Eine Krone für Alexander (German Edition)
und zeigte auf eine Gruppe toter Illyrer, „und bei dem daneben
auch. Die zwei da drüben kommen mir zumindest bekannt vor.“
„Was meinst du damit?“, fragte Alexander. „Das sind Illyrer.
Wieso kommen die dir bekannt vor?“
„Das ist es ja eben. Illyrer sollten mir überhaupt nicht
bekannt vorkommen. Ich bin aus dem Tiefland, weit weg von Illyrien, aber die
Kerle da kenne ich trotzdem.“
Da Alexander allmählich die Geduld auszugehen drohte,
mischte sich Hephaistion ein. „Er hat mir gesagt, er kennt sie aus Lynkestis.“
„Du kennst diese Illyrer aus Lynkestis?“, wiederholte
Alexander mit einem Rest von Geduld.
„Ja. Das heißt nein. Ich kenne sie aus Lynkestis, aber es
sind keine Illyrer. Jedenfalls waren es keine, als ich sie in Lynkestis gesehen
habe.“
„Am besten, du erzählst alles der Reihe nach“, sagte Hephaistion,
um Ordnung in das wirre Gerede zu bringen.
Dimnos atmete durch. „In Lynkestis waren wir eines Abends
alle Mann in einer heruntergekommenen Taverne, wirklich sehr heruntergekommen,
wenn ihr versteht, was ich meine.“
„Wir verstehen“, sagte Hephaistion. „Erzähl weiter.“
„Wir bekamen Streit mit einer Gruppe von Lynkesten. An den
mit der Narbe erinnere ich mich, denn so ein Gesicht vergisst man nicht so
schnell. Seinen Kumpel erkenne ich wieder, weil er die anderen zurückgepfiffen
hat. Er meinte, sie sollten ihre Energie nicht an Grünschnäbel wie uns verschwenden,
es gebe lohnendere Ziele. Dabei grinste er bösartig. Erst später habe ich
begriffen, was er meinte.“
„Erzähl Alexander, was heute passiert ist.“
„Während des Kampfes fiel mir eine Gruppe von Illyrern auf.
Etwas an ihnen war merkwürdig, aber ich konnte nicht sagen, was. Ihr wisst ja,
wie schnell alles im Kampf gehen kann und wie unübersichtlich alles ist. Für ein
paar Augenblicke war der König ganz allein, und da stürzten sich diese bewussten
Illyrer auf ihn. Wir anderen wären zu spät gekommen, doch Pausanias warf sich
vor ihn. Er fing ihre Hiebe mit seinem eigenen Körper ab.“ Dimnos brach ab, und
sein Blick irrte ins Leere. „Nach der Schlacht, als ich allmählich wieder klare
Gedanken fassen konnte, wurde mir klar, dass ich diese Illyrer schon einmal
gesehen hatte. Deshalb ging ich noch einmal auf das Schlachtfeld zurück, und es
fiel mir wieder ein.“
Alexander warf Hephaistion einen Blick zu. Allmählich schien
das Ganze einen Sinn zu ergeben. „Hast du schon jemandem davon berichtet?“
Dimnos schüttelte den Kopf. „Du wirst deine Geschichte noch einmal wiederholen
müssen, und zwar vor dem König selbst.“
Sie machten sich auf den Rückweg zum Lager. Alexander sah
Dimnos von der Seite an. „Dein Freund hat dem König das Leben gerettet. Du
kannst stolz auf ihn sein!“
„Er ist tot“, sagte Dimnos.
Alexander blieb abrupt stehen. „Pausanias?“ Das erklärte
Dimnos’ aufgewühlten Zustand. Alexander blickte ihm ins Gesicht. Seine Augen
waren gerötet, als habe er geweint. „Es tut mir leid um deinen Freund. Er ist
im Kampf gefallen, und er hat sein Leben für den König geopfert. Sein Andenken
wird in hohen Ehren gehalten werden.“ Es war der einzige Trost, der ihm einfiel.
Dimnos gab ein Geräusch von sich, das ebenso ein verächtliches
Lachen wie ein unterdrücktes Schluchzen sein konnte. „Nach dem Auftritt vor ein
paar Tagen werden sich alle nur an den Strichjungen mit dem Loch zwischen den Beinen
erinnern.“ Er rieb sich mit der Hand über die Augen. „Pausanias ist nicht
einfach im Kampf gefallen, er hat den Tod gesucht.“
„Was sagst du da?“, fragte Hephaistion erschrocken. „Woher
willst du das wissen?“
„Er hat es mir gesagt. Natürlich habe ich erst nachher verstanden,
was er meinte. Er sagte, er werde allen zeigen, dass er kein Stricher ist und
auch kein Zwitter, sondern ein Mann. Das ist alles nur die Schuld von diesem
Bastard!“
Leise sagte Alexander: „Es tut mir leid.“
„Wenn ich doch nur verstanden hätte, was er meinte. Ich hätte
es ihm ausgeredet. Er hat sein Leben einfach weggeworfen!“
„Wird der König Arrhabaios und Heromenes vor der Heeresversammlung
anklagen?“, fragte Hephaistion.
„Weswegen?“
Alexander sah auf das graue Wasser hinaus. Am Morgen waren
sie in aller Frühe zum schilfigen Ufer des Lychnitis-Sees hinuntergeritten, in
dessen Nähe die Armee das Lager aufgeschlagen hatte. Der Wind frischte auf und
zauberte ein Riffelmuster auf die Wasseroberfläche. Rasch breitete es sich aus
bis zum
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