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Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hawking
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vielleicht nur einem Phantom hinterher? Drei Möglichkeiten zeichnen sich ab:
     
1 . Es gibt wirklich eine vollständige vereinheitlichte Theorie, die wir eines Tages entdecken werden, wenn wir findig genug sind.
2 . Es gibt keine endgültige Theorie des Universums, nur eine unendliche Folge von Theorien, die das Universum von Mal zu Mal genauer beschreiben.
3 . Es gibt keine Theorie des Universums; Ereignisse können nicht über ein gewisses Maß an Genauigkeit hinaus vorhergesagt werden, jenseits dessen sie zufällig und beliebig auftreten.
    Manch einer wird der dritten Möglichkeit zuneigen, weil ein vollständiges System von Gesetzen Gottes Freiheit einschränken würde, seine Meinung zu ändern und in die Welt einzugreifen. Dies erinnert ein bißchen an das alte Paradoxon: Kann Gott einen Stein so schwer machen, daß er ihn nicht zu heben vermag? Doch der Gedanke, Gott könnte seine Meinung ändern, ist ein Beispiel für den Trugschluß, auf den Augustinus hingewiesen hat – die Vorstellung nämlich, Gott existiere in der Zeit. Die Zeit ist nur eine Eigenschaft des Universums, das Gott geschaffen hat. Vermutlich wußte er, was er vorhatte, als er es machte!
    Mit der Entwicklung der Quantenmechanik sind wir zu der Erkenntnis gekommen, daß sich Ereignisse nicht mit gänzlicher Genauigkeit vorhersagen lassen. Wenn man möchte, kann man dieses Zufallselement natürlich dem Eingreifen Gottes zuschreiben, doch es wäre eine sehr merkwürdige Form der Intervention: Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß sie irgendeinem Zweck dienen würde. Denn wäre das der Fall, könnte dieser Eingriff definitionsgemäß nicht zufällig sein. In neuerer Zeit haben wir die dritte Möglichkeit durch eine Neudefinition der wissenschaftlichen Zielsetzungen ausgeschlossen: Unsere Absicht ist es, ein System von Gesetzen zu formulieren, mit deren Hilfe wir Ereignisse nur innerhalb der Grenzen vorhersagen können, die durch die Unschärferelation gesetzt werden.
    Die zweite Möglichkeit – daß es eine unendliche Folge von immer genaueren Theorien gibt – deckt sich mit allen Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben. Immer wieder haben wir die Genauigkeit unserer Messungen verbessert oder eine neue Klasse von Beobachtungen erreicht, woraufhin wir neue Phänomene entdeckt haben, die von der vorhandenen Theorie nicht vorhergesagt wurden, und um sie zu erklären, mußten wir unsere Theorie abändern und weiterentwickeln. Deshalb wäre es keine große Überraschung, wenn die heutige Generation Großer Vereinheitlichter Theorien unrecht hätte mit ihrer Behauptung, daß nichts Wesentliches geschehen wird zwischen der elektroschwachen Vereinheitlichungsenergie von ungefähr hundert Gigaelektronenvolt (GeV) und der großen Vereinheitlichungsenergie von etwa einer Billiarde (tausend Millionen Millionen) GeV. Man könnte durchaus erwarten, neue Aufbauschichten der Materie zu entdecken, die noch elementarer sind als die heute als «Elementarteilchen» geltenden Quarks und Elektronen.
    Allerdings scheint es, als könnte die Gravitation dieser Folge von «Schachteln in Schachteln» ein Ende setzen. Hätte ein Teilchen eine Energie über der Grenze, die als Plancksche Energie bezeichnet wird – zehn Millionen Millionen Millionen GeV (eine 1 mit 19 Nullen) –, wäre seine Energie so konzentriert, daß es sich vom übrigen Universum trennen und ein kleines Schwarzes Loch bilden würde. Deshalb scheint die Folge von immer genaueren Theorien irgendwo ein Ende haben zu müssen, wenn wir zu immer höheren Energien greifen. Es müßte also eine endgültige Theorie des Universums geben. Natürlich ist die Plancksche Energie durch Welten getrennt von den etwa hundert GeV, die wir gegenwärtig in unseren Laboratorien erzeugen können. Wir werden in absehbarer Zukunft sicherlich nicht in der Lage sein, diesen Abstand mit Teilchenbeschleunigern zu überbrücken! In sehr frühen Stadien des Universums müßten jedoch solche Energien aufgetreten sein. Ich glaube, daß die Untersuchung des frühen Universums und die Forderung mathematischer Widerspruchsfreiheit gute Voraussetzungen dafür bieten, daß einige von uns noch eine vollständige vereinheitlichte Theorie erleben werden – immer vorausgesetzt, daß wir uns nicht vorher in die Luft jagen.
    Was würde es bedeuten, wenn wir tatsächlich die endgültige Theorie des Universums entdeckten? Wie im ersten Kapitel dargelegt, könnten wir nie ganz sicher sein, ob wir tatsächlich die richtige Theorie

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