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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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Wirklich
stellte er noch ein gewaltiges Heer junger Leute zusammen. Es waren die letzten
Männer, Frankreichs Jugend, die er jetzt gegen die unterworfenen Völkerschaften
schickte. So zog er nach Deutschland. Der Kaiser von Österreich schickte seinen
Kanzler, Metternich, zu ihm, um mit ihm über einen Frieden zu verhandeln.
Metternich sprach damals einen ganzen Tag mit Napoleon. Er sagte zu ihm: »Wenn
diese jugendliche Armee, die Sie heute unter die Waffen rufen, dahingerafft
sein wird, was dann?« Als Napoleon diese Worte hörte, übermannte ihn der Zorn,
er wurde bleich, und seine Züge verfärbten sich: »Sie sind kein Soldat«, fuhr
er Metternich an, »und wissen nicht, was in der Seele eines Soldaten vorgeht.
Ich bin im Felde aufgewachsen, und ein Mann wie ich pfeift auf das Leben von
einer Million Menschen.« Mit diesem Ausruf, so erzählte Metternich später, warf
er seinen Hut in die Ecke des Zimmers.
    Metternich hob ihn nicht auf. Er blieb ganz ruhig und sagte: »Warum
haben Sie mich gewählt, um mir das zwischen vier Wänden zu sagen? Öffnen Sie
die Türen, und mögen Ihre Worte von einem Ende Frankreichs zum anderen
ertönen.« Napoleon ging auf die Friedensbedingungen des Kaisers nicht ein. Er
sagte zu Metternich, er müsse siegen, sonst könne er nicht Kaiser der Franzosen
bleiben. So kam es 1813 in Deutschland bei Leipzig zur Schlacht, in der das
Heer Napoleons gegen seine verbündeten Feinde kämpfte. Am ersten Tage hielt
sich Napoleon. Als aber am zweiten die bayerischen Truppen, die auf der Seite
Napoleons gestanden hatten, ihn plötzlich verließen, verlor er die Schlacht und
musste fliehen. Auf der Flucht schlug er noch ein großes Heer der Bayern, das
ihn verfolgte, und zog nach Paris.
    Er hatte recht gehabt: Da er geschlagen war, setzten ihn die Franzosen
ab. Man gab ihm die kleine Insel Elba als Herzogtum, und dorthin zog er sich zurück.
Die Fürsten und Kaiser aber, die ihn geschlagen hatten, kamen 1814 in Wien zusammen,
um zu beraten und Europa unter sich zu verteilen. Die Grundsätze der Aufklärung,
die Lehre von der Freiheit des Menschen, schien ihnen die Ursache all der Unordnung
und der Opfer, die die Kämpfe der Revolution und Napoleon für Europa bedeutet hatten.
Sie wollten die ganze Revolution ungeschehen machen. Besonders Metternich wollte,
dass alles so werden solle, wie es vor der Revolution gewesen war, und dass sich
nie mehr ein ähnlicher Umsturz ereignen könne. Darum war es ihm besonders wichtig,
dass man nichts in Österreich druckte oder schrieb, was nicht von der Regierung
und dem Kaiser genehmigt war.
    In Frankreich wurde die Revolution ganz ausgelöscht. Der Bruder des
geköpften Ludwig XVI. kam als Ludwig XVIII. auf den Thron. (Als Ludwig XVII.
zählt man den Sohn Ludwigs XVI., der schon während der Revolution starb.)
Dieser neue Ludwig herrschte mit seinem Hof in Frankreich, wie wenn die 26 Jahre
Revolution und Kaisertum nie gewesen wären, mit demselben Pomp und mit
demselben Unverstand wie sein unglücklicher Bruder. Die Franzosen waren sehr
unzufrieden. Als Napoleon das hörte, verließ er 1815 heimlich die Insel Elba
und landete mit ein paar Soldaten in Frankreich. Ludwig schickte ihm seine
Armee entgegen. Als die Soldaten aber Napoleon sahen, gingen sie alle zu ihm
über. Und dasselbe taten auch alle anderen Soldaten. In wenigen Tagen zog er im
Triumph als Kaiser nach Paris, und König Ludwig XVIII. floh.
    Die Fürsten, die noch immer in Wien berieten, waren entsetzt. Man
erklärte Napoleon für einen Feind der Menschheit. Unter dem Oberbefehl des
englischen Herzogs von Wellington versammelte sich ein Heer in Belgien, das
hauptsächlich aus Engländern und Deutschen bestand. Napoleon zog sofort gegen
sie. Bei dem Ort Waterloo kam es zu einer furchtbaren Schlacht. Schon schien
es, als ob Napoleon wieder gesiegt habe, da zeigte es sich, dass einer seiner
Generäle einen Befehl nicht verstanden hatte und in eine falsche Richtung
marschiert war. Der Befehlshaber der Preußen, General Blücher, sammelte sein
erschöpftes und geschlagenes Heer. Er sagte: »Es geht eigentlich nicht, aber es
muss doch gehen«, und führte die Truppen am Abend wieder in den Kampf. So wurde
Napoleon das letzte Mal geschlagen. Er floh mit seinem Heer, wurde wieder
abgesetzt und musste Frankreich verlassen.
    Nun flüchtete er auf ein englisches Schiff und begab sich damit
freiwillig in die Gewalt seiner ältesten Feinde, der Einzigen, die er nie
besiegt hatte. Er hoffte auf ihren

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