Eine Krone für Alexander (German Edition)
aus keine verdächtigen Aktivitäten zu erkennen waren.
Befehle und Instruktionen wurden mit gedämpften Stimmen erteilt, nur das unvermeidliche
Klirren der Waffen war zu hören. Die Truppen formierten sich eher locker, und
in dem Durcheinander gelang es Alexander, unbemerkt seine Waffen anzulegen und
sich unter die Soldaten zu mischen. Wegen Hephaistions Drohung hatte er darauf
verzichtet, seine Freunde einzuweihen, und nach reiflicher Überlegung hatte er
auch davon Abstand genommen, sich dem Stoßtrupp anzuschließen. Dort hätte man
vermutlich schnell gemerkt, dass er nicht dazugehörte. Als er sich den Soldaten
anschloss, die zu den Lagerausgängen schlichen, bemerkte er plötzlich
Hephaistion neben sich, ebenfalls vollständig bewaffnet.
„Was machst du hier?“, fuhr er ihn wütend an, was im Flüsterton
gar nicht so einfach war.
„Wonach sieht es denn aus?“, zischte Hephaistion ebenso
leise und wütend zurück.
„Ich dachte, du hältst die ganze Idee für Schwachsinn?“
„Das ist sie auch, aber ich lasse dich nicht allein. Ob es
dir passt oder nicht, ich komme mit.“
„Wie du meinst“, sagte Alexander kalt und folgte den Soldaten,
ohne Hephaistion weiter zu beachten.
Sie standen inmitten der Menge, die sich vor dem Haupttor
gesammelt hatte, und warteten. Niemand sagte ein Wort, ab und zu klirrte eine
Rüstung. Plötzlich wurde die geradezu unheimliche Stille von einem ohrenbetäubenden
Quietschen gestört, gefolgt von einem sirrenden Geräusch. Kurz darauf war in
der Ferne ein Krachen zu hören.
„Das dürfte die Palisade gewesen sein“, murmelte Alexander.
Die Offiziere brüllten ihre Befehle, und alle rannten los,
ohne besondere Ordnung, jeder so schnell er konnte, während das Katapult in
rascher Folge eine Serie von Schüssen abgab. Auch Alexander lief, was er
konnte, und da er immer ein guter Läufer gewesen war, überholte er viele der
vor ihm Laufenden und erreichte die Festung als einer der Ersten. Zu seiner
Erleichterung sah er, dass die Palisade tatsächlich auf großer Breite
niedergelegt worden war, genau wie die Ingenieure versprochen hatten. In der
Bresche war der Stoßtrupp bereits in den Kampf mit den überrumpelten Thrakern
verwickelt.
Alexander brachte seinen Speer in Anschlag und trieb ihn dem
nächstbesten Thraker durch die Weiche, riss dem Zusammenbrechenden die Waffe
wieder aus der Wunde und stürzte sich laut schreiend auf den nächsten. So
tötete er in kürzester Zeit zwei oder drei Gegner, ehe es dem vierten gelang,
ihm seinen Speer zu zerbrechen. Also riss er sein Schwert aus der Scheide und
kämpfte damit weiter. Früher als den Offizieren in der Nähe fiel ihm auf, dass
die Thraker weniger wurden. Die Makedonen waren im Begriff, den Kampf an der
Bresche für sich zu entscheiden.
„In die Festung!“, brüllte Alexander und wies mit seinem
Schwert nach vorn, ehe er nach Kabyle hineinrannte. Er bemerkte, dass andere
ihm folgten. „Zum Haupttor! Wir müssen es für die anderen öffnen!“
Sie kämpften sich in die Nähe des Tores vor, und als es
ihnen gelang, es von innen zu öffnen, war das Los von Kabyle besiegelt. Der
Hauptteil der Armee drängte herein und metzelte die schlaftrunkenen und in der
Eile oft nur notdürftig bewaffneten Thraker nieder. Das Ganze endete in einer
wilden Schlächterei. Alexander spürte, wie der Rauschzustand, in dem er sich
befunden hatte, allmählich abebbte, als Hephaistion ihn plötzlich am Arm
packte.
„Der Kampf ist vorbei. Du hast
bekommen, was du wolltest. Lass uns verschwinden, ehe jemand merkt, dass wir
hier nichts zu suchen haben!“
„Ihr blöden Idioten!“, fauchte Attalos und bemühte sich, bei
aller Empörung nicht zu viel Lärm zu verursachen. „Ihr blöden, schwachsinnigen,
hirnrissigen Idioten!“
Auf dem Rückweg zu ihrer Unterkunft waren sie, voll
bewaffnet und blutbespritzt, Attalos und Hektor in die Hände gelaufen. Hektor
hatte nicht viel gesagt, er wirkte nur einfach erschrocken, doch Attalos war
stinkwütend.
„Wisst ihr, was für Sorgen wir uns wegen euch gemacht haben?
Würden Knallköpfe wie Proteas und Langaros sich so etwas leisten, würde mich
das nicht im Geringsten wundern – nur, dass die beiden natürlich nie auf die
idiotische Idee kämen, sich ohne Befehl in den Kampf zu stürzen. Und dass du,
Alexander, dich mal wieder aufspielen musst, ist auch nichts Neues, aber dass
Hephaistion so blöd ist, dabei mitzumachen, das haut mich wirklich um! Ich habe
immer gedacht, er hat
Weitere Kostenlose Bücher