Eine Lady zu gewinnen ...
vorauseilte. Warum wollte er plötzlich heiraten? Und warum ausgerechnet sie?
Sie glaubte keine Sekunde daran, dass er tatsächlich Wiedergutmachung leisten wollte. Seit den Briefen, die er kurz nach Rogers Tod an Poppy geschrieben hatte, hatte er keinen weiteren Versuch dazu mehr unternommen. Und sein Angebot, sich in die lebenslangen Fesseln einer Ehe legen zu lassen, war doch eine sehr extreme Form der Wiedergutmachung. Nein, es musste irgendeinen versteckten Grund geben. Sie wusste nur noch nicht, welchen.
Auch wenn es darauf im Grunde gar nicht ankam. Sie würde ihn auf keinen Fall heiraten.
»Sosehr mir Ihre Sorge um mein Wohl auch schmeichelt, Sir«, sagte sie in schneidendem Ton, »fürchte ich doch, dass ich Ihr Angebot ablehnen muss. Das Einzige, was ich von Ihnen will, ist, dass Sie gegen mich in einem Kutschenrennen antreten. Wenn Sie daran kein Interesse haben, sehe ich keinen Grund, unsere Unterhaltung fortzusetzen.«
In Lord Gabriels Miene spiegelte sich Enttäuschung, und sie registrierte es mit boshafter Befriedigung.
Gott sei Dank näherte sich der Tanz dem Ende. Sie würde Pierce suchen und nach Hause fahren, da sie nun wusste, dass die Einladung zum Ball nur eine List Lord Gabriels gewesen war.
»Was wäre, wenn ich in einem anderen Rennen gegen Sie antrete?«, fragte er in die letzten Klänge des Walzers hinein. »Nicht dort, wo Ihr Bruder umgekommen ist, sondern auf einer anderen Strecke.«
Sie starrte ihn überrascht an. »Ein Kutschenrennen?«, fragte sie, um sicherzugehen, dass sie ihn richtig verstanden hatte.
Er geleitete sie von der Tanzfläche und legte dabei seine Hand auf die ihre. »Sie gegen mich. Sollten Sie gewinnen, dann erfülle ich Ihren Wunsch und trete in Turnham Green gegen Sie an.« Er lächelte sie herausfordernd an. »Aber wenn ich gewinne, darf ich Ihnen den Hof machen.«
Sie atmete tief durch. Vielleicht würde sie am Ende doch noch ihr Rennen in Turnham Green bekommen. Wenn sie das erste Rennen, das er vorschlug, gewann.
»Sie dürfen sich sogar die Strecke aussuchen«, sagte er.
Das Herz schlug ihr bis zum Halse. Wenn sie die Strecke auswählen konnte, dann erhöhte sich ihre Chance, zu gewinnen, nochmals. Und wäre es nicht grandios, ihn zweimal hintereinander zu schlagen, besonders nach all seinem anmaßenden Gerede über eine Heirat. Er würde seinen Freunden nie wieder in die Augen sehen können!
»Jede Strecke, die mir beliebt?«, fragte sie.
Er nickte. »Sogar die Strecke, auf der sie Letty Lade geschlagen haben.«
Ausgeschlossen. Gegen Lady Lade war sie auf Waverly Farm angetreten, als die Lades zu Besuch waren, um eine Stute von einem von Poppys Hengsten decken zu lassen. Sie und Lady Lade waren auf einem Feldweg, der nur eine Meile lang war, gegeneinander angetreten. Den berühmten Todesengel auf einer so einfachen Strecke herauszufordern wäre peinlich gewesen.
Doch im selben Augenblick kam ihr eine andere Idee. »Was ist mit der Strecke in der Nähe von Ealing, auf der Sie und Roger sich damals ständig Rennen geliefert haben?« Die kannte sie in- und auswendig. Roger hatte sie immer dorthin mitgenommen, um Übungsrennen gegen sie zu fahren.
Er zog eine Augenbraue hoch. »Sie kennen die Strecke?«
Sie tat unbeteiligt. »Roger sprach ständig von seinen Rennen gegen Sie. Es verdross ihn, dass er Sie nicht öfter geschlagen hat.«
»Er hat mich oft genug geschlagen«, erwiderte Lord Gabriel knapp.
Nur nicht, als es darauf ankam.
Auf der anderen Seite des Ballsaals stand Pierce mit zwei Bechern Punsch und beobachtete sie mit grimmigem Blick.
Sie beachtete ihn nicht. »Also abgemacht? Wir treten auf der Strecke bei Ealing gegeneinander an?«
Lord Gabriels Blick bohrte sich mit beunruhigender Intensität in den ihren. »Akzeptieren Sie meine Bedingungen?«
Sie zögerte. Wie hätte sie sein Angebot ausschlagen können? Es spielte keine Rolle, dass zu seinen Bedingungen gehörte, ihr den Hof machen zu dürfen – sie würde das Rennen gewinnen. Ihre Pferde kannten die Strecke im Schlaf. Sein Gespann mochte schnell sein, aber ihres war auch nicht langsam, und sie hatte den Vorteil, dass sie kleiner und leichter war als er.
»Ich akzeptiere Ihre Bedingungen.«
Ein Lächeln, das ihr den Atem nahm, erhellte sein Gesicht. Wenn er wollte, konnte er wirklich beängstigend gut aussehen.
»Sehr gut«, sagte er, »die Strecke bei Ealing. Wäre ihnen dieser Freitag recht, oder ist das zu früh?«
Damit hatte sie kaum mehr als drei Tage Zeit, sich
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