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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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den Boden segelten. Ich blieb ungefähr eine Stunde in diesem Kabuff sitzen, ohne mich zu rühren. Dann hatte ich den Schock einigermaßen verkraftet und fing an, so gut es ging zusammenzupacken. Als ich zwei Stunden später das Gebäude verließ, schleppte ich zwei vollgestopfte Einkaufstüten. Niemand sagte mir auf Wiedersehen.
    Gerade als ich auf die Centre Street hinaustrat, fingen meine Arme an zu zittern. Ich setzte die Einkaufstüten ab. Das Wetter wirkte bedrohlich.
    Ich war nicht wütend. Eher traurig, so eine Art stumme Trauer. Es war nicht so, als ob ich eine Rolle, die ich eigentlich verdient gehabt hätte, nicht bekommen hätte. Es war eher, als wenn ich durch eine Prüfung gefallen wäre, weil der Prüfer meine Antworten nicht verstanden hatte.
    Es war diese Art von Trauer, die man spürt, wenn einem klar wird, daß die ganze Angelegenheit so verfahren ist, daß sowieso nichts mehr daran zu ändern ist.
    Eine vertraute Gestalt bahnte sich ihren Weg durch den Verkehr über die Straße.
    Es war Detective Rothwax. Ich hatte keinerlei Lust, irgend jemandem von Retro zu begegnen. Ich nahm meine Tüten wieder auf und ging vom Eingang weg, ein paar Schritte in südliche Richtung.
    Aber es war zu spät. Er hatte mich entdeckt. Er zögerte kurz, so als ob er sich nicht zwischen mir und dem Eingang des Gebäudes entscheiden könnte. Dann entschied er sich für mich.
    Er kam mit energischen Schritten auf mich zu, blieb ungefähr drei Meter vor mir stehen und sagte mit einer komischen, unnatürlichen Stimme: »Es tut mir leid.«
    »Was tut Ihnen leid?« gab ich zurück.
    »Wir haben gehört, daß Judy Mizener Sie rausgeschmissen hat.«
    »Wo wollen Sie das denn gehört haben? Das ist doch gerade eben erst passiert.«
    Er erwiderte nichts, statt dessen warf er mir einen dieser typischen, wütenden Bullen-Blicke zu, der ausdrücken sollte, daß er Dinge wußte, bevor sie überhaupt passierten, weil er dazugehörte und ich nicht, und so war es nun mal, so ist es, und so wird es immer sein. Er hatte gewußt, daß ich gefeuert werden würde, noch bevor Judy Mizener es wußte, denn schließlich gehörte die ja auch nicht richtig dazu.
    Dann drehte er sich halb herum, so daß wir jetzt nebeneinander standen. Wir sahen uns nicht an, blickten dafür aber auf diese Straße.
    »Wissen Sie, was ich kann?« fragte er und holte dabei weit mit seinem Arm aus. Dann beantwortete er seine eigene Frage: »Ich kann Ihnen die Guten und die Bösen zeigen.«
    Er wartete auf eine Antwort. Ich gab ihm keine.
    »Doch, das kann ich, sogar direkt hier, auf der Centre Street. All diese Leute, die hier an uns vorbeikommen. Wenn es hart auf hart geht, kann ich Ihnen die Guten und die Bösen zeigen.«
    »Wie schön für Sie«, sagte ich schließlich, ruhig, aber ein bißchen ironisch.
    Rothwax ließ nicht locker. »Und das ist der Unterschied zwischen uns beiden. Ich kann die Leute auf der Straße ›lesen‹, und das können Sie nicht. Ich weiß, was abgeht, und Sie nicht. Und daher habe ich einen anderen Blickwinkel, eine andere Art, die Dinge zu sehen, aber wenn Sie anfangen zu reden ...«
    »Verschonen Sie mich mit Ihrem Gerede«, unterbrach ich ihn brüsk. Dieses Gespräch entwickelte sich in eine ganz dämliche Richtung.
    »Ich will ja nur sagen, daß die Probleme quasi vorprogrammiert waren.«
    »Na gut.«
    »Es war von Anfang an klar, daß die meisten von uns nichts mit Ihnen und Ihren Theorien würden anfangen können.«
    »Ach, hören Sie doch auf ... Sie und ihre Freunde waren schon gegen mich, als ich das erste Mal diesen Konferenzraum betrat. Lange bevor ich auch nur den ersten Satz gesagt hatte.«
    »Weil wir alle wußten, wie Sie die Sache angehen würden.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß Sie und Ihre Kollegen mit einem intelligenten Ansatz nichts anfangen können?«
    Von diesem Seitenhieb war Rothwax ganz und gar nicht begeistert. Ich hörte, wie er gereizt die Luft einsog. Irgendwie wurde mir plötzlich klar, daß er nur hier stand, weil es ihm leid tat, was geschehen war, und er sich entschuldigen wollte. Es tat ihm leid, daß ich gefeuert worden war, weil ihm Leute, die rausflogen, immer leid taten. Er hatte halt ein weiches Herz.
    »Hören Sie, Detective, ich bezweifle nicht im geringsten, daß Sie und Ihre Kollegen großartig sind, wenn es um ganz normale, alltägliche Kriminalität geht. Dann sind Sie mir haushoch überlegen. Aber wenn es sich um ein mystisches Verbrechen handelt ...«
    »Wenn es sich worum

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