Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)
bestimmten Gefühlen letztlich nur mehr Leid verursacht.
Wenn Buddha Recht hat, befinden wir uns mit unserem gesamten Glücksverständnis auf dem Holzweg. Vielleicht kommt es weniger darauf an, dass unsere Erwartungen erfüllt werden und wir uns in wohligen Gefühlen räkeln. Vielleicht kommt es vielmehr darauf an, dass wir uns selbst so sehen, wie wir sind. Aber woher sollen wir wissen, ob wir uns heute besser verstehen als die Wildbeuter der Steinzeit oder die Bauern des Mittelalters?
Die Wissenschaft beschäftigt sich erst seit wenigen Jahren mit der Erforschung des Glücks und ist noch immer auf der Suche nach Arbeitshypothesen und geeigneten Forschungsmethoden. Es ist viel zu früh, an diesem Punkt Schlüsse zu ziehen und die Debatte abzuwürgen, ehe sie noch begonnen hat. Stattdessen müssen wir so viele Ansätze wie möglich ausprobieren und die richtigen Fragen stellen.
Die meisten Geschichtsbücher rühmen die Ideen großer Denker, den Mut von Kriegern, die Mildtätigkeit von Heiligen und die Kreativität von Künstlern. Sie haben viel von der Entstehung und dem Zerfall gesellschaftlicher Strukturen, dem Aufstieg und Niedergang von Weltreichen und der Entdeckung und Verbreitung von Technologien zu berichten. Aber sie verlieren kein Wort darüber, wie sich dies alles auf das Glück oder Unglück der Menschen auswirkt. Das ist die größte Lücke in unserem Geschichtsverständnis. Wir sollten endlich anfangen, sie zu schließen.
116 Wenn Sie sich für die Psychologie und Biochemie des Glücks interessieren, sind die folgenden Bücher und Artikel ein guter Einstieg: Jonathan Haidt, Die Glückshypothese: Was uns wirklich glücklich macht. Die Quintessenz aus altem Wissen und moderner Glücksforschung (Kirchzarten: VAK, 2011); Robert Wright, Diesseits von Gut und Böse: Die biologischen Grundlagen unserer Ethik (München: Limes, 1996); M. Csikszentmihalyi, »If We Are So Rich, Why Aren’t We Happy?«, American Psychologist 54:10 (1999): S. 821–27; F. A. Huppert, N. Baylis und B. Keverne (Hrg.), The Science of Well-Being (Oxford: Oxford University Press, 2005); Michael Argyle, The Psychology of Happiness , 2. Ausgabe (New York: Routledge, 2001); Ed Diener (Hrg.), Assessing Well-Being: The Collected Works of Ed Diener (New York: Springer, 2009); Michael Eid und Randy J. Larsen (Hrg.), The Science of Subjective Well-Being (New York: Guilford Press, 2008); Richard A. Easterlin (Hrg.), Happiness in Economics (Cheltenham: Edward Elgar Pub., 2002); Richard Layard, Die glückliche Gesellschaft: Kurswechsel für Politik und Wirtschaft (Frankfurt: Campus, 2005).
117 Kahneman u. a., »A Survey Method for Characterizing Daily Life experience: The Day Reconstruction Method«, Science 3 (2004): S. 1776–1780; Inglehart u. a., »Development, Freedom, and Rising Happiness,« S. 278–281.
118 Paradoxerweise gehen psychologische Untersuchungen des subjektiven Wohlbefindens davon aus, dass wir unsere subjektive Befindlichkeit korrekt einschätzen können, während die Psychotherapie auf der Annahme basiert, dass wir uns eben nicht selbst verstehen und ohne professionelle Hilfe in destruktiven Verhaltensmustern gefangen bleiben.
119 D. M. McMahon, The Pursuit of Happiness: A History from the Greeks to the Present (London: Allen Lane, 2006).
Nachwort Von Tieren zu Göttern
Vor 70000 Jahren war der Homo sapiens ein unbedeutendes Tier, das in einer abgelegenen Ecke Afrikas seinem Leben nachging. In den folgenden Jahrtausenden stieg es zum Herrscher des gesamten Planeten auf und wurde zum Schrecken des Ökosystems. Heute steht es kurz davor, zum Gott zu werden und nicht nur die ewige Jugend zu gewinnen, sondern auch göttliche Macht über Leben und Tod.
Leider hat die Herrschaft des Sapiens bislang wenig hinterlassen, auf das wir uneingeschränkt stolz sein könnten. Wir haben uns die Umwelt untertan gemacht, unsere Nahrungsproduktion gesteigert, Städte gebaut, Weltreiche gegründet und Handelsnetze errichtet. Aber haben wir das Leid in der Welt gelindert? Wieder und wieder bedeuteten die massiven Machtzuwächse der Menschheit keine Verbesserung für die einzelnen Menschen und immenses Leid für andere Lebewesen.
Trotz unserer erstaunlichen Leistungen haben wir nach wie vor keine Ahnung, wohin wir eigentlich wollen, und sind so unzufrieden wie eh und je. Von Kanus sind wir erst auf Galeeren, dann auf Dampfschiffe und schließlich auf Raumschiffe umgestiegen, doch wir wissen immer noch nicht, wohin die Reise gehen soll.
Weitere Kostenlose Bücher