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Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hawking
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dazwischenliegende Materie matt werden. Träfe dies jedoch zu, würde sich diese Materie erhitzen, so daß sie schließlich ebenso hell glühte wie die Sterne. Die Schlußfolgerung, daß der gesamte Nachthimmel hell wie die Sonnenoberfläche sein müßte, ist nur durch die Annahme zu vermeiden, die Sterne leuchteten nicht seit jeher, sondern hätten zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit mit der Emission begonnen. Diese Annahme ließe die Erklärung zu, daß sich die absorbierende Materie noch nicht erhitzt oder daß das Licht ferner Sterne uns noch nicht erreicht habe. Und dies führt uns zu der Frage, was die Sterne ursprünglich zum Leuchten gebracht haben könnte.
    Über den Beginn des Universums hatte man sich natürlich schon lange zuvor den Kopf zerbrochen. Einer Reihe früher Kosmologien und der jüdisch-christlich-islamischen Überlieferung zufolge entstand das Universum zu einem bestimmten und nicht sehr fernen Zeitpunkt in der Vergangenheit. Ein Grund für einen solchen Anfang war die Überzeugung, daß man eine «erste Ursache» brauche, um das Vorhandensein des Universums zu erklären. (Innerhalb des Universums erklärt man ein Ereignis immer als ursächliche Folge irgendeines früheren Ereignisses, doch das Vorhandensein des Universums ließe sich auf diese Weise nur erklären, wenn es einen Anfang hätte.) Ein anderes Argument trug Augustinus in seiner Schrift «Der Gottesstaat» vor. Unsere Kultur, schrieb er, entwickle sich ständig weiter, und wir erinnerten uns daran, wer diese Tat vollbracht und jene Technik entwickelt habe. Deshalb könne es den Menschen und vielleicht auch das Universum noch nicht allzu lange geben. Ausgehend von der Genesis, kam Augustinus zu dem Ergebnis, Gott habe die Welt ungefähr 5000 v.Chr. erschaffen.
    Aristoteles und die meisten anderen griechischen Philosophen dagegen fanden keinen Gefallen an der Vorstellung einer Schöpfung, weil sie zu sehr nach göttlicher Intervention aussah. Der Mensch und die Welt um ihn her hätten schon immer existiert, behaupteten sie, und daran werde sich auch nichts ändern. Sie hatten sich bereits mit dem oben beschriebenen Fortschrittsargument auseinandergesetzt und es entkräftet, indem sie erklärten, es sei immer wieder zu großen Überschwemmungen und anderen Katastrophen gekommen, die die Menschen stets gezwungen hätten, wieder am Punkt Null zu beginnen.
    Die Fragen, ob das Universum einen Anfang in der Zeit habe und ob es räumlich begrenzt sei, behandelte später Immanuel Kant ausführlich in seinem monumentalen (und schwer verständlichen) Werk «Kritik der reinen Vernunft», das 1781 erschien. Er bezeichnete diese Fragen als Antinomien (das heißt Widersprüche) der reinen Vernunft, weil nach seiner Meinung ebenso überzeugende Gründe für die These sprachen, das Universum habe einen Anfang, wie für die Antithese, daß es seit jeher existiere. Sein Argument für die These: Wenn das Universum keinen Anfang hätte, läge ein unendlicher Zeitraum vor jedem Ereignis. Das hielt er für absurd. Das Argument für die Antithese: Wenn das Universum einen Anfang hätte, läge ein unendlicher Zeitraum vor diesem Anfang. Warum aber sollte das Universum dann zu irgendeinem bestimmten Zeitpunkt begonnen haben? Kant bedient sich also des gleichen Argumentes, um These und Antithese zu begründen. Beide beruhen sie auf der stillschweigenden Voraussetzung, die Zeit reiche unendlich weit zurück, ganz gleich, ob das Universum einen Anfang habe oder nicht. Wie wir noch sehen werden, ist ein Begriff von Zeit vor Beginn des Universums sinnlos. Darauf hat schon Augustinus hingewiesen. Als er gefragt wurde: Was hat Gott getan, bevor er das Universum erschuf?, erwiderte er nicht: Er hat die Hölle gemacht, um einen Platz für Leute zu haben, die solche Fragen stellen. Seine Antwort lautete: Die Zeit sei eine Eigenschaft des von Gott geschaffenen Universums und habe vor dessen Beginn nicht existiert.
    Solange die meisten Menschen das Universum für weitgehend statisch und unveränderlich hielten, gehörte die Frage, ob es einen Anfang habe oder nicht, in den Bereich der Metaphysik und Theologie. Was man beobachtete, ließ sich mittels der Vorstellung von einem seit jeher existierenden Universum erklären wie anhand der Theorie, es sei zu einem bestimmten Zeitpunkt auf eine Weise in Bewegung gesetzt worden, daß es den Anschein ewigen Bestehens erwecke. Doch im Jahre 1929 machte Edwin Hubble die bahnbrechende Entdeckung, daß sich die fernen

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