Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
Babylon und von Persien üblich waren. Man mußte vor ihm auf die
Knie fallen und mit ihm sprechen, als wäre er wirklich ein Gott. Er heiratete
auch, wie die orientalischen Könige, mehrere Frauen, darunter die Tochter des
Perserkönigs Dareios, um dessen richtiger Nachfolger zu werden. Denn er wollte
ja nicht ein fremder Eroberer bleiben, er wollte die Weisheit und die
Reichtümer des Ostens mit der Klarheit und Beweglichkeit seiner Griechen
verschmelzen zu etwas ganz Neuem und Wunderbarem.
Das gefiel aber den Griechen nicht. Erstens wollten sie, die
Eroberer, auch die einzigen Herren bleiben. Zweitens wollten sie als freie,
freiheitsgewohnte Menschen sich vor niemandem zur Erde werfen. Sie nannten das
»anhündeln«. So wurden seine griechischen Freunde und Soldaten immer
aufsässiger, und er musste sie nach Hause schicken. Sein großes Werk der
Verschmelzung beider Völker wollte nicht gelingen, obwohl er 10 000
makedonischen und griechischen Soldaten, die Perserinnen heirateten, eine
reiche Mitgift schenkte und für sie ein großes Fest gab.
Er hatte große Pläne. Städte wie Alexandria in Ägypten wollte er
noch viele gründen. Er wollte Straßen bauen lassen und gegen den Willen der
Griechen durch seine Kriegszüge die Welt auf Dauer umwandeln. Denn denk dir,
wenn damals schon ständige Post von Indien bis Athen gegangen wäre! Aber mitten
in solchen Plänen starb er, im Sommerpalast des Nebukadnezar. In einem Alter,
in dem die meisten Leute erst anfangen, Leute zu werden. Mit 32 Jahren, im
Jahre 323 vor Christi Geburt.
Auf die Frage, wer denn sein Nachfolger werden solle, hat er im
Fieber geantwortet: »Der Würdigste«. Den gab es aber nicht. Alle die Feldherren
und Fürsten seiner Umgebung waren ehrgeizige, verschwenderische, gewissenlose
Leute. Sie stritten um das Weltreich, bis es zerfiel. So herrschte dann eine
Feldherrnfamilie in Ägypten, das waren die Ptolemäer, eine in Mesopotamien, die
Seleukiden, und eine in Kleinasien, die Ataliden. Indien ging ganz verloren.
Aber wenn auch das Weltreich in Scherben gegangen ist, Alexanders
Plan hat sich doch langsam erfüllt. Griechische Kunst und griechischer Geist
sind nach Persien gedrungen und weiter bis nach Indien und sogar bis nach
China. Und die Griechen haben gelernt, dass Athen und Sparta noch nicht die
Welt sind. Dass es für sie wichtigere Aufgaben gab als den ewigen Streit
zwischen Doriern und Ioniern. Und gerade seit sie ihr bisschen politische Macht
ganz verloren hatten, wurden die Griechen Träger der größten geistigen Macht,
die es gegeben hat, der Macht, die man griechische Bildung nennt. Weißt du, was
die Festungen dieser Macht waren? Die Bibliotheken. In Alexandria zum Beispiel
gab es so eine griechische Bibliothek, die bald 700 000 Bücherrollen besaß.
Diese 700 000 Bücherrollen waren die griechischen Soldaten, die nun die Welt
eroberten. Und dieses Weltreich steht noch heute.
Von neuen Kämpfern und Kämpfen
Alexander ist nur nach Osten gezogen. – »Nur« ist da
allerdings nicht ganz das richtige Wort! Aber was westlich von Griechenland
lag, das hat ihn nicht gelockt. Das waren ein paar phönizische und griechische
Kolonien und einige dicht bewaldete Halbinseln mit harten, armen, kriegerischen
Bauernvölkern. Eine dieser Halbinseln war Italien und eines der Bauernvölker
die Römer. Zur Zeit Alexanders des Großen war das Römische Reich noch ein
kleiner Landfleck in der Mitte Italiens. Rom war eine kleine, winkelige Stadt
mit festen Mauern, Roms Bewohner aber ein stolzes Volk. Sie erzählten viel und
gern von ihrer großen Geschichte und glaubten an ihre große Zukunft. Ihre
Geschichte ließen sie womöglich bei den alten Trojanern anfangen. Ein
geflohener Trojaner, Aeneas, so erzählten sie gerne, ist nach Italien gekommen.
Unter seinen Nachkommen war das Zwillingspaar Romulus und Remus, das den
Kriegsgott Mars zum Vater hatte und das von einer richtigen wilden Wölfin im
Wald gesäugt und aufgezogen wurde. Romulus, so geht die Sage dann weiter, hat
Rom gegründet. Man nennt sogar das Jahr: 753 vor Christus. Von diesem Jahr an
rechneten die Römer später, so wie die Griechen nach Olympiaden. Sie sagten: im
so-und-so-vielten Jahr nach der Gründung der Stadt; danach entsprach zum Beispiel
das römische Jahr 100 nach unserer Zeitrechnung dem Jahr 653 vor Christus.
Aus der Vorzeit ihrer kleinen Stadt wussten die Römer noch viele schöne
Geschichten von gütigen und von bösen Königen, die dort geherrscht hatten, und
von
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