Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
Großmut. Er sagte, er wolle unter den
englischen Gesetzen als Privatmann leben. Aber Napoleon hatte selbst im Leben
nicht allzu oft Großmut geübt. Nun erklärten ihn die Engländer als Gefangenen
und schickten ihn mit dem Schiff, auf das er sich begeben hatte, weit, weit auf
eine kleine, öde, einsame Insel im Ozean, auf St. Helena, damit er nie mehr
zurückkommen könne. Dort lebte er noch sechs Jahre machtlos und verlassen,
diktierte die Erinnerungen an all seine Taten und Siege und kämpfte mit dem
englischen Beamten, der ihm nicht einmal gestatten wollte, unbewacht auf der
Insel spazieren zu gehen. Das ist das Ende des kleinen, blassen Mannes mit der
größten Willenskraft und dem klarsten Geist, den je ein Herrscher gehabt hat.
Die großen Mächte der Vergangenheit aber, die alten frommen Fürstenhäuser,
herrschten nun wieder über Europa, und der ernste, strenge Metternich, der
Napoleons Hut nicht aufgehoben hatte, lenkte von Wien aus durch seine Gesandten
die Schicksale Europas und versuchte, die Revolution ungeschehen zu machen.
Mensch und Maschine
Metternich und die frommen Herrscher von Russland,
Österreich, Frankreich und Spanien konnten zwar die Formen der Zeit vor der
Französischen Revolution zurückrufen. Es gab wieder feierliche Höfe, an denen
sich die Adeligen mit großen Ordenssternen auf der Brust zeigten und großen
Einfluss hatten. Die Bürger durften nicht von Politik sprechen, und das war
manchen sehr recht. Sie beschäftigten sich mit ihrer Familie, mit Büchern und vor
allem mit Musik, denn in den letzten hundert Jahren war die Musik, die man
früher fast nur als Begleitung zu Tänzen, Liedern und heiligen Gesängen gekannt
hatte, zu der Kunst geworden, die den Menschen am allermeisten sagen konnte.
Aber diese Ruhe und Muße, die man die Zeit des Biedermeier nennt, war doch nur
die Vorderseite der Dinge. Einen Gedanken der Aufklärung konnte Metternich
nicht mehr verbieten, und er dachte auch gar nicht daran. Es war die Idee
Galileis von der vernünftigen, rechnerischen Betrachtung der Natur, die den
Menschen zur Zeit der Aufklärung so gefallen hatte. Und gerade diese heimliche
Seite der Aufklärung brachte die viel größere Revolution, die die alten Formen
und Einrichtungen viel wuchtiger zerschlug, als es die Pariser Jakobiner mit
ihrer Guillotine getan hatten.
Denn durch die rechnerische Beherrschung der Natur lernte man nicht nur
verstehen, wie es zuging, man lernte darüber hinaus auch ,sich die Kräfte
nutzbar zu machen, die man erkannt hatte. Man spannte die Naturkräfte ein, und
sie mussten für den Menschen arbeiten.
Die Geschichte all dieser Erfindungen ist nicht so einfach, wie man
sie sich oft vorstellt. Die meisten Dinge wurden oft als möglich erkannt, dann
versucht, erprobt, liegen gelassen, von irgendjemandem aufgegriffen, und dann
erst kam der sogenannte Erfinder, der Willenskraft und Ausdauer genug besaß,
den Gedanken zu Ende zu denken und allgemein verwendbar zu machen. So ging es
bei den Maschinen, die unser Leben verändert haben, bei Dampfmaschine,
Dampfschiff, Lokomotive und Telegraf, die alle zu Metternichs Zeiten wichtig
wurden.
Zuerst war die Dampfmaschine da. Der französische Gelehrte Papin
hatte schon um das Jahr 1700 Versuche dafür gemacht. Aber erst 1769 ließ der
englische Arbeiter Watt eine richtige Dampfmaschine patentieren. Zuerst
verwendete man sie hauptsächlich für Pumpen in Bergwerken, aber bald dachte man
auch an die Möglichkeit, Wagen oder Schiffe damit anzutreiben. Schon 1788 und
1802 machte ein Engländer einen Versuch mit Dampfschiffen, und 1803 baute der
amerikanische Mechaniker Fulton einen Raddampfer. Napoleon schrieb damals
darüber, »dass das Projekt imstande ist, das Aussehen der Welt zu verändern«.
1807 fuhr das erste Dampfschiff mit einem großen Schaufelrad unter Rattern,
Rauch und Lärm von New York nach einer Nachbarstadt.
Ungefähr zur selben Zeit versuchte man in England, auch Wagen mit
Dampf zu betreiben. Aber erst im Jahre 1802, als man die Eisenschienen erfunden
hatte, gelang eine brauchbare Maschine, und 1814 baute der Engländer Stephenson
seine erste richtige Lokomotive. 1821 bereits wurde die erste Eisenbahnlinie
zwischen zwei englischen Städten eröffnet, und zehn Jahre später gab es schon
in Frankreich, Deutschland, Österreich, Russland Eisenbahnen. Wieder zehn Jahre
später gab es kaum ein Land in Europa ohne große Eisenbahnstrecken. Die Linien
führten über Berge, durch Tunnels und über große
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