Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
allerdings Griechenland
gar nicht unterjochen oder ausplündern. Er hatte etwas ganz anderes vor: Er wollte
aus Griechen und Makedoniern ein großes Heer bilden und damit nach Persien ziehen,
um es zu erobern.
Das war damals nicht mehr so unmöglich, wie es zur Zeit der Perserkriege
gewesen wäre. Denn die persischen Großkönige waren längst nicht mehr so tüchtig
wie Dareios I. oder so mächtig wie Xerxes. Sie überwachten längst nicht mehr selbst
ihr ganzes Land, sondern sie waren schon zufrieden, wenn ihre Satrapen ihnen möglichst
viel Geld aus den Provinzen schickten. Damit bauten sie sich herrliche Paläste und
hielten einen prunkvollen Hofstaat mit goldenem Tafelgeschirr und vielen prächtig
gekleideten Sklaven und Sklavinnen. Sie aßen gern gut und tranken gern noch besser.
Und die Satrapen trieben es ähnlich. Ein solches Reich, so dachte König Philipp,
kann nicht sehr schwer zu erobern sein. Aber er wurde ermordet, ehe er mit den
Vorbereitungen für den Kriegszug fertig war.
Sein Sohn, der also ganz Griechenland von ihm erbte und die Heimat
Makedonien dazu, war damals kaum 20 Jahre alt. Er hieß Alexander. Alle Griechen
dachten, sie könnten sich jetzt leicht befreien, denn mit so einem jungen
Burschen, meinten sie, würden sie schon fertig werden. Aber Alexander war kein
gewöhnlicher junger Bursche. Er wäre sogar lieber noch früher auf den Thron
gekommen. Man erzählt, dass er als Kind jedes Mal geweint habe, wenn sein
Vater, König Philipp, eine neue Stadt in Griechenland eingenommen hatte. »Der
Vater wird mir nichts mehr zum Erobern lassen, wenn ich einmal König bin.« Nun
hatte er ihm alles überlassen. Eine griechische Stadt, die sich befreien
wollte, wurde, als warnendes Beispiel für alle, zerstört und die Einwohner als
Sklaven verkauft. Dann hielt Alexander in der griechischen Stadt Korinth eine
Versammlung aller griechischen Führer ab, um den Zug nach Persien mit ihnen zu
besprechen.
Nun musst du wissen, dass der junge König Alexander nicht nur ein mutiger,
ehrgeiziger Krieger war, sondern auch ein sehr schöner Mann mit langen, lockigen
Haaren, der noch dazu alles wusste, was man damals überhaupt wissen konnte. Er hatte
nämlich den berühmtesten Lehrer gehabt, der damals auf der Welt aufzutreiben war:
den griechischen Philosophen Aristoteles. Was das bedeutet, kannst du dir ungefähr
vorstellen, wenn ich dir sage, dass Aristoteles nicht nur der Lehrer Alexanders,
sondern eigentlich der Lehrer der Menschen durch zwei Jahrtausende gewesen ist.
Wenn in den folgenden zwei Jahrtausenden Menschen über irgendeinen Punkt uneinig
waren, haben sie in den Schriften des Aristoteles nachgeschaut. Er war der Schiedsrichter.
Was dort stand, musste wahr sein. Er hatte auch wirklich alles gesammelt, was man
in seiner Zeit wissen konnte. Er hat über Naturgeschichte geschrieben, über die
Sterne, Tiere und Pflanzen, er hat über Geschichte geschrieben und über das Zusammenleben
der Menschen im Staat (die Politik), über das richtige Denken, das griechisch Logik
heißt, sowie über das richtige Handeln, das griechisch Ethik heißt; er hat über
Dichtkunst geschrieben und was an ihr schön ist und schließlich auch seine Gedanken
über Gott, der unbeweglich und unsichtbar über dem Sternenhimmel schwebt.
All das lernte also Alexander, und er war sicher ein guter Schüler.
Am liebsten las er in den alten Heldenliedern des Homer, man erzählt, dass er
sie sogar nachts unter sein Kopfkissen legte. Dabei war er durchaus kein
Büchermensch, sondern ein großartiger Sportsmann. Besonders im Reiten war ihm
niemand überlegen. Sein Vater hatte einmal ein besonders schönes, wildes Pferd
gekauft, das niemand bändigen konnte. Es hieß Bukephalus. Jeden warf es ab.
Aber Alexander merkte, woher das kam: Dieses Pferd fürchtete sich vor seinem
eigenen Schatten. Darum drehte Alexander es gegen die Sonne, sodass es seinen
Schatten am Boden nicht sah, streichelte es, schwang sich hinauf und ritt
darauf herum unter dem Beifall des ganzen Hofes. Bukephalus blieb dann sein
Lieblingspferd.
Wie nun Alexander vor den griechischen Führern in Korinth erschien,
waren alle von ihm begeistert, und alle sagten ihm die freundlichsten Sachen.
Nur einer nicht. Das war ein komischer Sonderling, ein Philosoph namens
Diogenes. Der hatte Ansichten, die denen des Buddha nicht ganz unähnlich waren.
Was man besitzt und was man braucht, war seine Meinung, stört einen nur im
Nachdenken und im einfachen Wohlbehagen. So hatte er
Weitere Kostenlose Bücher