Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
Ozean aus trüben Konturen.
    Er taumelte und rutschte aus. Jetzt hing er für einen Augenblick, von Schrecken erfüllt, halb im Wagen, direkt über dem Auspuff. Verzweifelt tastete er umher, mühte sich ab, an den Kisten direkt über ihm Halt zu finden. „Hilfe!“ rief er. Das Echo seiner Stimme hüllte ihn ein – es war der einzige Laut. Das Rasseln des Wagens verklang. Er griff nach den vor ihm zurückweichenden Konturen.
    Dann, langsam und allmählich, lösten sich die letzten sichtbaren Umrisse des Wagens auf, und mit einem ekelhaften Knirschen fiel der Junge auf die Straße.
    Der Sturz ließ ihn in das vertrocknete Unkraut jenseits des Abwassergrabens rollen. Betäubt, von Schmerzen und Ungläubigkeit verwirrt, lag er keuchend auf dem Boden und versuchte kraftlos, auf die Beine zu kommen. Nur Stille war um ihn herum. Der Wagen und Mrs. Berthelson – verschwunden. Er war vollkommen allein. Er schloß die Augen und ließ sich zurücksinken, vor Furcht wie benommen.
    Einige Zeit später, wahrscheinlich nicht allzuviel später, wurde er von quietschenden Bremsen geweckt. Ein schmutziger, orangefarbener staatlicher Wartungswagen war schlitternd zum Stehen gekommen. Zwei Männer in khakifarbenen Arbeitsanzügen kletterten heraus und eilten zu ihm.
    „Was ist passiert?“ rief ihm einer zu. Mit ernsten und erschrockenen Gesichtern zogen sie ihn in die Höhe. „Was machst du hier?“
    „Bin heruntergefallen“, murmelte er. „Vom Wagen.“
    „Von welchem Wagen?“ wollten sie wissen. „Und wie?“
    Er konnte es ihnen nicht sagen. Er wußte nur, daß Mrs. Berthelson verschwunden war. Er hatte schließlich doch nicht mitkommen können. Sie machte ihre Reise wieder einmal allein. Er würde niemals erfahren, wohin sie unterwegs war. Er würde niemals herausfinden, wer ihre Kunden waren.
     
    Mrs. Berthelson umklammerte das Lenkrad des Wagens und war sich bewußt, daß der Transit stattgefunden hatte. Nur undeutlich nahm sie wahr, daß sich die aufgewühlten braunen Äcker, die Felsen und das grüne Gestrüpp aufgelöst hatten. Als sie das erste Mal nach „drüben“ gegangen war, war sie mit ihrem Wagen in einem Meer aus schwarzer Asche gelandet. Sie war von ihrer Entdeckung an jenem Tag so aufgeregt gewesen, daß sie es versäumt hatte, die Beschaffenheit auf der anderen Seite der Lücke „abzutasten“. Sie hatte gewußt, dort waren Kunden … und hatte sich kopfüber durch die Krümmung gestürzt, um als erste zu ihnen zu gelangen. Sie lächelte selbstzufrieden. Eile wäre nicht nötig gewesen. Hier gab es keine Konkurrenz. Tatsächlich waren die Kunden so versessen auf den Handel mit ihr, daß sie wirklich alles in ihrer Macht Stehende unternommen hatten, um die Dinge für sie leichter zu machen.
    Die Männer hatten eine einfache, in die Asche hineinführende Straße gebaut, eine Art hölzerne Plattform, auf der der Wagen nun dahinrollte. Sie hatte den besten Augenblick für das „Nach-drüben-wechseln“ herausgefunden. Es war der Augenblick, in dem der Wagen an dem einen knappen halben Kilometer im Innern des Nationalparks gelegenen Abwasserkanal vorbeikam. Hier, „drüben“, existierte der Kanal ebenfalls … aber es war nicht viel von ihm übriggeblieben, nur ein undeutlicher Wirrwarr aus zerbrochenen Steinen. Und die Straße war völlig unter der Asche begraben. Unter den Rädern des Wagens krachten und knirschten die groben Planken. Es wäre unangenehm, wenn sie eine Reifenpanne hätte … aber einige von ihnen hätten sie beheben können. Sie arbeiteten ohne Unterbrechung. Eine kleine zusätzliche Aufgabe hätte keinen großen Unterschied gemacht. Sie konnte sie jetzt sehen: Sie standen am Ende der hölzernen Plattform und warteten ungeduldig auf sie. Hinter ihnen war das Durcheinander der jämmerlichen Hütten, und dahinter ragte ihr Schiff auf.
    Sie hatte viel über das Schiff nachgedacht. Ihr war klar, was es war: gestohlenes Armee-Eigentum. Sie schloß ihre knöcherne Hand fest um den Griff des Schaltknüppels, schaltete in den Leerlauf und ließ den Wagen ausrollen. Als sich die Männer näherten, zog sie die Handbremse an.
    „Tag“, murmelte Professor Crowley. Sein Blick war scharf und durchdringend, als er auf die Ladefläche des Wagens spähte.
    Mrs. Berthelson brummte eine unverbindliche Antwort. Sie mochte niemanden von ihnen … dreckige Leute, die nach Angst und Schweiß rochen, deren Körper und Kleidung vor Schmutz starrten, die immerwährende Hülle aus Verzweiflung, die niemals

Weitere Kostenlose Bücher