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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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entpuppte
sich der reguläre Dienst für Alexander und seine Kameraden als deprimierend langweilig.
Sie hatten im Grunde nicht viel zu tun und erledigten nur Routinearbeiten: Die
Königsjungen bedienten den König beim Essen, kümmerten sich um seine Waffen und
die sonstige Ausrüstung und führten ihm seine Pferde vor. Die Älteren hatten
außerdem das Privileg, nachts vor dem königlichen Zelt Wache zu stehen und den
König auf seinen Ausritten zu begleiten, während die Jüngeren sich mit den
weniger prestigeträchtigen Aufgaben begnügen mussten.
    Zwei Tage nach ihrer Ankunft ließ der König Alexander abends
in sein Zelt zitieren. Alle höheren Offiziere waren versammelt. Alexander
konnte sich denken, worum es ging, denn kurz zuvor hatten die Ingenieure
endlich ihr Katapult fertiggestellt und es in Schussweite zur Festung in
Stellung gebracht. Den Tag über hatte die Maschine diverse Probeschüsse auf die
Festungsmauer abgegeben. Offenbar funktionierte sie wunschgemäß. Der König, der
die Belagerung so schnell wie möglich zu Ende bringen wollte, erläuterte den
Offizieren seinen Plan.
    „Morgen in aller Frühe, kurz vor Morgengrauen, wird das Katapult
mehrere Schüsse abgeben, keine Probeschüsse diesmal, sondern richtige. Sie
sollen die Palisade östlich des Haupttores niederlegen. Dort wird während der
Nacht ein Stoßtrupp Stellung beziehen, und zwar genau hinter dieser kleinen
Felskuppe, wo er in der Dunkelheit von der Festung aus nicht zu sehen ist.
Sobald das Katapult die Palisade zertrümmert hat, stürmt der Stoßtrupp hervor,
besetzt die Bresche und hält sie, bis der Hauptteil unserer Truppen die Festung
erreicht und in sie eindringen kann.“
    Antigonos machte ein skeptisches Gesicht. „Was ist, wenn das
Katapult nicht richtig trifft? Vor Morgengrauen ist es stockdunkel. Wie können
die Technikfritzen da sehen, worauf sie zielen sollen?“
    „Es ist ein Risiko“, gab der König zu, „aber die Ingenieure
haben die Maschine bereits heute Abend so ausgerichtet, dass sie morgen früh
sozusagen ins Blaue schießen können. So, wie das Geschütz jetzt steht, müsste
es mit einer Serie von Schüssen die Palisade östlich des Haupttores zerschmettern
können.“
    „Mir gefällt nicht, dass wir uns auf diese Ingenieure
verlassen müssen“, brummte Polyperchon, und die anderen Offiziere nickten
zustimmend. „Was ist, wenn das Katapult im entscheidenden Augenblick versagt?“
    „Alexander“, sagte der König plötzlich und grinste, „du hast
doch vorgestern dieses Katapult genau unter die Lupe genommen. Und heute hast
du den halben Tag in der Nähe herumgelungert und zugesehen, wie die Ingenieure
ihre Probeschüsse abgegeben haben. Was meinst du: Wird die Maschine funktionieren?“
    Plötzlich blickten alle zu Alexander, und er wunderte sich
kurz, wie genau sein Vater über alle seine Schritte informiert war. „Das
Katapult hat heute fehlerfrei funktioniert, und ich habe den Eindruck,
Polyeidos weiß, was er tut. Ich glaube, es wird funktionieren und uns eine
Menge Mühe ersparen. Und wenn nicht, stehen wir auch nicht schlechter da als
vorher. Im Grunde riskieren wir nichts, außer, dass es nicht klappt.“
    „So sehe ich das auch“, erklärte der König. „Ich will nicht,
dass diese Belagerung sich endlos hinzieht. Warum also nicht die Vorteile der
modernen Belagerungstechnik nutzen? Ich war schon immer dafür, mit der Zeit zu
gehen.“
    Allgemeines Gelächter.
    „Und wenn es nicht klappen sollte, können wir immer noch die
Tüftelheinis in den Arsch treten“, ließ sich Andromenes vernehmen.
    Abschließend erklärte Philipp: „Der Stoßtrupp wird um
Mitternacht seine Stellung beziehen. Alle anderen werden sich eine Stunde vor
Morgengrauen zum Kampf bereit machen, und zwar in aller Stille. Niemand außer den
Anwesenden und den ihnen unmittelbar unterstellten Offizieren wird vorher
Bescheid wissen. Die Thraker in der Festung dürfen nichts mitbekommen. Alles
hängt davon ab, dass sie ahnungslos sind, bis es zu spät ist.“
    Als die Offiziere gegangen waren, sagte Philipp grinsend zu
Alexander: „Wie ich höre, hast du einen Brief von Isokrates bekommen. Was
schreibt er denn so? Hat er dich auch zu überreden versucht, diesen Rachezug
gegen die Perser zu unternehmen, der ihm so am Herzen liegt?“
    Alexander kicherte. „Nein, er hat nur über Bildung und so geschrieben.
Angeblich hat er gehört, wie fleißig ich lerne, und wie groß mein Interesse für
alle Bereiche der Literatur und der

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