Eine Krone für Alexander (German Edition)
Gesicht. „Aber Kleopatras
Kind war nicht nur ein Mädchen, es ist inzwischen auch noch tot! Hippostratos
muss doch inzwischen längst in Asien eingetroffen sein und Attalos berichtet
haben, was vorgefallen ist!“
„Natürlich weiß Attalos Bescheid. Trotzdem behauptet er,
seine Nichte habe in Wirklichkeit einen Sohn bekommen und dass wir gezielt
Lügen über das Geschlecht des Kindes verbreitet hätten. Angeblich ist es Kleopatra
gelungen, ihren Sohn aus dem Palast schmuggeln und in Sicherheit bringen zu
lassen, bevor sie getötet wurde. Der Name des Jungen soll Karanos sein.“
„Der elende Dreckskerl!“ Alexander sprang auf und begann,
erregt auf und ab zu gehen, wobei er wütend vor sich hin starrte. „Dieser
verlogene, intrigante Schweinehund! Immer, wenn man glaubt, man hat ihm das
Maul gestopft, denkt er sich eine neue Infamie aus.“
„Das öffentliche Entsetzen über den Mord an Kleopatra und
ihrem Kind war so groß, dass es wenigstens keinen Zweifel geben kann, dass es
tot ist, welches Geschlecht man ihm auch zuschreibt. Sonst hätte man die kleine
Europa womöglich längst gegen einen Jungen ausgetauscht, nur um einen
potenziellen Thronerben präsentieren zu können.“
Allein die Vorstellung jagte Alexander einen eiskalten Schauder
über den Rücken. Wie alle anderen war auch er über die Grausamkeit seiner
Mutter entsetzt gewesen, doch inzwischen sah es so aus, als habe sie ihm tatsächlich
einen Dienst erwiesen, indem sie die verhasste Rivalin und ihr Neugeborenes
beseitigt hatte. Antipatros hätte sich jedoch lieber die Zunge abgebissen, als
das zuzugeben. Stattdessen fuhr er fort: „Da ist noch etwas, was du wissen
solltest: Dein spezieller Freund Amyntas, Sohn des Antiochos, ist in Asien
aufgetaucht, genau wie wir erwartet haben. Hekataios hat ihn in Attalos’
Umgebung gesehen.“
Alarmiert blickte Alexander auf. Attalos würde mit dem Märchen
von Karanos, dem wahren Thronerben, nicht lange durchkommen. Dann würde er
womöglich nach einem anderen Prätendenten Ausschau halten, den er gegen
Alexander unterstützen konnte. „Lass meinen Cousin Amyntas verstärkt
überwachen. Für den Fall, dass sein Freund oder Attalos selbst mit ihm Kontakt
aufnehmen sollte.“
„Das werde ich tun.“ Antipatros hüstelte. „Für alle Fälle
solltest du aber zusätzliche Maßnahmen ergreifen.“
„Was meinst du?“
„Dein Vater wurde vor deinen Augen ermordet – du benötigst
dringend verstärkten Schutz. Zuverlässige Leute, die deine Sicherheit
gewährleisten.“
„Das tut bereits Admetos mit seinen Königs-Hypaspisten.“
„Die können nicht immer in deiner unmittelbaren Nähe sein,
etwa beim Symposion oder bei eher privaten Gelegenheiten. Du brauchst aber jemanden,
der dir auch dann nicht von der Seite weicht. Der tagsüber ständig um dich ist
und nachts vor deiner Tür Wache hält.“
Eine Vorstellung, die Alexander eher mit Schrecken füllte
als ihn zu beruhigen. „Dazu habe ich bereits die Königsjungen, und die gehen
mir schon genug auf die Nerven.“
„Ich dachte nicht an eine Horde halbwüchsiger Jungen, die du
nach Belieben herumschubsen kannst. Sondern an jemanden mit der erforderlichen
Autorität.“ Antipatros hatte offenbar bereits alles genau durchdacht. „Männer,
die nicht nur absolut zuverlässig sind, sondern auch von hohem Rang und …“
„Kommt gar nicht infrage“, erklärte Alexander kategorisch.
„Ich brauche niemanden, der mir auf Schritt und Tritt hinterherrennt. Das ist
mein letztes Wort.“
Auch aus
dem Süden kamen beunruhigende Neuigkeiten. Überall schien die Nachricht von
Philipps Tod wahre Begeisterungsstürme entfacht zu haben. Die Griechen
jubelten, als hätten sie gerade die vereinigten Heerscharen der Trojaner,
Perser und Amazonen zurückgeschlagen und ihre Heimat ein weiteres Mal vor dem
Ansturm der Barbaren gerettet. Anscheinend war in ganz Griechenland nur ein
einziger Mensch bei Vernunft geblieben: der athenische Feldherr Phokion, der
für seine trockenen Kommentare bekannt war. Er nannte es geschmacklos, den Tod
eines Menschen zu bejubeln; im Übrigen habe die makedonische Armee mit Philipp
nur einen einzigen Mann verloren.
Demosthenes dagegen goss großzügig Öl ins Feuer. Er appellierte
an den Stolz und Freiheitswillen nicht nur der Athener, sondern aller Griechen
und rief sie auf, die Tyrannei abzuschütteln. Philipp sei eine Bedrohung für
ganz Griechenland gewesen, doch mit seinem Tod sei die Gefahr aus dem Norden
für immer
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