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Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Titel: Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dahlhoff
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voll!«, sagte eine raue Männerstimme. Wir befanden uns wieder auf festem Boden, vor einem steilen Treppenabgang, den nur wenige Petroleumlampen beleuchteten. »Gehen Sie weiter, glauben Sie mir, der Bunker ist schon überfüllt.« Onkel Fritz hörte nicht auf den Mann, schob ihn zur Seite und trug mich die Treppe hinunter. Über seine Schulter guckend sah ich, wie uns Mama mit Peter auf dem Arm folgte. Unten im Keller saßen, hockten und standen überall Menschen. »Sie, mit den Kindern, kommen Sie hierher, hier ist noch ein Eckchen!«, rief eine Frau zu uns herüber. »Lasst die mal durch!«, rief ein alter Mann. »Die sind ganz nass und durchgefroren.« Dort, wo die Frau hingezeigt hatte, rutschten die Leute eng zusammen, sodass wirklich noch etwas Boden für uns frei wurde. Eine alte Frau neben mir breitete für uns eine Decke aus. »Komm, setz dich darauf, du frierst doch sicher.«
    »Danke«, sagte ich leise.
    Mama legte Peter neben mich und holte aus der Tasche, die Fritz über der Schulter getragen hatte, trockene Sachen für mich heraus. »Hier, zieh das an, sonst holst du dir noch den Tod.« Ihre Stimme war heiser. Ich kuschelte mich an meinen Bruder, und er lachte mich an. Wenn er lachte, strahlte er über das ganze Gesicht. Und für einen Moment vergaß ich völlig, dass wir in diesem großen Keller mit den vielen fremden Menschen waren. Mama holte ein Fläschchen Milch aus der Tasche und gab es zuerst Peter, dann reichte sie es mir. »Aber ich bin doch kein Baby mehr«, sagte ich. Doch mein Hunger besiegte die Scham.
    Eine ältere Frau, die einen Platz auf einer Bank hatte, nahm Peter auf den Arm, und Mama und Onkel Fritz setzten sich zu mir auf den Boden; beide zitterten in ihren feuchten Kleidern. Ein Mann stand auf und besorgte Decken für sie. Mama und Onkel Fritz wickelten sich in die Decken, und Onkel Fritz nahm Mama in den Arm. Ich hörte ein leises Weinen und Onkel Fritz’ tröstende Stimme.
    Gern wäre ich aufgestanden und herumgelaufen, aber es war kaum Platz zum Gehen zwischen den vielen Menschen. Mama und Onkel Fritz schliefen bald ein, und mir wurde langweilig. Wie freute ich mich, als ein Mädchen zu mir kam und mir seine Puppe zeigte. Wir spielten miteinander, bis jemand nach dem Mädchen, es hieß Elisabeth, rief, und es verschwand wieder. Ich musste an Gerda und meine anderen Puppen denken, die jetzt ganz allein zu Hause waren, und ich stellte mir vor, wie sie durch die Wohnstube liefen und in die Küche, sich Milchsuppe kochten und mit Decken eine Höhle unter dem Küchentisch bauten.
    Aufgeregtes Gemurmel riss mich aus meinen Träumereien, die Leute um uns herum suchten eilig ihre Sachen zusammen. Mama und Onkel Fritz wachten auf, und Mama holte Peter zu sich. »Alle raus hier, schnell!«, brüllte jemand durch den Bunker. Onkel Fritz nahm die Tasche, hob mich hoch und schob Mama mit Peter vor sich her zum Ausgang. Als wir auf der Treppe waren, hörten wir wieder das Auf und Ab der Sirenen, mit jedem Schritt die Treppe höher drang abermals der beißende Geruch von Rauch in unsere Nasen. Mama presste mir wieder den nassen Waschlappen vors Gesicht. Jetzt trugen die meisten Menschen auf den Straßen diese grauen Hauben mit den Augenlöchern und dem vorstehenden Mundschutz. Sie machten mir Angst. Ich versteckte mein Gesicht in Onkel Fritz’ Jackenkragen und schaute erst wieder auf, als er stehen blieb. »Dort, Charlotte, zu dem Wagen dort!«, rief er. Mama kam mit Peter angelaufen, ihr Haar und ihr Gesicht rußschwarz und ihre Augen so rot wie damals, als der Soldat die Nachricht von Papas Tod gebracht hatte. Papa, hilf uns doch, dachte ich. Dann ging alles sehr schnell, Onkel Fritz warf zuerst die Tasche und danach mich auf die Rückbank des Wagens, im nächsten Moment lag Mama mit Peter halb über mir und schon startete der Motor. Onkel Fritz saß vorn neben dem Fahrer, einem jungen Soldaten. Ich sah die brennende Stadt hinter uns, den rotgetränkten Morgenhimmel, dann presste ich mich nah an Mama und schloss die Augen. Das Heulen der Sirenen wurde leiser.
    »Komm raus, du Langschläfer«, hörte ich die Stimme meines Opas. »Monika, komm, Elsa wartet auch schon auf dich.« Im Nu war ich hellwach und kletterte aus dem Wagen. »Monika, mein Kind, wie froh bin ich, dass dir nichts passiert ist«, sagte Oma und hielt mich fest im Arm. »Gibt es Apfelkuchen, Oma? Und wo ist Elsa denn nun?« Oma lachte … und wischte sich Tränen aus den Augen. Da kam die Deutsche Dogge Elsa um die Ecke

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