Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
ich bereits das zweifelhafte Vergnügen hatte. Wenigstens werde ich in Zukunft nicht länger von eifrigen Müttern belagert, die bei jedem gesellschaftlichen Ereignis ihre Töchter vor mir aufmarschieren lassen. Und meine besten Freunde haben auch bereits geheiratet.«
Aus Liebe. Sowohl Alex St. James als auch Luke Daudet, die im Krieg seine Freunde und Waffenbrüder gewesen waren, hatten die Frauen gefunden, die sie zu einem Ganzen machten. Frauen, die sie haben mussten, obwohl sich ihnen familiäre und gesellschaftliche Hindernisse in den Weg gestellt hatten.
Nicht jeder hatte so viel Glück. Darum würde er also aus Pflichtgefühl heiraten. Und wie er bereits sagte, Julianne war in jeder Hinsicht absolut annehmbar.
Lapidar fügte er hinzu: »Es ist höchste Zeit, und es bringt auch gewisse Freiheiten mit sich, verheiratet zu sein.«
Sein Butler lachte. Der Laut hallte in dem sonnigen Zimmer wider. »Freiheiten? Lasst mich in ein paar Monaten wissen, ob Ihr immer noch so empfindet, Colonel.«
Der Zustand der rosa Orchideen verglichen mit den weißen, deren Blütenköpfe noch geschlossen waren, interessierte sie nicht besonders. Julianne hörte nur mit einem halben Ohr zu, während ihre Mutter und die Duchess of Southbrook über die Blumen für den nächsten Tag redeten. Ihre Aufmerksamkeit richtete sich eher auf den Knoten in ihrem Magen.
Der elegante Raum schien ihr zu klein und eng, obwohl die hohen Fenster weit offen standen und eine sanfte Brise hereinwehte. Ein blauer Himmel spannte sich wolkenlos über die Stadt, und der Duft von Rosen wehte wie ein flüchtiger Geist herein und umschmeichelte sie süß und unsichtbar. Man müsste doch bei diesem herrlichen Wetter guter Stimmung sein, doch sie fühlte sich irgendwie schicksalsergeben, sobald sie an den morgigen Tag dachte.
Morgen.
Um Himmels willen, morgen schon.
Es war ja nicht unbedingt so, dass Julianne Michael Hepburn nicht heiraten wollte. Er war schließlich attraktiv, wohlhabend und besaß einen Titel und all die anderen Dinge, die eine junge Frau wie sie von einem Ehemann erwarten sollte. Aber sie hatte den Eindruck, er stehe dieser Verbindung ebenso zwiespältig gegenüber wie sie.
Und warum auch nicht? Er war ebenso dazu gezwungen worden wie sie. Ihre Familien hatten ihnen keine Wahl gelassen und …
»Julianne?«
Sie zuckte zusammen, weil ihr Name so ernst gesagt wurde. Überrascht blickte sie auf und sah in zwei erwartungsvolle Gesichter. »Ich … Tut mir leid«, stammelte sie. »Worum ging es gerade?«
Die Duchess war eine kleine Frau mit dichtem, kastanienbraunem Haar, das dem ihres Sohnes ebenso glich wie die klaren Gesichtszüge. Sie winkte ab und lächelte. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, mein liebes Kind. Es ist ganz natürlich, wenn du abgelenkt bist. Ich wette, Michael geht es im Moment genauso. Er ist zum Frühstück nur kurz hereingewirbelt und war verschwunden, ohne mehr als ein paar Bissen zu essen.«
Es überstieg ihre Vorstellungskraft, an den Marquess anders zu denken als an den kühlen und selbstbeherrschten Mann, der er war. Julianne nickte trotzdem höflich. Es war ja noch schwerer, sich vorzustellen, wie er hereinwirbelte, und das ließ sie unwillkürlich leise schmunzeln.
Die Duchess erhob sich. Es gelang ihr irgendwie, zugleich mütterlich und königlich zu wirken. »Die Zeit bis zur Trauung wird wie im Flug vergehen, weshalb ich jetzt auch schon wieder gehen muss. Lasst es mich wissen, was ihr in der Frage der Blumen entschieden habt.«
Welche Blumen?
Ach ja, die Orchideen. Julianne errötete, weil es ihr peinlich war, dass sie nicht aufgepasst hatte. »Natürlich, Euer Gnaden.«
Die ältere Frau trat noch einmal zu ihr und tätschelte Juliannes Wange. Es war eine leichte, mitfühlende Berührung. »Das macht mich alles so unglaublich glücklich. Ich kann die Hochzeit kaum erwarten.«
O ja, die Duchess machte es glücklich. Sobald die Sprache auf die Hochzeit kam, machte sie das sehr deutlich. Die Mutter ihres Verlobten strahlte sie ein letztes Mal an.
Nachdem die Duchess in einem Wirbel aus Parfüm und teurer Seide verschwunden war, lächelte Julianne kläglich. »Meine Aufmerksamkeit ist nicht abhandengekommen, weil ich kein Interesse am Gespräch hatte. Ich muss aber zugeben, dass die Farbe der Blüten mir nicht besonders viel bedeutet.«
»Das erwartet auch niemand von dir. Jeder hat dafür Verständnis, dass du vor deiner Hochzeit etwas durcheinander bist.« Ihre Mutter nippte am Tee, ehe
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