Eine Krone für Alexander (German Edition)
Plage.“
„Aber so weit im Norden haben sich seine Söldner bisher noch
nie blicken lassen“, sagte wieder Andromenes. „Die halten sich sonst immer an
die Küstengebiete, wo sie mit ihren Schiffen landen, alles kurz und klein
schlagen und schnell wieder verschwinden können.“
„Ich frage mich schon die ganze Zeit, was die Angreifer überhaupt
von uns wollten“, schaltete sich Polyperchon ein. „Wieso greifen die eine
starke und bis an die Zähne bewaffnete Truppe wie uns an? Wir hatten überhaupt
nichts von Wert dabei. Das ergibt doch keinen Sinn!“
„Vielleicht hatte Diopeithes es auf den Prinzen abgesehen“,
mutmaßte Antigonos.
Attalos bemerkte: „Wenn ja, dann haben sie es aber nicht
sehr schlau angestellt. Ich habe gehört, dass den Tross, wo die Königsjungen
waren, nur Thraker angegriffen haben. Wenn Diopeithes Alexander entführen lassen
wollte, warum hat er das nicht lieber von seinen Söldnern erledigen lassen?“
„Vielleicht wusste er nicht, wo der Prinz war. Er konnte ja
nicht ahnen, dass Polyperchon ihn mit den anderen Königsjungen zum Tross
stecken würde.“
Auf Polyperchons Gesicht zeichnete sich ehrliche Verblüffung
ab. „Wieso, wo sollten die Frischlinge denn sonst hin, Prinz oder nicht Prinz?“
Der König wandte sich zu Alexander. „Diopeithes ist Demosthenes’
Handlanger. Als ich bei den Athenern protestierte und seine Abberufung
verlangte, stellte sich Demosthenes vor ihn und ließ eine seiner fanatischen
Hetzreden vom Stapel. Das Ende vom Lied war, dass Diopeithes nicht nur nicht
abberufen wurde, sondern sogar noch Verstärkungen erhielt.“
„Demosthenes schreckt vor nichts zurück, um den Friedensvertrag
zu unterminieren“, bemerkte der Sekretär Eumenes aus dem Hintergrund. Unter all
den Haudegen wirkte er seltsam deplatziert. „Sein Fanatismus nimmt inzwischen
schon pathologische Züge an. Er ist krank vor Hass!“
Philipp hob seinen Becher und rief: „Auf Demosthenes! Möge
er sich zu Tode ärgern!“
„Möge er sich auf die Zunge beißen und an seinem eigenen
Gift verrecken!“, schrie Antigonos.
„Mögen ihm seine Hetzreden im Halse stecken bleiben und er
daran elendig ersticken!“, lautete Attalos’ Beitrag, und Andromenes ließ sich
vernehmen: „Möge ihn der Schlag treffen und seine verkommene Seele in den Hades
fahren!“
„Möge ihm der Hintern abfallen
und alle Welt sehen, was für ein Riesenarsch er ist!“, erklärte Polyperchon
abschließend etwas kryptisch.
Am nächsten Morgen schleppte Perilaos seine Schutzbefohlenen
durch das Lager und zeigte ihnen alles, was seiner Meinung nach für sie von
Interesse sein konnte: die Unterkünfte der Soldaten, die Pferche für die
Pferde, sanitäre Einrichtungen, Werkstätten und Arsenale. Ganz zum Schluss
kamen sie zu den Belagerungsmaschinen, die außer Sichtweite der Festung zusammengebaut
wurden. Die Ingenieure, die sich chronisch unterbewertet fühlten, ergriffen die
Gelegenheit, das unverhofft erschienene Publikum von der Wichtigkeit ihrer
Arbeit zu überzeugen. Nicht immer trafen ihre Ausführungen auf das gebührende
Interesse, doch zumindest Alexander hörte fasziniert zu. Der leitende
Ingenieur, ein Thessalier namens Polyeidos, zeigte sich besonders stolz auf ein
großes Katapult, das noch nicht ganz fertiggestellt war. Es würde nicht einfach
nur Pfeile oder Bolzen verschießen wie herkömmliche Geschütze, sondern Kugeln
aus massivem Stein. Alexander ließ sich seine Funktionsweise genau erklären.
„Wenn ich dich richtig verstanden habe, ist das eine Erfindung
von dir.“
„Nicht ganz“, gab Polyeidos zu. „Genau genommen hat schon
Dionysios, der Tyrann von Syrakus, vor sechzig Jahren ein solches Geschütz
eingesetzt, aber aus mir unerfindlichen Gründen hat sich diese Technologie bisher
nicht durchgesetzt. Ich habe allerdings einige nicht unbedeutende Verbesserungen
daran vornehmen können.“ Daraufhin erging Polyeidos sich wieder in technischen
Erläuterungen.
Erst am Abend fand der König Zeit, die Königsjungen zum
Appell antreten zu lassen und sie einer ersten Inspektion zu unterziehen. Jeder
hatte sich mit Name, Vatersname und Herkunftsort vorzustellen, der König hielt
eine kurze Ansprache, in der er ihren Einsatz lobte und sie zu der Tatsache
beglückwünschte, dass sie nun Männer seien. Zum Schluss klopfte er jedem
anerkennend auf die Schulter, und danach durften sie an seiner Tafel essen, wie
es Tradition war.
Nach den spektakulären Erlebnissen auf der Anreise
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