Eine Leiche im Badehaus
in die Hand«, höhnte Aelianus.
»Meine Schwester kennt sich allerdings mit Ringkämpfen aus«, bemerkte ich, als Maia ihren Retter beiseite stieß und weinend auf die Knie sank.
Während Maia schluchzte, ließ mich etwas an Helenas ruhiger Art, mit der sie Maia tröstete, innehalten. Ich hatte erwartet, dass meine Geliebte sich an mich wenden und mich anweisen würde, das Problem zu lösen, bevor es zu spät war.
Ich lehnte mich über die Reling und schaute zurück zum Kai. Da waren in der Tat Maias vier Kinder. Marius, Cloelia und Ancus standen in einer Reihe beisammen und schienen uns gelassen nachzuwinken. Rhea war auf Petronius Longus’ Armen, als sollte sie einen besseren Ausblick darauf bekommen, wie ihre Mutter entführt wurde. Ein zusätzlicher kleiner Punkt musste Marius’ Welpe sein, der ruhig an seiner Leine dasaß. Petronius, der ein Boot hätte organisieren können, das hinter uns herjagte, stand einfach nur da.
»Meine Kinder! Bringt mich zurück zu meinen Kindern! Meine Lieblinge, was wird nur ohne mich aus ihnen werden? Sie werden vor Angst vergehen …«
Die ordentlich aufgereihten kleinen Gestalten wirkten ziemlich gelassen.
Aelianus beschloss, den Helden zu spielen. Pflichtbewusst sauste er los, um mit dem Kapitän zu verhandeln. Ich wusste, dass der Mann nicht umkehren würde. Justinus fing meinen Blick auf, und wir beide blieben, wo wir waren, mit angemessen besorgtem Gesichtsausdruck. Ich nehme an, er erkannte, was ich dachte. Vielleicht war er an dem Komplott sogar beteiligt gewesen. Die Sache war von langer Hand vorbereitet worden. Einer der Gründe, warum der Kapitän nicht umkehren würde, lag darin, dass jemand ihn dafür bezahlt hatte, in aller Stille abzulegen – und dann weiterzusegeln.
Meine Schwester war aus Anacrites’ Reichweite entfernt worden. Jemand hatte das veranlasst, ob es Maia gefiel oder nicht. Ich tippte auf Helena. Petronius und vielleicht sogar Maias Kinder konnten auch daran beteiligt sein. Aber nur Helena hätte sich diesen Plan ausdenken und dafür bezahlen können. Maia würde die Wahrheit vermutlich nicht erkennen. Sobald sie sich beruhigt und die Sache durchdacht hatte, würde ich, ihr absolut schuldloser Bruder, die ganze Schuld kriegen.
»Gut, lass uns überlegen, was wir tun können«, hörte ich Helena sagen. »Die Kinder sind bei Lucius Petronius. Ihnen wird kein Leid geschehen. Wir bringen dich schon irgendwie wieder nach Hause. Wein nicht, Maia. Einer meiner hübschen Brüder wird von Massilia aus heimreisen. Du kannst dich ihm sicherlich anschließen …«
Beide hübschen Brüder nickten zustimmend – und da keiner von ihnen gedachte, in Massilia umzukehren, machten sie sich rasch aus dem Staub.
Niemand schien mich zu brauchen. Ich vertiefte mich in meine Arbeit. Als Erstes band ich einen langen Strick um meine Tochter Julia, damit sie sicher über das Deck krabbeln (und die Seeleute zum Stolpern bringen) konnte. Nux, die sich auf Schiffen genauso unwohl fühlte wie ich, winselte viel und legte sich dann auf meine Beine. Ich wickelte das Neugeborene in eine warme Decke und drückte es unter meinem Mantel an meine Brust. Dann saß ich an Deck, die Füße auf den Anker gelegt, und las in den Anweisungen vom Sekretariat auf dem Palatin, das die Gelder für den Palast des Großen Königs verwaltete.
Wie bei offiziellen Projekten üblich, wo der Klient die höchsten Erwartungen und das ausführende Organ das größte Bedürfnis zu glänzen hat, waren die Fehler umso größer und die Kosten umso höher. Eine Prüfung durch das Schatzamt war angeordnet worden, bei der nichts Gutes herausgekommen war. Der Materialschwund auf der Baustelle hatte epidemische Dimensionen angenommen. Es hatte auch eine Reihe schwerer Unfälle gegeben. Selbst der Architekt des Projekts hatte einen verängstigten Bericht über seine Furcht vor Sabotage eingereicht.
Frontinus, der Provinzstatthalter, rechnete damit, dass das Fertigstellungsdatum nicht nur verschoben, sondern gleich ins nächste Jahrzehnt gerutscht war. Er hatte Schwierigkeiten, die Forderungen des Klienten im Zaum zu halten, und besaß nicht genug Arbeitskräfte für eine Rettungsmission, weil gleichzeitig größere Bauprojekte in Londinium anstanden (was vor allem die neue Residenz des Provinzstatthalters – also seine eigene – betraf). Brutale Passagen in Bürokratengriechisch verrieten das Schlimmste. Der Palast des Großen Königs hatte das Gefahrenstadium erreicht und stand kurz davor, der
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