Eine Hexe mit Geschmack
der Hand über Molchs
Körper. Mit einem Schlürfen und Gurgeln wickelten sich Haut und Federn um seine
Organe. Er hob den Kopf und sah auf seine Flügel.
Der Seelenlose Gustav starrte
fassungslos. »Wie hast du ...« Er konnte die Frage nicht beenden, so groß war
seine Verwirrung.
Penelope hüpfte ins Leben zurück,
als die eisigen Tiefen Wysts Pferd an die Oberfläche spuckten. Fleisch und Fell
sprang an die Knochen der grauen Füchsin. Zuletzt regneten Gwurms Einzelteile
vom Himmel und fielen in die perfekte Anordnung. Alle wurden ins Leben zurück ungeglaubt,
und das mit nur ein paar Klumpen Magie. Echter Magie.
»Es ist vorbei, Gustav. Du hast
verloren, und das kannst du nur dir selbst zuschreiben.«
»O nein, Hexe.« Seine tiefe,
wütende Stimme grollte und ließ das Eis bersten. »Jetzt sollst du mich sehen,
wie ich wirklich bin.«
»Das tue ich bereits«, antwortete
ich leise. Zu leise, um über seinem Lärmen gehört zu werden.
Er warf die Arme in die Luft.
Riesige Eismonolithen erhoben sich in den Himmel. Ein Wolkenbruch dampfenden
Regens ließ die Luft zischen. Der Zauberer wurde fünfzig Fuß groß. Sein Körper
verwandelte sich in glitzerndes Silber und seine Augen wurden zu knisternden
Blitzen.
Ich breitete eine goldene Kuppel
über mich und meine Gefährten, um den unangenehmen Regen abzuhalten. »Ich nehme
zurück, was ich vorhin gesagt habe, Gustav. Du hast mehr Phantasie, als ich dir
zugestanden habe. Zu viel. Du hast vergessen, dass dies hier nicht echt ist.
Das war dein erster Fehler, und ich glaube, du hast ihn schon vor langer Zeit
gemacht.«
Eis verwandelte sich in Sand und
Felsen. Wolken teilten sich und enthüllten eine wirbelnde Leere. Stücke der
Erde wurden aus dem Boden gerissen und davon verschluckt. Nicht ein Haar auf
einem unserer Köpfe bewegte sich. Ich wünschte meine Freunde aus diesem
zerfallenden Wahnsinn fort. Sie verblassten und ließen nur den Seelenlosen
Gustav und mich zurück.
»Ich bin hier Gott!«, grollte er.
»Gott eines Traums. Ein Herrscher
über Glas und Schatten. Gebieter von gar nichts.« Ich lachte. Das hätte ich
zwar nicht tun sollen, aber ich war zu amüsiert. »Hier an diesem Ort ist deine
Macht am größten. Aber hier an diesem Ort ist sie auch am verletzlichsten. Da
draußen in der wahren Welt kommen deine Illusionen mit der Realität in
Berührung, und dadurch gewinnen sie Substanz. Ein Mann, der von einem
Phantomgobling getötet wird, stirbt, weil selbst der Tod getäuscht werden kann,
wenn ein Zauber mächtig genug ist. Aber hier ist der Tod lediglich ein Traum.
Ein Traum, den man ganz nach Belieben akzeptieren oder ignorieren kann. Und ich
akzeptiere ihn keineswegs. Ich verweigere alles.«
Ich verschränkte meine Finger und
entließ eine Welle von Magie und Unglauben. Das Universum des Seelenlosen
Gustav hörte auf zu existieren. Es war zu zerbrechlich, um selbst dem kleinsten
Zweifel zu widerstehen. Der Seelenlose Gustav hatte mich unklugerweise
hereingebeten, und von innen her war es viel zu leicht aufzuheben. Es war, wie
aus dem Traum eines anderen aufzuwachen. Schwärze umgab uns. Ein winziger
Springbrunnen von Farben stand zwischen uns. Der legendäre Zauberer war zu
seiner gewöhnlichen Größe geschrumpft, eigentlich war er sogar etwas kleiner.
Eine matte Aura von Macht umgab ihn, weit weniger als Göttlichkeit. Ich kniete
mich neben den Brunnen.
»Dies ist die ganze Magie deines
Reiches«, erklärte ich. »Dies ist die Quelle des Lebens, aus dem dein Universum
seine Existenz schöpfte. Alles andere, auch deine Göttlichkeit, war nur eine
Illusion. Wahnvorstellungen, auf Erfindungen gestapelt, auf Einbildungen
getürmt, auf den Schultern von Hirngespinsten. Ein Kartenhaus.«
Die Traurigkeit in seinem Gesicht
rührte an mein Mitleid. »Dein erster Fehler war, mich hereinzulassen. Der
zweite: die anderen hereinzuholen. Ich war auf meinen Tod vorbereitet. Ich
hätte es geglaubt. Aber ihren konnte ich nicht akzeptieren. Ihr Tod, falsch wie
er war, zeigte mir die Wahrheit.«
Ich hielt die Finger in den
Brunnen und presste sie dann an die Lippen. Die rohe Magie schmeckte nach Blut
und Zitrone. Die Quelle war nur ein Rinnsal, ein Tropfen, von der echten Welt
geliehen, um einen geplatzten Traumkosmos anzutreiben. Der Seelenlose Gustav
tat mir beinahe leid, als ich die Quelle mit meinem Zeh zustöpselte und die
Überreste seiner Welt versiegen ließ.
Die Dunkelheit löste sich auf. Wir
standen mitten in dem Feld seiner unsauberen Zauberei,
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