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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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zurück und schloß die Augen. Er sah aus, als ob er Schmerzen hätte. Ich setzte mich neben ihn auf das Sofa und fuhr mit der Hand durch sein Haar.
    »Jemand hatte von der Überführung auf mich geschossen. Mit einem Jagdgewehr, sagte die Polizei. Und sie haben auch gesagt, daß ich Glück habe, daß ich noch am Leben bin. Als das Glas anfing zu zersplittern, riß ich das Lenkrad herum und fuhr auf den Mittelstreifen. Gott sei Dank blieb mein Wagen dort stehen, sonst wäre ich über die anderen Spuren gerast und dort von den nachkommenden Autos erwischt worden. Jedenfalls haben sie mich dann in die Notaufnahme gebracht, aber ich hatte nur jede Menge feiner Schnitte, Hunderte, im Gesicht und auf den Händen, und ich habe ganz schön viel Blut verloren.«
    Das Telefon fing schon wieder an zu klingen. Diesmal ging ich dran. Es war ein komisches Gespräch.
    »Sind Sie Alice Nestleton? ... Mein Name ist Tricia Lamb. Ihre Agentin hat mir ihre Nummer gegeben. Ich produziere im nächsten Winter den Philoktet von Sophokles in New York.«
    Stille. Ich schaute Tony an.
    »Hören Sie mich?«
    »Ja, ja«, antwortete ich.
    »Ich würde mich gern mit Ihnen treffen.«
    »Warum?«
    »Ich hätte in dem Stück vielleicht eine Rolle für Sie.«
    Das ganze Gespräch brachte mich durcheinander. Ich schaute weiter Tony an. Er schien starke Schmerzen zu haben. Er versuchte, seine Position auf dem Sofa zu ändern.
    »Können wir uns morgen treffen? Sagen wir gegen eins? Zum Mittagessen. Es gibt da ein nettes japanisches Restaurant auf der Forty-sixth Street, gleich westlich von der Fifth Avenue. Es heißt Datsu.«
    »Wie war nochmal Ihr Name?«
    »Tricia Lamb. Ich kann Ihnen versichern, daß diese Produktion Sie bestimmt interessieren wird.«
    Dann legte sie auf.
    »Wer war das?«
    »Eine Frau. Sie heißt Tricia Lamb.«
    Ich lachte laut und versuchte, ihm den Inhalt des Gesprächs zu erklären. »Sie ist Produzentin. Sie will mir eine Rolle in Philoktet anbieten.«
    »In was?«
    »Philoktet. Ein Stück von Sophokles. Jedenfalls glaube ich, daß sie deshalb angerufen hat.«
    Ich setzte mich wieder neben Tony. Mir war bewußt, daß ich mich mit einer merkwürdigen Anruferin zum Mittagessen verabredet hatte, aber trotzdem kam es mir irgendwie unwirklich vor. Die Anruferin, die Katzen, ich, Tony - wir schienen alle an einem Abgrund zu stehen, und unter uns, verdeckt von Nebelschwaden, die so dicht waren, daß wir überhaupt nichts sehen konnten, lag Desolate Swamp, der verlassene Sumpf. In meinem Kopf geriet alles durcheinander - Namen, Orte, Ereignisse.
    Dann vergrub ich das Gesicht in meinen Händen und begann zu schluchzen. Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen. Es war, als wäre etwas in mir, das die Tränen herausdrückte.
    Tony nahm meine Hand. »Was hast du denn? Warum weinst du denn so? Was ist denn so schlimm?« Er wiederholte diese Fragen immer und immer wieder.
    Als ich endlich aufhören konnte, als ich die Schluchzer schließlich unter Kontrolle hatte, war ich aus irgendeinem Grund ganz furchtbar wütend auf ihn. »Verstehst du denn nicht? Fast hätten sie dich getötet. Und ich wäre schuld gewesen«, brüllte ich ihn an. Der Lärm scheuchte Bushy auf, der weghuschte, und Pancho hüpfte von irgendeinem hoch gelegenen Ort in der Küche herunter, um sich dem Feind zu stellen.
    »Beruhige dich, Alice, jetzt drehst du wirklich durch. Ja, ich hätte getötet werden können. Aber ich bin noch am Leben. Beruhige dich.«
    »Sieh dir doch nur dein Gesicht an, Tony.«
    »Das wird schon heilen. Glaub mir, Alice, es wird heilen.«
    »Ich weiß, wer auf dich geschossen hat, Tony.«
    »Wer denn?«
    »Dieser Wahnsinnige - Karl Bonaventura.«
    »Du hast keinerlei Beweise für diese Vermutung, Alice.«
    »Beweise? Der Mann ist ein Psychopath. Und ich will dir noch etwas sagen. Erinnerst du dich, wie wir in der Wohnung seiner Schwester waren? Erinnerst du dich, als er uns von den Nachrichten erzählte? Die Nachrichten für ihre Katze, die sie auf die Rückseite von alten Rechnungen schrieb? Ich glaube, er hat das alles extra so eingefädelt. Ich glaube, er hat die Zettel geschrieben. Ich glaube, er wollte uns nach Desolate Swamp locken, um uns beide oder einen von uns umzubringen.«
    »Ich weiß nicht, was du mit diesem ganzen Zeug meinst, Alice. Ich bin sehr müde. Laß uns später darüber reden.«
    Ich half ihm, sich auf dem Sofa auszustrecken. Aus dem Schrank im Flur holte ich Kissen und Decken und versuchte, es ihm so bequem wie

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