Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
sondern die Sonne. Es waren mehr Menschen an Durst und Dehydrierung und Hitzschlag gestorben als an Vergiftungen.
    Aus seiner Brusttasche zog Tellman eine kostbare Schachtel Zigaretten. Zitternd zündete er sich eine an. Seine dünnen, klauenartigen Hände bebten, teils aus Erschöpfung, teils aus Wut und Anspannung. Wie er das Lager haßte. Er verabscheute jeden einzelnen darin, seine Frau eingeschlossen. Waren sie es wert, gerettet zu werden? Er bezweifelte es. Die meisten von ihnen waren bereits Primitive. Was spielte es für eine Rolle, ob sie das Schiff hochkriegten oder nicht? Er versuchte, sie zu retten, schwitzte sich Verstand und Leben aus dem Körper. Zur Hölle mit ihnen!
    Seine eigene Sicherheit jedoch hing von ihrer ab.
    Steifbeinig schritt er dorthin, wo sich Barnes und Masterson unterhielten. „Wie steht’s?“ fragte er schroff.
    „Bestens“, entgegnete Barnes. „Jetzt dauert’s nicht mehr lange.“
    „Eine weitere Ladung“, sagte Masterson. Sein fleischiges Gesicht verzog sich besorgt. „Hoffentlich kommt nichts dazwischen. Sie müßte jeden Augenblick eintreffen.“
    Tellman haßte den tierischen Schweißgeruch, den Mastersons Körper ausdünstete. Ihre Lage war keine Entschuldigung dafür, dreckig wie ein Schwein herumzulaufen … Auf der Venus würde alles anders sein. Masterson war nützlich, jetzt – er war ein erfahrener Mechaniker, der unschätzbare Dienste bei der Wartung der Turbine und der Triebwerke des Schiffes leistete. Aber wenn das Schiff gelandet und demontiert war …
    Beruhigt dachte Tellman über die Wiedereinführung der rechtmäßigen Ordnung nach. Die Hierarchie war in den Ruinen der Städte zusammengebrochen, aber sie würde zurückkehren und so fest wie zuvor sein. Man nehme Flannery als Beispiel. Flannery war nichts anders als ein großmäuliger irischer Stauer … aber er war verantwortlich für die Beladung des Schiffes, im Augenblick die wichtigste Arbeit. Gegenwärtig gab Flannery den Ton an … aber das würde sich ändern.
    Es mußte sich ändern. Getröstet schlenderte Tellman von Barnes und Masterson fort und näherte sich dem Schiff.
    Das Schiff war gewaltig. Die in Schablonenschrift gehaltene Kennung an seinem Bug war noch lesbar, noch nicht von der umhertreibenden Asche und der versengenden Hitze der Sonne verwischt.
     
    U.S. Armee Artillerie
    Serie A-3 (b)
     
    Ursprünglich war es eine Hochgeschwindigkeits-Waffe für „massive Vergeltung“ gewesen, beladen mit einer Wasserstoffbombe, bereit dazu, wahllosen Tod zum Feind zu tragen. Die Rakete war nie gestartet worden. Sowjetische Toxinkristalle waren durch Fenster und Türen der Baracken der Ortskommandantur geweht. Als der Starttag kam, gab es keine Mannschaft mehr, um das Projektil auf die Reise zu schicken. Aber das spielte keine Rolle – es gab auch keinen Feind mehr. Monatelang hatte die Rakete auf ihrem Fleck geruht … sie war noch immer da, als die ersten Flüchtlinge in den Schutz der zertrümmerten Berge taumelten.
    „Nett, nicht wahr?“ meinte Patricia Shelby. Sie sah von ihrer Arbeit auf und schenkte Tellman ein schwaches Lächeln. In ihrem kleinen, hübschen Gesicht spiegelten sich Erschöpfung und Strapazen. „Etwa wie das Trylon auf der New Yorker Weltausstellung.“
    „Meine Güte“, sagte Tellman, „daran können Sie sich erinnern?“ „Ich war erst acht“, entgegnete Patricia. Im Schatten des Schiffes überprüfte sie sorgfältig die automatischen Relais, die im Schiff Luft, Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt überwachen würden. „Aber ich werde es niemals vergessen. Vielleicht war ich eine Präkog … als ich es vor mir aufragen sah, wußte ich, daß es eines Tages für alle sehr wichtig sein würde.“
    „Sehr wichtig für uns zwanzig“, korrigierte Tellman. Plötzlich bot er ihr den Rest seiner Zigarette an. „Hier … Sie sehen aus, als könnten Sie sie brauchen.“
    „Danke.“ Mit der Zigarette zwischen den Lippen fuhr Patricia mit ihrer Arbeit fort. „Ich bin richtig kaputt … Mann, einige dieser Relais sind vielleicht winzig! Sehen Sie mal.“ Sie hielt eine mikroskopische Waffel aus transparentem Plastik in die Höhe. „Wenn wir mit Vollgas durchs All rasen, macht das den Unterschied zwischen Leben und Tod aus.“ Ein seltsamer, schmerzlicher Ausdruck schimmerte in ihren dunkelblauen Augen. „Für die menschliche Rasse.“
    Tellman lachte schallend. „Sie und Flannery. Er gibt ständig idealistisches Gewäsch von sich.“
    Professor John Crowley, einst

Weitere Kostenlose Bücher