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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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sich eine künstlich angelegte Höhle, die in den dreißiger Jahren aus Sicherheitsgründen geschlossen worden ist. Lange Zeit konnte man mit dem Ruderboot bis in die Höhle fahren oder über Treppenstufen, die in den Hang neben der Höhle geschlagen wurden, hinuntergehen und hineingelangen. Heute ist der Arm des Sees, der in die Höhle führt, mit dem Boot nicht mehr befahrbar, da er durch Erdreich, das von dem Hang abgespült wurde, verschlammt ist.«
    Ich gab Tony das Blatt. Er schaute sich einige Minuten den Plan an und drehte ihn in den Händen, als ob es sich um ein kompliziertes ozeanographisches Schaubild handele.
    »Warum sollte Jack Tyre seine Katze bei einer verschlossenen Höhle spielen lassen?«
    »Ich weiß es nicht, Tony, aber genau das werden wir herausfinden.«
    »Wie wild du manchmal werden kannst, Alice.«
    »Ich dachte, du magst es, wenn ich wild bin, Tony«, zog ich ihn auf.
    »Nur im Bett«, gab er zurück.
    »Geh jetzt nach Hause, ich meine, geh in dein Hotel. Wir treffen uns morgen früh vor der Statue an der Ecke Fifty-eight Street und Fifth Avenue.«
    »Was für eine Statue? Um wieviel Uhr?«
    »Ich glaube, es ist eine Statue von William Tecumseh Sherman. Sagen wir um zehn.«
    »Du bist sauer auf mich, Alice.«
    »Na ja, du weißt ja, wie wilde Leute manchmal sein können«, entgegnete ich ironisch. Er gab mir einen zärtlichen Kuß auf den Nacken und ging. Ich fühlte mich so schwach, daß ich nicht wußte, was ich als nächstes tun sollte, also blieb ich einfach sitzen und starrte auf den Plan der Ramble.

17
    Auf der einen Seite war es absurd und auf der anderen Seite vollkommen logisch. Ich meine, nur eine arbeitslose Schauspielerin mit einer sehr lebhaften Phantasie konnte deprimiert werden, weil sie eine Gemeinsamkeit zwischen Tony Basillio und Alice Nestleton auf der einen und Jack Tyre und Georgina Kulaks auf der anderen Seite festgestellt hatte. Nur eine arbeitslose Schauspielerin konnte einen Müllsack mit einem Blattstrauß gleichsetzen und einen Zusammenhang zwischen beidem spüren.
    Als ich mich am nächsten Morgen für meine Verabredung mit Tony zurecht machte, wußte ich ganz gut, daß ich mich an Strohhalme klammerte. Aber was sollte ich sonst machen? Ich mußte mich einfach daran klammern!
    Ich war alles andere als ausgeglichen. Ich war abwechselnd resigniert und hoffnungsvoll, erbost und freundlich, eingeengt und frei. In der einen Minute hoffte ich, daß Tony zu seiner Familie zurückkehren würde, in der nächsten begehrte ich ihn. In der einen Minute fand ich es total erheiternd, daß Judy Mizener mich bei Retro rausgeschmissen hatte, und in der nächsten war es die größte Niederlage und Enttäuschung meines Lebens. In der einen Minute war ich überzeugt, ganz nah an der Lösung der Spielzeugmausmorde zu sein, und in der nächsten war ich Millionen Meilen von der leisesten Ahnung einer Lösung dieses Falls entfernt.
    Ich betrachtete mich im Spiegel.
    Ich sah merkwürdig aus. Nicht ärmlich. Nur merkwürdig. Vielleicht ein kleines bißchen schief. Ich mußte lachen. Mein ganzer Kopf war von diesen Morden erfüllt. Mit schiefen Bildern an den Wänden. Mit verlassenen Sümpfen, ob sie nun echt waren oder nur in der Phantasie existierten.
    Er kauft ’ne krumme Katze,
die fängt ’ne Buckelmaus,
dann wohnen sie zusammen
in einem schiefen Haus.
    Meine Güte! Was hatte das alles zu bedeuten? Was war Unfug und was nicht? Ich fing an, energisch mein langes Haar zu bürsten.
    Tony war schon da, als ich kam. Er hatte keine gute Laune. Offenbar war er wütend auf sich selbst, weil er sich darauf eingelassen hatte, sich abermals von mir in diese Sache hineinziehen zu lassen. Wir betraten den Park von der Fifth Avenue und gingen in Richtung West Drive.
    Es war ein wundervoller Frühlingsmorgen. All unsere trüben Gedanken lösten sich in Windeseile in Luft auf, und wir hakten einander ein und gingen weiter wie ein glückliches Liebespaar. Es war wirklich wundervoll, und so fragte ich Tony, ob er etwas dagegen hätte, die ganze Wanderung durch die Ramble zu machen, die in meinem Faltblatt beschrieben war.
    Er lächelte mich zaghaft an. »Ich bin ganz deiner Meinung, Alice. Ich denke, wir sollten diese Höhlensache so lange wie möglich hinausschieben. Kannst du dir vorstellen, was passieren wird, wenn einer dieser Parkwächter uns fragt, was wir da machen?«
    »Dann sagen wir ganz einfach die Wahrheit, Tony«, gab ich zurück, »wir sagen ganz einfach, wie es ist: daß wir nach

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