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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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vergangen und die Chancen, ihn lebend wiederzufinden, schon ab dem zweiten Tag dramatisch gesunken waren.
    Die Zeit drängte, die beiden entschieden sich für die Überrumpelungsstrategie und diskutierten Zeitpunkt und Ort des Geschehens. Cozzone ging in einem merkwürdig angespannten Zustand zu Bett: Er vertraute Maria Pias Theorie blind, doch er war sich auch bewusst, dass sich im ungünstigsten Falle, wenn sie nicht recht behalten sollten, Spott und Verachtung der gesamten Kaserne über sie ergießen würden, oder besser gesagt über ihn, denn Maria Pia war allgemein beliebt und respektiert.
    Aber da er nun mal ein guter Junge war, war er auch bereit, für Gustavos Wohl Ruf und Ehre zu riskieren. In jener Nacht träumte er von ihm, wie er gefangen in irgendeiner dunklen Kammer lag, gefesselt und verschreckt, das weiche Fell dreckig und zerzaust, und einem Schicksal entgegensah, auf das er nicht vorbereitet war. Mitten in der Nacht wachte er auf, verschwitzt und mit wild klopfendem Herzen; in der Dunkelheit vor sich glaubte er die rot leuchtenden Augen des Tierchens zu sehen.
     
    Das Entsetzen ist blind, die Panik ein armes Tier, das verängstigt in der Falle sitzt. Unfähig, sich zu rühren, zu fliehen, die Angst hinauszuschreien. Unwissend, dass der Tod nahe ist, warum er nahe ist.
    Glücklicherweise sind die bewussten Momente rar, Augenblicke irrsinniger Klarheit, erfolglosen Aufbäumens.
    Die übrige Zeit ist gnädiges Vergessen.

 
    Montag, 20. August
    Der Anruf kam in aller Frühe, vor Sonnenaufgang. Santomauro schlief noch und träumte.
    Er träumte von Cozzone, der mit Kochmütze und gestärkter Schürze eine goldene, hell klingende Glocke schwang. Auf dem gedeckten Tisch hinter ihm thronte auf einem Silbertablett Gustavo, auch gekocht noch zu erkennen. Die Tischgenossen betrachteten ihn lächelnd, alle waren versammelt: Pippo, Regina und Bebè, Buonocore, Aloshi, De Giorgio, Olimpia mit Pater Lillo, de Collis mit einem unpassenden Monokel, Mina D’Onofrio, das Waschweib Pilerci, Valentina Forlenza und sogar Carmela Tatariello, genannt die Puppe, die er noch nie im Leben gesehen hatte. Sie winkten ihm zu, näher zu kommen, sich zu ihnen zu setzen, während Cozzone ununterbrochen die fiese goldene Glocke schwang, die läutete und läutete und läutete, bis sich das Läuten in das nicht minder fiese Klingeln des Telefons verwandelte.
    Mit rauer Stimme ging er dran, während er versuchte, das Bild von Gustavos gegarten Hinterläufen loszuwerden, die zufälligerweise genau wie zwei Frauenschenkel aussahen. Die verstellte Stimme am anderen Ende der Leitung ließ ihn im Bett hochfahren, augenblicklich hellwach.
    »Maresciallo Santomauro? Habe ich Sie geweckt?«
    Es schien eine Frauenstimme zu sein und doch keine Frauenstimme, künstlich, verzerrt und hohl, nicht zu erkennen.
    »Wenn Sie wissen wollen, wer Elena Mazzoleni umgebracht hat, kommen Sie morgen Mittag um Punkt zwölf zu der Ausgrabungsstätte von Velia.«
    Noch ein paar kurze Erklärungen, mal schien es die Stimmeeines alten Mannes, mal die eines kleinen Mädchens zu sein. Sie wechselte unaufhörlich, und ihre letzten Worte waren kaum mehr zu verstehen: »Kommen Sie allein, sonst wird nichts draus.«
     
    »Maresciallo? Das ist ein anonymer Anruf. Wenn Sie möglichst unauffällig zum Haus der armen Signora Mazzoleni fahren, treffen Sie dort eine gewisse Person an, die gerade jetzt mit unredlichen Absichten dort eindringt. Woher ich das weiß? Tut mir leid, das geht Sie nichts an. Ach, und noch etwas. Der Architekt ist nicht da, er ist mit jemandem im Boot rausgefahren, vielleicht mit diesem De Giorgio, der kleine Mädchen mag.«
    Seufzend legte Santomauro in der Kaserne den Hörer auf. Heute war offensichtlich der Tag der anonymen Anrufe. Doch wo ihn der erste beunruhigt hatte, war dieser hier etwas ganz anderes. Die Stimme war eindeutig zu erkennen gewesen, er würde der Frau etwas Gutes tun müssen, vielleicht ein freundschaftliches Gespräch unter vier Augen. Aber nachgehen musste er der Sache trotzdem. Er rief Totò Manfredi an, und in seinem Auto machten sie sich auf den Weg nach Sigmalea.
    Als sie Pioppica durchquerten, glaubte er Architekt De Giorgio zu sehen, wie er mit den Händen in den Taschen durch die Grünanlagen spazierte. Er winkte ihm grüßend zu, doch der Architekt sah in eine andere Richtung. Vielleicht war es auch nur jemand, der ihm ähnlich sah, während er tatsächlich mit Pippo auf dem Boot war. Dennoch, De Giorgio ging ihm

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