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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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Frontsoldaten im Stich zu lassen. Worauf es nun ankam, so glaubte Hitler,
war, die andern noch an Propagandakünsten zu übertreffen. Er war ein
mitreißender Volksredner, und die Massen strömten ihm zu. Er wusste vor allem,
dass nichts wirksamer ist, um die Menschen aufzuputschen, als wenn man ihnen
einen Sündenbock vorführt, der an ihrem Elend schuld sei, und diesen Sündenbock
fand er in den Juden.
    Das Schicksal dieses uralten Volkes ist ja auch mehrfach in diesem
    Buch erwähnt worden; es ist von ihrer freiwilligen Absonderung die Rede (im Kapitel »Vom einzigen Gott«), von ihrer Heimatlosigkeit nach der Zerstörung von Jerusalem (im Kapitel »Die Frohe Botschaft«) und
    auch von Judenverfolgungen im Mittelalter (im Kapitel »Von den Städten und ihren Bürgern«). Aber obwohl ich selbst
aus einer jüdischen Familie stamme, war es mir nie in den Sinn gekommen, dass
sich diese Schrecken in meiner Zeit wiederholen könnten.
    Hier muss ich offenkundig einen weiteren Irrtum erwähnen, den ich in
diese Geschichte einfließen ließ und der vielleicht gar nicht zu meiner Schande
gereicht. Es steht nämlich im Kapitel »Die wirklich neue Zeit« zu lesen, dass die
»wirklich neue Zeit« erst anfing, als die Gedanken der Menschen sich von der Brutalität
früherer Zeiten abwandten und die Ideen und Ideale der sogenannten Aufklärung im
18. Jahrhundert so allgemein wurden, dass man sie von da an für selbstverständlich
hielt. Als ich das schrieb, schien es mir wirklich undenkbar, dass man sich je wieder
erniedrigen könnte, Andersgläubige zu verfolgen, Geständnisse auf der Folter zu
erpressen oder gar die Menschenrechte zu leugnen. Aber was mir damals undenkbar
vorkam, ist eben doch geschehen. So ein trauriger Rückschritt scheint kaum verständlich
zu sein, und doch ist er vielleicht für junge Menschen nicht schwerer zu verstehen
als für Erwachsene. Sie brauchen dazu nur in der Schule ihre Augen offen zu
halten; Schulkinder sind ja schließlich oft unduldsam, sie lachen zum Beispiel ihre
Lehrer aus, nur weil sie irgendein unmodernes Kleidungsstück tragen, das der Klasse
komisch vorkommt, und wenn sie dann den Respekt verlieren, ist bald der Teufel los.
Und wenn gar ein Mitschüler sich ein wenig von den andern unterscheidet, ob es nun
durch die Haut- oder Haarfarbe ist oder durch seine Art zu sprechen oder zu essen,
wird er leicht zum Opfer; er wird bis aufs Blut gequält und muss es sich gefallen
lassen. Dabei sind gewiss nicht alle in der Klasse besonders grausam oder unbarmherzig,
aber niemand will gern ein Spaßverderber sein, und so machen die meisten mehr oder
weniger mit und johlen, weil die andern johlen, bis sie sich beinahe selbst
nicht mehr erkennen.
    Leider benehmen sich auch erwachsene Menschen nicht besser.
Besonders wenn sie keine andere Beschäftigung haben und es ihnen schlecht geht – oder auch wenn sie nur glauben, dass es ihnen schlecht geht –, schließen sie
sich mit wirklichen oder vermeintlichen Leidensgenossen zusammen, ziehen im
Gleichschritt durch die Straßen und wiederholen im Sprechchor die unsinnigsten
Schlagworte, wobei sie sich noch dazu sehr großartig vorkommen. Ich habe selbst
die Anhänger Hitlers in ihren Braunhemden die jüdischen Studenten der Wiener
Universität überfallen sehen, und als ich dieses Buch schrieb, hatte Hitler
schon in Deutschland die Macht übernommen. Es schien nur mehr eine Frage der
Zeit, dass auch die Regierung in Österreich der Übermacht zum Opfer fallen
würde, und so war es natürlich ein Glück für mich, dass ich gerade damals nach
England eingeladen wurde, bevor Hitlers Truppen im März 1938 in Österreich
einmarschierten und auch bei uns, wie in Deutschland, jeder in Gefahr war, der
nicht statt »Guten Tag« oder »Grüß Gott« »Heil Hitler« sagen wollte.
    Es stellt sich in einer solchen Lage nur zu bald heraus, dass es für
die Anhänger einer derartigen Bewegung nur ein Verbrechen geben kann: das der Treulosigkeit
gegenüber ihrem sogenannten Führer, und nur eine Tugend: den unbedingten Gehorsam.
Jeder Befehl, der den Sieg näherbringen könnte, muss befolgt werden, auch wenn er
die Gebote der Menschlichkeit missachtet. Gewiss hat es früher in der Geschichte
Ähnliches gegeben, und von manchem habe ich in diesem Buch geschrieben, etwa von
den ersten Anhängern Mohammeds im Kapitel »Es ist kein Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet«. Auch den Jesuiten hat man nachgesagt,
es gehe ihnen der Gehorsam über alles. Den Sieg

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