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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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hatte er keine Angst, auch wenn sie noch so
groß waren. Er zog ihnen entgegen und schlug die verbündeten feindlichen
Truppen im Winter 1805 bei dem mährischen Ort Austerlitz vollständig. Jetzt war
Napoleon Herr über fast das ganze Europa. Er schenkte jedem seiner Verwandten,
sozusagen als kleines Andenken, ein Königreich. Sein Stiefsohn bekam Italien,
sein älterer Bruder Neapel, sein jüngerer Bruder Holland, sein Schwager einen
Teil von Deutschland, seine Schwestern Herzogtümer in Italien. Es war eine ganz
schöne Laufbahn für die Familie des korsischen Advokaten, die kaum 20 Jahre
früher noch auf ihrer fernen Insel um den spärlich gedeckten Mittagstisch
gesessen hatte.
    Auch in Deutschland hatte Napoleon alle Macht, denn die deutschen
Fürsten, denen der Kaiser in Wien schon längst nichts mehr zu sagen hatte,
verbündeten sich nun mit dem mächtigen Napoleon. Daraufhin legte Kaiser Franz
1806 den Titel eines deutschen Kaisers ab. Es ist das Ende des Heiligen
Römischen Reiches Deutscher Nation, das mit der Krönung Karls des Großen in Rom
begonnen hat. Franz von Habsburg nannte sich nun nur mehr Kaiser von
Österreich.
    Bald zog Napoleon auch gegen die Hohenzollern und schlug die
preußischen Heere in wenigen Tagen vollständig. Er zog 1806 in Berlin ein und
erließ von dort seine Gesetze an Europa. Vor allem befahl er, dass niemand mehr
in ganz Europa Waren von Frankreichs Feinden, den Engländern, kaufen oder etwas
an sie verkaufen dürfe. Man nannte das die Kontinentalsperre. Er wollte England
auf diese Weise zugrunde richten, da er keine Flotte hatte, um dieses mächtige
Land militärisch zu besiegen. Als sich die Staaten wehrten, zog er noch einmal
nach Deutschland und kämpfte gegen die Russen, die sich mit den Preußen
verbündet hatten. Nun konnte er (1807) auch seinem jüngsten Bruder einen Teil
Deutschlands als Königreich geben.
    Jetzt kam Spanien an die Reihe. Er eroberte es und gab es seinem
Bruder Josef als Königreich; Neapel bekam dafür jetzt einer seiner Schwäger.
Aber endlos lassen sich die Völker nicht als Familiengeschenke behandeln. Die
Spanier waren die ersten, die sich seit 1808 die Herrschaft der Franzosen nicht
gefallen ließen. Sie kämpften nicht in regelrechten Schlachten, aber das ganze
Volk war ständig im Kampf und ließ sich nicht zur Ruhe bringen, soviel
Grausamkeiten die französischen Soldaten auch verübten. Der Kaiser von
Österreich wollte sich ebenfalls Napoleons Befehlston nicht länger gefallen
lassen. Es kam 1809 zu einem neuen Krieg. Napoleon rückte mit seinem Heer gegen
Wien. Zwar wurde er in der Nähe von Wien, bei Aspern, durch den mutigen
Feldherrn Erzherzog Karl das erste Mal im Leben geschlagen, aber wenige Tage
darauf schlug er das österreichische Heer bei Wagram vollständig. Er zog in
Wien ein, wohnte im kaiserlichen Schloss Schönbrunn und zwang Kaiser Franz
sogar, ihm seine Tochter zur Frau zu geben. Das war kein leichter Entschluss
für einen Habsburgerkaiser, dessen Familie schon mehr als 500 Jahre in Wien
herrschte. Denn Napoleon entstammte keiner Fürstenfamilie, sondern eigentlich
ein kleiner Leutnant, der nur durch seine unerhörte Begabung der Herr und
Befehlshaber von Europa geworden war.
    Dem Sohn, den die Kaiserin Luise ihm gebar, gab Napoleon 1811 den
Titel »König von Rom«. Sein Reich war jetzt schon viel größer, als das Karls des
Großen gewesen war. Denn all die Königreiche seiner Geschwister und Generale
bestanden ja nur dem Namen nach. Er schrieb ihnen grobe Briefe, wenn ihm ihr
Benehmen nicht gefiel. Seinem Bruder, dem König von Westfalen, schrieb er zum
Beispiel: »Ich habe Deinen Tagesbefehl an die Soldaten gesehen, der Dir das
Gelächter von Deutschland, Österreich und Frankreich eintragen wird. Hast Du
denn keinen Freund in Deiner Nähe, der Dir einige Wahrheiten sagt? Du bist
König und Bruder des Kaisers. Im Krieg sind das nur komische Eigenschaften. Da
muss man Soldat sein, wieder Soldat und nochmals Soldat. Man darf keine
Minister, keine Gesandten, keinen Prunk haben, man muss mit seinem Vortrupp im
Lager übernachten, Tag und Nacht zu Pferd sein, mit dem Vortrupp marschieren,
um Nachrichten zu haben.« Der Brief schließt: »– Und hab, zum Teufel, Geist
genug, anständig zu schreiben und zu sprechen!« So behandelte der Kaiser seine Brüder,
die Könige von Europa. Aber die Völker behandelte er noch schlechter. Was sie
dachten und was sie fühlten, war ihm gleichgültig. Wenn sie ihm nur Geld und
vor allem

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