Eine Krone für Alexander (German Edition)
weit weg in Asien.“
„Ich dachte eigentlich nicht an Attalos, sondern an deinen Vater.“
„Warum? Pausanias ist wütend auf Attalos, nicht auf Philipp.
Es war schließlich Attalos, der ihn von einer Horde Betrunkener hat
vergewaltigen lassen.“
„Aber der König weigerte sich, ihn zu bestrafen. Du weißt doch
selbst am besten, wie es ist, wegen Attalos ungerecht behandelt zu werden.“
Peritas, der vorausgelaufen war, kam zurück und sprang
aufgeregt bellend auf dem Weg herum. Alexander trieb Bukephalos den steilen
Hang hinauf, und der Hund jagte hechelnd hinter ihm her. Als Hephaistion sie
wieder eingeholt hatte, fügte er hinzu: „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass
Pausanias auch auf den König wütend ist.“
„Mein hat Vater alles getan, um den Schaden zu begrenzen. Er
hat Pausanias mit Geschenken überhäuft und ihn sogar zu den Königlichen Pezhetairen
befördert.“
„Ist es klug, ihn ausgerechnet zum Leibwächter zu machen?“
„Wahrscheinlich nicht“, gab Alexander widerwillig zu.
„Warum sagst du das deinem Vater nicht?“
„Er spricht nicht mit mir.“
„Das ist eine Ausrede. Du könntest jederzeit zu ihm gehen,
wenn du wolltest. Du weißt, dass Pausanias gefährlich ist. Du hast es mir
selbst gesagt.“
„Ich meinte damit: gefährlich für Attalos, nicht für meinen
Vater.“
Der Hund lief vor ihnen her, bis er einen Weg weiter nach
oben entdeckte, flitzte ein Stück bergauf, blieb dann schwanzwedelnd stehend
und überzeugte sich, dass sie ihm auch folgten. Der Weg war zu eng für zwei
Reiter nebeneinander, Hephaistion ließ sich zurückfallen. Als das Gelände
wieder weiter wurde, trieb er sein Pferd neben Bukephalos.
„Ich glaube, Pausanias geht es gar nicht um Attalos, sondern
um den König. Er hat er ihn doch einmal geliebt.“
Alexander gestattete sich ein verächtliches Lachen.
„Warum lachst du? Du hast Pausanias in Theben beim Grab des
Iolaos gesehen, und du weißt, was Polemon und Alketas gesagt haben.“
Sie waren oben auf dem Hügel angekommen, stiegen ab und
führten ihre Pferde am Zügel. Peritas war enttäuscht, dass es nicht höher
hinauf ging. Zum Trost holte Alexander einen zerbissenen alten Lederball hervor
und warf. Der Hund schoss begeistert hinterher.
„Erinnerst du dich, wie du mir hier oben in den Hügeln aus
Platons Symposion vorgelesen hast? Von den zwei Hälften einer Seele, die
sich finden und einander für immer die Treue halten? Das war gar nicht weit von
hier, ich glaube auf dem nächsten Hügel oder dem dahinter.“
Peritas brachte den Ball zurück, und Alexander nahm ihm das
Spielzeug ab. Er gab ein verächtliches Schnauben von sich. „Das kann man wohl
kaum vergleichen.“
„Warum nicht?“
Alexander holte aus und warf. „Allein der Gedanke ist
absurd. Vorstellungen wie ewige Treue sind Philipp fremd.“
„Philipp schon, Pausanias aber vielleicht nicht.“
Auf der Kuppe des Hügels blieben sie stehen und blickten
hinab in die Ebene. Unter ihnen lagen der Palast und die Stadt mit ihren sich
rechtwinklig kreuzenden Straßen. Dahinter glitzerte der See in der Abendsonne.
Peritas hatte den Ball im Gras entdeckt und strich knurrend um ihn herum. Immer
wieder setzte er zum Sprung an, als sei der Ball ein Beutetier, das sein Leben
mit Klauen und Zähnen zu verteidigen gedachte.
Schließlich sagte Hephaistion: „Hör zu! Pausanias ist das
Schlimmste passiert, was einem Mann überhaupt passieren kann. Und der Mensch,
den er geliebt hat, hat sich geweigert, ihm zu helfen! Er muss sich verraten fühlen.
Glaubst du nicht, dass er verbittert ist? Dass seine Liebe womöglich in Hass
umgeschlagen ist? Du musst unbedingt zu deinem Vater gehen und ihn warnen.“
Peritas sprang jetzt begeistert auf dem Ball herum.
Alexander riss seinen Blick davon los und wandte sich Hephaistion zu. „Was soll
ich ihm denn sagen? Dass er Pausanias wieder aus der Leibgarde rausschmeißen
soll? Das würde die Sache nur schlimmer machen.“
„Ich weiß auch nicht. Vielleicht fällt dem König eine Lösung
ein. Aber du musst wenigstens versuchen, ihn zu warnen.“
„Braver Hund!“ Peritas war mit dem Ball im Maul zurückgekommen
und wedelte erwartungsvoll mit dem Schwanz. Alexander nahm ihm das Spielzeug ab
und tätschelte ihn. „Philipp würde nicht auf mich hören. Er hat
unmissverständlich klargemacht, dass ich mich aus seinen Angelegenheiten
heraushalten soll. Du hast es selbst gehört.“
9
Der Hofstaat versammelte sich im größten und
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