Eine Leiche zu Ferragosto
mal was!«
»Tatsächlich geht es hier ja nicht nur um ein Buch, Totò, sondern um drei oder vier. Und nun kann er damit machen, was er will. Das sollte man zumindest in Betracht ziehen.«
»Das müsst ihr mir genauer erklären«, Manfredi hatte seinen Teller mit einem Stückchen Brot sauber ausgewischt und schien nun aufnahmefähig zu sein. »Die Mazzoleni wollte die letzten zwei Bücher nicht veröffentlichen. Warum?«
»Weil es eine kleine Verlagsklitsche war, deswegen. Hast du denn nicht zugehört?«
»Nein, Pietro, wenn ich esse, esse ich, und außerdem drückst du dich so unklar aus. Red du, Simone.«
Gnarra grunzte und Santomauro seufzte. Manfredi konnte manchmal wirklich nervtötend sein, aber er hatte einen langsamen, analytischen Geist, und seine wohlüberlegten Schlüsse hatten sich mehr als einmal als richtig herausgestellt. Geduldig begann er noch einmal von vorn.
»Die ersten beiden Bücher des Autorenpaares Mazzoleni-Sangiacomo kamen bei einem guten, bedeutenden Verlag heraus. Nicht hingegen das dritte, das bei einem kleinen, überbewerteten Verlag ohne richtigen Vertrieb landete, so dass der Titel floppte. Das vierte wollte niemand. Das war vor zwei Jahren. In der Zwischenzeit hatten die beiden aus verschiedenen Gründen das gemeinsame Schreiben aufgegeben, er widmete sich in Vollzeit dem Journalismus, sie versuchte vielleicht auf eigene Faust einen Krimi zu schreiben. Dann das Wunder: ein Angebot aus Deutschland trudelt ein. Sie wollen die vier Titel ins Deutsche übersetzen und herausbringen. Italienische Krimis laufen dort anscheinend gut, warum auch immer.«
»Ja und? Dann ist doch wohl alles in Ordnung.«
»Nein, eben nicht, denn das vierte Buch ist in Italien noch nicht erschienen, und der einzige Verlag, der bereit wäre, esherauszubringen, ist der, der das dritte gemacht hat. Die Mazzoleni war absolut dagegen, sie hatten seinerzeit heftige Auseinandersetzungen gehabt, das Buch war schlecht gesetzt, der Einband löste sich, ganz zu schweigen von dem nicht vorhandenen Vertrieb. Aber ohne die italienische Ausgabe wollten die Deutschen das Buch nicht haben, und die anderen auch nicht, weil sie wenn schon eine Serie wollten. Und somit adieu Veröffentlichung in Deutschland, adieu Autorenrechte. Dabei braucht unser guter Titta immer Geld.«
»Während Elena im Geld schwamm und es sich erlauben konnte, daraus eine Frage des Prinzips zu machen. Er scheint sie wochenlang angefleht zu haben, bis er dann irgendwann aufgab.«
»Aber nun hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst, die böse Hexe ist weg, das Genie kann sich entspannt zurücklehnen, und seine Freundin kann sich ganz der Befriedigung seiner Bedürfnisse widmen.«
»Wer, Martina die Wuchtbrumme?«, fragte Manfredi mit blitzenden Augen.
»Na, etwas hast du also doch mitbekommen!«
Später, als er im Bett lag und nicht einschlafen konnte, was in letzter Zeit immer häufiger vorkam, las Santomauro noch einmal Titta Sangiacomos Artikel. Was um Himmels willen hatte Samir nur darin gefunden? Welches Detail, welche scheinbar unbedeutende Kleinigkeit hatte ihn dazu getrieben, sich wie ein krankes Tier in seine Höhle zurückzuziehen, um ihn später dann genau in die Arme seines Mörders zu führen?
Der Gefreite Cozzone war ein guter Junge. Ernsthaft, sorgfältig und effizient, das ideale Aushängeschild für eine Anwerbungskampagne der Carabinieri, wenn nur seine Körpergröße nicht so minimal über dem nötigen Mindestmaß gelegen hätte und sein Gesicht, offen gesagt, darunter.
Jedenfalls war er ein grundanständiger Mensch, tierlieb dazu, und eben darum beschloss Maria Pia Manfredi, ihn zu ihremAdjutanten zu küren auf der mittlerweile verzweifelten Suche nach Gustavo oder dem, was von ihm übrig war. Auf Pietro Gnarra wollte sie angesichts Totòs offener Eifersucht lieber nicht mehr zurückgreifen, und im Übrigen hielt sich auch Pedro in letzter Zeit sorgsam von ihr fern, vielleicht weil er sich wesentlich mehr für die Ermittlungen in den beiden Mordfällen interessierte.
Wen kümmerte schon das Schicksal dieses süßen, verspielten Kaninchens? Vielleicht ja Cozzone, und tatsächlich wurde Maria Pias Hoffnung nicht enttäuscht. Der junge Mann stimmte ihren Theorien begeistert zu, beteiligte sich überzeugt an den Spekulationen über das mögliche Schicksal des verschwundenen Tierchens und war mit ihr einer Meinung, dass es noch einen winzigen Hoffnungsschimmer gab, obgleich seit Gustavos Verschwinden gut zehn Tage
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