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Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hawking
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Umstand bewog Roger Penrose, die Hypothese von der kosmischen Zensur aufzustellen. Ich paraphrasiere ihren Inhalt: «Gott verabscheut eine nackte Singularität.» Mit anderen Worten: Die durch Gravitationskollaps hervorgerufenen Singularitäten kommen nur an Orten vor, die sich – wie Schwarze Löcher – durch einen Ereignishorizont dezent den Blicken Außenstehender entziehen. Genaugenommen handelt es sich hierbei um die Hypothese der schwachen kosmischen Zensur: Sie bewahrt Beobachter, die sich außerhalb des Schwarzen Loches befinden, vor den Folgen des Vorhersagbarkeitsverlustes, zu dem es an der Singularität kommt, tut aber nicht das geringste für den unglücklichen Astronauten, der in das Loch fällt.
    Es gibt einige Lösungen der Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie, die es unserem Astronauten ermöglichen, die nackte Singularität zu erblicken: Er kann beispielsweise das Zusammentreffen mit der Singularität verhindern, statt dessen durch ein «Wurmloch» fallen und in einer anderen Region des Universums herauskommen. Das würde für die Reise durch Zeit und Raum phantastische Möglichkeiten eröffnen, doch leider hat es den Anschein, als seien diese Lösungen alle hochgradig instabil: Die kleinste Störung, wie zum Beispiel die Anwesenheit eines Astronauten, kann sie verändern und dazu führen, daß der Astronaut die Singularität doch erst erblickt, wenn er mit ihr zusammentrifft und seine Zeit endet. Mit anderen Worten: Die Singularität befindet sich immer in seiner Zukunft und nie in seiner Vergangenheit. Nach der starken Version der Hypothese von der kosmischen Zensur liegen bei einer realistischen Lösung die Singularitäten stets gänzlich in der Zukunft (wie die Singularitäten des Gravitationskollapses) oder gänzlich in der Vergangenheit (wie der Urknall). Ich glaube fest an die Existenz der kosmischen Zensur; deshalb habe ich mit Kip Thorne und John Preskill vom California Institute of Technology gewettet, daß sie unter allen Umständen gültig sei. Meine Wette scheiterte an einer Eigentümlichkeit der Theorie: Sie ließ Lösungen zu, denen zufolge eine Singularität aus weiter Ferne sichtbar wäre. Also mußte ich zahlen – was den Bedingungen der Wette entsprechend hieß, die Nacktheit der beiden zu bekleiden. Trotzdem kann ich einen moralischen Sieg verbuchen. Die nackten Singularitäten wären instabil: Bei der geringsten Störung würden sie entweder verschwinden oder sich hinter einem Ereignishorizont verbergen. Somit könnten sie in realistischen Situationen nicht vorkommen.
    Der Ereignishorizont, die Grenze jener Region der Raumzeit, aus der kein Entkommen möglich ist, wirkt wie eine nur in einer Richtung durchlässige Membran, die rund um das Schwarze Loch gespannt ist. Objekte, wie etwa unvorsichtige Astronauten, können durch den Ereignishorizont in das Schwarze Loch fallen, aber nichts kann jemals durch den Ereignishorizont aus dem Schwarzen Loch hinausgelangen. (Denken Sie daran, daß der Ereignishorizont der Weg des Lichts in der Raumzeit ist, das aus dem Schwarzen Loch hinauszukommen versucht, und nichts kann sich schneller als das Licht bewegen.) Mit gutem Recht ließe sich vom Ereignishorizont sagen, was der Dichter Dante über den Eingang zur Hölle schrieb: «Die Ihr hier eintretet, lasset alle Hoffnung fahren.» Alle Dinge und Menschen, die durch den Ereignishorizont fallen, werden bald die Region unendlicher Dichte und das Ende der Zeit erreicht haben.
    Aus der Allgemeinen Relativitätstheorie folgt, daß schwere Objekte, die in Bewegung sind, die Emission von Gravitationswellen hervorrufen – Kräuselungen in der Krümmung der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Sie ähneln Lichtwellen, die Kräuselungen des elektromagnetischen Feldes sind, doch sind sie sehr viel schwieriger zu entdecken. Man kann sie beobachten, weil sie den Abstand zwischen benachbarten, frei beweglichen Gegenständen sehr geringfügig verändern. In den Vereinigten Staaten, Europa und Japan sind zahlreiche Detektoren gebaut worden, die solche Ortsverlagerungen mit einer Genauigkeit messen können, die eins zu eintausend Millionen Millionen Millionen (einer 1 mit 21 Nullen) oder weniger als einem Atomkern über eine Distanz von fünfzehn Kilometern entspricht.
    Wie das Licht tragen sie Energie von den Objekten mit sich fort, von denen sie ausgesendet werden. Deshalb sollte man erwarten, daß ein System massereicher Objekte schließlich einen stationären Zustand

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