen.“
    „Er sitzt schon sechs geschlagene Stunden so da“, fauchte ihm eine Frau ins Ohr. „Sitzt einfach da! Was erwartet er eigentlich von uns? Sollen wir niederknien und ihn bitten?“
    Wütend drehte sich Dawes zu ihr um. „Sehen Sie denn nicht, daß er stirbt? Um Gottes willen, lassen Sie ihn in Ruhe!“
    Drohendes Geraune glitt durch die Menge. Gesichter wandten sich Dawes zu – kühl ignorierte er sie. Neben ihm stand Charlotte steif wie ein Besenstiel da. In ihren Augen lag Furcht.
    „Seien Sie vorsichtig“, warnte Untermeyer Dawes leise. „Einige von diesen Burschen brauchen das Zeug verdammt dringend. Ein paar sind hier, weil sie etwas zu essen haben müssen.“
    Die Zeit wurde knapp. Fergesson nahm Untermeyer die Stahlschachtel ab und

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