Eine Hexenmutter erzählt: Mystisches Märchen um ein uraltes Familiengeheimnis (German Edition)
fragte er. Rasch erklärten seine neuen Nachbarn diese alte Tradition. Jemand drücke Tom einen großen Krug mit Apfelwein in die Hand, um das Holz zu segnen, Maismehl vollendete das Ritual und innerhalb weniger Augenblicke brannte das erste Julscheit in Tom´s Leben…
Im Laufe des Abends klärten die alten und jungen Leute die Stadtkinder über diese oder jene Tradition auf. Es wurde gegessen, getrunken, erzählt und gelacht. Und als es auf Mitternacht zuging, strebten alle wieder zum heimischen Herd. Endlich wieder allein, satt und müde, goss Tom Wasser auf das Julscheit. “Brandgefahr ” murmelte er . “Nicht, dass die wertvollen Möbel abfackeln..”
Nur ließ sich das Feuer nicht löschen.
Er versuchte es wieder und wieder, aber die Flammen tanzten munter weiter. Plötzlich spürte Tom, dass er nicht mehr allein war! Josi war in der Küche und die Kinder waren längst im Bett. Wer war so unvermutet und lautlos herein gekommen?
Seine Nackenhaare standen ihm zu Berge und ein eisiger Schauer kroch ihm über dem Rücken.
Als er sich umdrehte, stand völlig unerwartet eine uralte Frau vor ihm. Lächelnd sah sie ihn an.
“Das Julscheit muss zwölf Tage und Nächte brennen! Du willst doch kein Unglück über das Haus bringen,Tom? Sieh mich nicht so entsetzt an. Ja, ich bin deine Ururgroßmutter Jette. Wusstest du nicht, dass die Ahnen in der Julzeit zu Besuch kommen können? Die Nachbarschaft hat es dir doch erklärt, aber du glaubst ja nur, was du auch sehen oder anfassen kannst, ich weiß… Nun denn… Ich bin hier … Du kannst mich sehen, oder nicht? Na ja, anfassen ist nicht. Ich bin schließlich ein Geist… Bevor du hier den Teppich küsst, setze dich lieber. Du bist reichlich weiß um die Nase .”
“Tom! Mit wem redest du da? Ist noch jemand zurückgekommen?” rief Josi aus der Küche. Sie hatte die zahlreichen Vorräte in der Vorratskammer verstaut. Eier, Schinken, Eingemachtes und etliche Salate, Kuchen und Brote füllten nun die Regale.
Als sie jetzt in die Wohnstube trat, blieb sie wie erstarrt an der Tür stehen .
Vor ihr schwebte eine durchscheinende Gestalt, die dem großen Bild über dem Kamin verblüffend ähnlich sah. Und der alte Jupp hatte gesagt, dass dieses Bild Jette darstellte…. aber die war doch tot!
“Setze dich lieber zu mir ” sagte Tom mit belegter Stimme. “Wir haben geistreichen Besuch. Scheint doch was dran zu sein, an den Geschichten der Alten… Oder wir haben entschieden zu viel Apfelwein getrunken…”
Langsam kehrte der alte Sarkasmus bei Tom zurück. Heute hatte er so viele wundersame Geschichten gehört, dass ihn nichts mehr umhauen konnte. Nun denn! Hatte er also einen Geist zu Besuch. Dann konnte er auch gleich einige Fragen zu den alten Möbeln stellen. Gute Informationen würden sich beim Verkauf positiv bemerkbar machen.
Als ob Jette Gedanken lesen konnte, sagte sie: “Mein lieber Junge! Du kannst die Erinnerungen und all die Liebe, die in diesen Möbeln stecken, nicht mit Gold aufwiegen! Viele, viele Jahre haben mein Ferdy und ich auf jedes einzelne Stück gespart und uns wie Kinder gefreut, wenn wir wieder ein neues Teil nach Hause holten. Nicht ein Teil wurde weggeworfen. Im Keller findest du eine alte Schranktruhe. Sie ist voller schöner Erinnerungen. Da ist sogar noch mein Brautkleid drin. Alles mit getrocknetem Lavendel verpackt und jedes Jahr kontrolliert damit nichts drankommt. Ja, mein Junge, wir haben noch acht gegeben auf unsere Sachen! Ihr lebt in einer Wegwerfgesellschaft…. weg und neu…und Berge von Müll sind die Folgen. Hier oben bei uns wird alles in Papier verpackt oder wir bringen Körbe mit zum Händler. Na ja! Es gehört ja jetzt alles dir und du kannst damit machen, was du willst… Nun frag schon, was du wissen willst!”
Ihr Missmut war nicht zu überhören und Tom kam sich vor wie ein kleiner Junge, den man mit der Hand in der Keksdose erwischt hat.
Josi hatte ihren ersten Schrecken auch überwunden und da Tom den Mund nicht auf bekam, stellte sie eine Frage nach der anderen…
Warum hingen in der Küche diese Kräuter von der Decke? Wofür waren sie und wie wandte man sie an? Wonach roch es in den Dachstuben so gut? Und…und….und . Die Fragen sprudelten nur so aus ihr heraus. Eifrig notierte sie die Antworten auf einem Block, den sie aus ihrer Handtasche genommen hatte.
Tom warf auch die eine oder andere Frage in den Raum.
Die Kinder waren mittlerweile auch wach geworden.
Und nach und nach gesellten sich auch
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