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Eine Idee des Doctor Ox

Eine Idee des Doctor Ox

Titel: Eine Idee des Doctor Ox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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herausforderten und schon anfangen,sich moralisch und physisch zu metamorphosiren. Und doch war das nur eben ein Anfang! Geben Sie Acht, was aus der Gesellschaft
     wird, wenn wir anfangen, sie mit starken Dosen zu behandeln.
    – Allerdings, mein Herr und Meister, erwiderte Gédéon Ygen und rieb seine spitze Nase mit dem Zeigefinger; der Versuch fängt
     gut an. Wenn ich nicht selbst vorsichtig den Hahn zugedreht hätte, weiß ich nicht, was passirt wäre.
    – Sie haben gehört, wie dieser Advocat Schut und der Doctor Custos mit Redensarten auf einander losgingen, hub Doctor Ox wieder
     an, und wenn ihre Worte auch an und für sich nicht so schlimm waren, wie die Helden Homer's sie einander an die Köpfe zu werfen
     pflegten, ehe sie das Schwert aus der Scheide zogen, für Quiquendonianer waren sie doch schon recht nett. Ach diese Flamänder!
     Nun, Sie werden sehen, Ygen, was wir noch an ihnen erleben werden.
    – Undankbarkeit werden wir an ihnen erleben, sagte Gédéon Ygen im Ton eines Menschen, der das Geschlecht der Erdenbürger nach
     seinem richtigen Werth zu schätzen weiß.
    – Bah! rief der Doctor, ob sie uns Dank wissen oder nicht, wenn nur unser Versuch gelingt.
    – Ist übrigens nicht für die Lungen der guten Leute in Quiquendone zu fürchten, wenn wir in ihren Respirationsapparaten solche
     Aufregung hervorrufen?
    – Schlimm für sie, meinte Doctor Ox; es geschieht eben im Interesse der Wissenschaft. Was würden Sie, Ygen, dazu sagen, wenn
     es Hundenoder Fröschen auf einmal einfallen wollte, sich unseren Vivisectionsversuchen 2 zu widersetzen?«
    Wenn man Frösche und Hunde um ihre Meinung in dieser Angelegenheit fragen wollte, würden sie aller Wahrscheinlichkeit nach
     gegen die Künste der Vivisectoren Einsprache erheben; aber Doctor Ox glaubte ein unwiderlegliches Argument ausgesprochen zu
     haben, denn er ließ einen gewaltigen Seufzer der Befriedigung hören.
    »Sie haben eigentlich recht, Meister, erwiderte Gédéon Ygen überzeugt. Wir hätten nichts Besseres zu unserem Experiment finden
     können, als dies Quiquendone.
    – Absolut nicht, bestätigte der Doctor mit nachdrücklicher Betonung.
    – Haben Sie den Creaturen ihren Puls gefühlt?
    – Wohl hundert Mal.
    – Und die Durchschnittszahl der beobachteten Pulsschläge?
    – Nicht fünfzig in der Minute. Verstehen Sie mich recht, Ygen, eine Stadt, in der seit einem Jahrhundert nicht der Schatten
     einer Discussion vorgekommen ist, in der die Fuhrleute nicht fluchen, die Kutscher sich nicht schimpfen, die Pferde nicht
     durchgehen, die Hunde nicht beißen, und die Katzen nicht kratzen! eine Stadt, in der das einfache Polizeigericht von einem
     Ende des Jahres bis zum anderen feiert! eine Stadt, in der man sich weder für Industrie noch Kunst interessirt! eine Stadt,
     in der die Gensdarmen in die Zeit der grauen Mythe gehören, und in der seit einem Jahrhundert keinProtokoll aufgenommen ist! eine Stadt endlich, in der seit dreihundert Jahren kein Faustschlag und keine Ohrfeige ausgetheilt
     wurde! Sie werden sich selber sagen können, Meister Ygen, daß dieser Zustand nicht länger fortdauern kann, und wir das Alles
     umgestalten müssen.
    – Vorzüglich! ganz vorzüglich! rief der Famulus begeistert. Haben Sie auch schon die Luft hier in der Stadt analysirt, Meister?
    – Ist bereits geschehen, versetzte Doctor Ox; neunundsiebenzig Theile Stickstoff und einundzwanzig Theile Sauerstoff, Kohlensäure
     und Wasserdampf in veränderlicher Menge. Das sind die gewöhnlichen Verhältnisse.
    – Gut, Doctor, gut; der Versuch wird im Großen angestellt werden und jedenfalls entscheidend sein, meinte schließlich Ygen.
    – Und wenn er entscheidend ist, rief Doctor Ox triumphirend, werden wir die Welt reformiren.«

Fünftes Capitel,
in welchem Bürgermeister und Rath dem Doctor Ox einen Besuch abstatten, und was sich darauf zuträgt.
    Rath Niklausse und der Bürgermeister van Tricasse erfuhren endlich einmal, was eine aufgeregte Nacht bedeutet; der bedenkliche
     Vorgang im Hause des Doctor Ox verursachte Beiden wirkliche Schlaflosigkeit. Was würde diese Angelegenheit für Folgenhaben? man konnte bis jetzt noch nichts Bestimmtes darüber in's Auge fassen. Wäre vielleicht eine Entscheidung zu treffen?
     Würden sie, als Vertretung der Municipalgewalt, genöthigt sein, sich in's Mittel zu schlagen? Sollten Edicte erlassen werden,
     damit ein derartiges Ereigniß nicht wieder vorkäme?
    All diese Zweifel beunruhigten die weichen Naturen der

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