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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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dich.
Aber was soll meine Maschine tun, während du schläfst? Sie muss ja nicht schlafen!« – »Da kann ich meinen achtjährigen Buben herschicken«, sagte der Weber verzweifelt.
»Was soll ich ihm geben?« – »Gib ihm ein paar Kreuzer für ein Butterbrot.« – »Butter
ist überflüssig«, sagte vielleicht der Fabrikant. Und so war das Geschäft gemacht.
Aber die 95 übrigen arbeitslosen Weber mussten verhungern oder sehen, ob sie vielleicht
ein anderer Fabrikant nehmen würde.
    Nun musst du nicht glauben, dass wirklich alle Fabrikanten so
schlechte Kerle waren, wie ich es hier geschildert habe. Aber der schlechteste
Kerl, der am wenigsten zahlte, konnte am billigsten verkaufen, und so hatte er
den meisten Erfolg. Und darum mussten auch die anderen Menschen, gegen ihr Gewissen
und gegen ihr Mitleid, die Arbeiter ähnlich behandeln.

    Die Menschen wurden verzweifelt. Wozu etwas lernen, wozu sich um
schöne, feine Handarbeit bemühen? Die Maschine machte dasselbe in einem
Hundertstel der Zeit und oft noch gleichmäßiger und hundert Mal so billig. So
versanken die ehemaligen Weber, Schmiede, Spinner, Tischler in immer größeres
Elend und liefen von Fabrik zu Fabrik, ob man sie für ein paar Groschen dort
arbeiten ließe. Manche bekamen eine gewaltige Wut auf die Maschinen, die ihr Glück
zerstört hatten, stürmten die Fabriken und zerschlugen die mechanischen
Webstühle, aber es nutzte nichts. 1812 wurde in England auf die Zerstörung
einer Maschine die Todesstrafe gesetzt. Und dann kamen neue und bessere, die
nicht nur die Arbeit von 100, sondern von 500 Arbeitern leisten konnten und das
allgemeine Elend noch vergrößerten.
    Da gab es nun Menschen, die fanden, dass es so nicht weitergehen
könne. Dass es ungerecht sei, wenn ein Mensch nur deshalb, weil er eine
Maschine besaß, die er vielleicht geerbt hatte, alle anderen behandeln dürfe,
wie kaum ein Adeliger seine Bauern behandelt hat. Sie meinten, dass eben Dinge
wie Fabriken und Maschinen, deren Besitz eine so ungeheure Macht über das
Schicksal anderer Menschen bedeute, nicht Einzelnen gehören dürften, sondern
allen gemeinsam. Diese Meinung hieß Sozialismus. Man dachte sich viele
Möglichkeiten aus, wie man das Ganze ordnen könnte, um durch eine
sozialistische Arbeitsweise das Elend der verhungernden Arbeiter zu beseitigen.
Man dachte, man müsste ihnen eben nicht die Löhne geben, die ihnen der einzelne
Fabrikant bewilligte, sondern einen Anteil an dem großen Gewinn des
Fabrikanten.
    Von diesen Sozialisten, deren es in Frankreich und England um 1830
viele gab, wurde besonders ein Gelehrter aus Trier in Deutschland berühmt, der
zu dieser Zeit in Frankreich lebte und Karl Marx hieß. Seine Meinung war ein
bisschen anders. Er lehrte: Es nützt nichts, sich auszudenken, wie es sein
könnte, wenn die Maschinen den Arbeitern gehörten. Die Arbeiter müssten sie
sich eben erkämpfen. Freiwillig würde ihnen der Fabrikant nie seine Fabrik
schenken. Um sie aber zu erkämpfen, sei es nutzlos, wenn einige Arbeiter sich
zusammenrotteten, um einen Webstuhl zu zerschlagen, der nun einmal erfunden
sei. Alle müssten zusammenhalten. Wenn die hundert Weber nicht jeder für sich
Arbeit gewollt hätten, wenn sie sich vorher verabredet hätten: Wir gehen nicht
für länger als für zehn Stunden in die Fabrik, und wir verlangen zwei Laib Brot
und zwei Kilogramm Kartoffeln für jeden, dann hätte es der Fabrikant geben
müssen. Zwar, das allein hätte vielleicht noch nicht ausgereicht, denn für die
Webmaschinen brauchte er keinen gelernten Weber mehr, sondern nur irgendeinen,
der um jeden Preis arbeitswillig war, weil er nichts hatte. Darauf also kam es
an, dass diese alle sich zusammentäten, lehrte Marx. Schließlich hätte der
Fabrikant einfach niemanden gefunden, der es billiger getan hätte. Also
verabreden müssten sich die Arbeiter! Und nicht nur die Arbeiter einer Gegend.
Auch nicht einmal nur die Arbeiter eines Landes, sondern die Arbeiter der
ganzen Welt sollten sich vereinigen. Dann würden sie so stark sein, nicht nur
zu sagen, was man ihnen zahlen solle, sondern auch schließlich die Fabriken und
Maschinen selbst in Besitz zu nehmen und so eine Welt schaffen, in der es keine
Besitzer und keine Besitzlosen mehr geben würde.
    Denn wie die Dinge jetzt stünden, lehrte Marx, gäbe es ja eigentlich
keine Weber, Schuster oder Schmiede mehr. Der Arbeiter braucht gar nicht zu
wissen, was die Maschine erzeugt, an der er täglich 2000-mal einen

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