Eine Krone für Alexander (German Edition)
offenen
Wagenkorb. Er machte die Zügel los, gerade noch rechtzeitig, um die Pferde in
die Kurve zu lenken.
So trieb er es schon eine ganze Weile, ohne müde zu werden.
Sprang ab, lief hinter dem Wagen her und sprang wieder auf. Die hohe Geschwindigkeit
bereitete ihm Vergnügen, die Anspannung aller Muskeln, die Präzision jeder
Bewegung. Und es half gegen den Knoten aus Wut in seiner Magengegend.
Als er aus der Kurve kam, fiel ihm eine Gestalt auf, die im
Schatten der angrenzenden Vorhalle stand, lässig gegen eine der Säulen gelehnt.
Sie kam ihm bekannt vor. Er zog die Zügel an und drosselte das Tempo.
Hephaistion war edel gekleidet, etwas, wozu man ihn normalerweise
zwingen musste, und er trug einen Kranz auf dem Kopf, als sei er unterwegs zu
einem Fest. Genau auf seiner Höhe brachte Alexander das Gespann zum Stehen, und
eine Staubwolke senkte sich auf Hephaistion und seine feinen Kleider. Er
hüstelte demonstrativ und wedelte mit der Hand, um die Schwaden zu vertreiben.
„Was treibst du da eigentlich?“, fragte er.
„Ich trainiere.“
„Sieht eher aus, als ob du versuchst, dir den Hals zu
brechen.“
Die Pferde waren unruhig, sie tänzelten auf der Stelle, und
Alexander hatte zu tun, sie zur Ruhe zu bringen. „Vielleicht sollte ich das
tatsächlich, dann wären wenigstens alle zufrieden.“
„Wer denn?“
„Die Griechen, die Perser, Attalos, Amyntas …“
„Alle hassen dich und wollen deinen Tod ...“
„Sogar mein eigener Cousin ...“
„Alexander, hör auf zu jammern und beherzige lieber Antipatros’
Rat! Leg dir einen Leibwächter zu oder am besten gleich mehrere …“
„Am schlimmsten ist ihre Herablassung“, fuhr Alexander fort,
als habe Hephaistion nichts gesagt. „Weil ich erst zwanzig bin, halten mich
alle für einen dummen Jungen, den sie nicht ernst nehmen müssen. Willst du wissen,
was Demosthenes über mich sagt? Ich sei nicht der neue Achilleus, sondern
höchstens ein neuer Margites!“
„Margites“, überlegte Hephaistion, „ist das nicht so ein Hohlkopf
aus diesem komischen Epos, der nur bis fünf zählen kann, die Sonne für einen
Pfannkuchen hält und bemerkenswerte Defizite hat, was seine Kenntnis der
menschlichen Fortpflanzung betrifft?“
„Ich habe es satt, dass alle denken, sie könnten sich alles
herausnehmen, nur weil mein Vater tot ist. Und auch dass man ihn mir dauernd
als großes Vorbild vorhält. Philipp hat alle seine Feinde besiegt. Philipp hat
Makedonien groß gemacht Philipp hat sich bei den Griechen Respekt verschafft.
Philipp dies … Philipp das …“
„Alexander“, schnitt ihm Hephaistion das Wort ab, „warum
steigst du nicht endlich von diesem Wagen runter, ziehst dir etwas Anständiges
an und wir gehen zusammen zu einem Fest? Philotas schmeißt wieder eine Sause.
Wir lassen uns auf seine Kosten volllaufen, und morgen früh, wenn du wieder
nüchtern bist, machst du dir Gedanken über Antipatros’ Vorschlag. Was deine
Feinde betrifft, so bin ich bin sicher, du wirst sie alle in Grund und Boden
stampfen. Das tust du doch immer.“ Und dann fügte er mit ironischem Grinsen
hinzu: „Genau wie dein Vater.“
Antipatros war überglücklich, dass Alexander sich doch noch
dazu herbeiließ, auf ihn zu hören. „Wir sollten ein offizielles Amt einführen“,
erklärte er, „das Amt eines Königlichen Leibwächters. Ein Vertrauensposten und
zugleich eine hohe Ehre für den Betreffenden.“
„Am besten ernennen wir gleich mehrere“, ging Hephaistion
begeistert darauf ein. „Sieben wäre eine gute Zahl. Sie könnten tagsüber immer
in deiner Nähe sein und sich bei der Nachtwache vor deiner Tür abwechseln.“
Antipatros fuhr fort: „Die Leute würden sich um die Ehre
reißen. Du könntest Verwandte des Königshauses, Söhne hoher Würdenträger oder
verdiente Offiziere auszeichnen. Und das, ohne dass es dich auch nur eine
Drachme kostet.“
„Also gut“, sagte Alexander resigniert. „Tut, was ihr nicht
lassen könnt. Zwei Kandidaten haben wir ja bereits. Arybbas und Neoptolemos
lungern ohnehin ständig in meiner Nähe herum, da können wir die Sache auch offiziell
machen.“
Antipatros verzog das Gesicht. „Die beiden sind aber keine
Makedonen …“
„Dafür sind sie Verwandte von mir und absolut zuverlässig.“
„Trotzdem. Es würde böses Blut unter den Makedonen geben,
wenn Ausländern eine so hohe Ehre zuteilwerden würde.“
Alexander seufzte. Er hätte sich denken können, dass
Antipatros alles ablehnte, was von
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