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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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öffnete sie. Er kniete nieder, holte die Originale hervor und breitete sie vor sich auf dem Gras aus.
    Als die Wartenden das sahen, klang Gemurmel auf, ehrfürchtiges, erstauntes Gemurmel. Grimmige Befriedigung erfüllte Fergesson. Das waren Originale, die es in dieser Siedlung nicht gab. Hier existierten nur fehlerhafte Kopien, die anhand von defekten Duplikaten erschaffen worden waren. Nacheinander trug er die einwandfreien Originale zu der Betonplattform vor dem Biltong. Zornige Männer versperrten ihm den Weg – bis sie erkannten, daß sich Originale in seinen Händen befanden.
    Ein silbernes Ronson-Feuerzeug. Ein Bausch & Lomb-Mikroskop in der Originalverpackung. Eine Hi-Fi-Tonkonserve von Pickering. Und ein funkelndes Steuben-Kristallglas.
    „Das sind ja ausgezeichnet erhaltene Originale“, bemerkte ein Mann neiderfüllt. „Wo haben Sie die her?“
    Fergesson antwortete nicht. Er beobachtete den sterbenden Biltong.
    Der Biltong hatte sich nicht gerührt. Aber er hatte die neuen Originale gesehen. Im Innern der gelben Masse erbebten die verhärteten Fasern. Die vordere Öffnung zuckte und glitt dann auseinander. Eine heftige Erschütterung durchlief den ganzen Protoplasmaklumpen. Dann drangen aus der Öffnung ranzige Blasen. Kurz zitterte ein Pseudopodium, schlängelte sich über das schleimige Gras, zögerte und berührte das Steuben-Glas.
    Es schob einen Haufen schwarzer Asche zusammen und tränkte sie mit der Flüssigkeit aus der Vorderöffnung. Ein unregelmäßiger Ball formte sich, eine groteske Parodie des Steuben-Glases. Der Biltong waberte und zog sich zusammen, um seine Kräfte zu sammeln. Schließlich versuchte er es erneut. Abrupt, ohne Vorankündigung, erbebte die ganze Masse heftig, und erschöpft fiel das Pseudopodium zu Boden. Es zuckte, zögerte und glitt dann in den Zentralknoten zurück.
    „Sinnlos“, sagte Untermeyer heiser. „Er schafft es nicht. Es ist zu spät.“
    Mit steifen, ungefügen Fingern sammelte Fergesson die Originale zusammen und legte sie zitternd zurück in die Stahlbox. „Ich schätze, ich habe mich geirrt“, murmelte er und richtete sich auf. „Ich dachte, daß es so vielleicht funktionieren könnte. Ich ahnte nicht, daß der Zerfall schon so weit fortgeschritten ist.“
    „Warten Sie einen Moment“, bat Dawes. „Ich will etwas ausprobieren.“
    Enttäuscht wartete Fergesson, als Dawes in sein grobes graues Hemd griff. Er holte einen in Zeitungspapier gewickelten Gegenstand hervor. Es war eine Tasse, eine hölzerne, rohe, schiefe Tasse. Ein seltsames Lächeln verzerrte sein Gesicht, als er niederkniete und die Tasse vor dem Biltong hinstellte.
    Verwirrt sah Charlotte zu. „Was soll das? Angenommen, er stellt davon eine Kopie her …“ Gleichgültig stieß sie mit der Sandalenspitze gegen die ungefüge Holztasse. „Es ist so primitiv, daß man es selbst duplizieren kann.“
    Fergesson fuhr zusammen. Dawes sah ihn an – für einen Moment trafen sich die Blicke der beiden Männer. Dawes lächelte schwach, und Fergesson begann langsam zu verstehen.
    „Das stimmt“, nickte Dawes. „Ich habe die Tasse selbst angefertigt.“
    Fergesson hob die Tasse auf. Bebend betrachtete er sie von allen Seiten. „ Wie haben Sie sie gemacht? Ich kann es mir nicht vorstellen! Woraus haben Sie sie hergestellt?“
    „Wir haben einige Bäume gefällt.“ Dawes löste einen metallischen, trüb im matten Sonnenlicht funkelnden Gegenstand von seinem Gürtel. „Hier – aber seien Sie vorsichtig, damit Sie sich nicht schneiden.“
    Das Messer war genauso ungefüge wie die Tasse – gehämmert, zurechtgebogen, Knauf und Klinge mit Draht zusammengebunden.
    „Sie haben dieses Messer gemacht?“ fragte Fergesson benommen. „Ich glaube es einfach nicht. Wie haben Sie das angestellt? Sie hatten doch keine Werkzeuge, um das hier anzufertigen. Es ist paradox!“ Seine Stimme klang hysterisch. „Es ist unmöglich!“
    Entmutigt wandte sich Charlotte ab. „Es ist unnütz – damit können Sie nichts schneiden.“ Sehnsuchtsvoll und bekümmert fügte sie hinzu: „In meiner Küche hatte ich einen ganzen Satz rostfreier Küchenmesser – aus dem besten schwedischen Stahl. Und jetzt ist von ihnen nur schwarze Asche übriggeblieben.“
    Tausend Fragen schossen Fergesson durch den Kopf. „Diese Tasse, dieses Messer – Sie sind nicht allein? Und das Zeug, das Sie tragen – Sie haben es selbst gewebt?“
    „Kommen Sie“, bat Dawes brüsk. Er nahm Messer und Tasse wieder an sich und setzte

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