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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wenn ein Kommandant das, was er von Anfang an gesehen hat, falsch auslegt.
    Er blickte zu Pascoe hinüber und lächelte flüchtig. Jetzt erst wußte er genau, was sein Vater damals gemeint hatte.
    Bolitho ging wieder zur anderen Seite des Achterdecks und richtete das Glas auf eine vorgeschobene Landzunge. Ein paar winzige Häuser waren am Fuß eines Steilhangs zu erkennen, eingekuschelt zwischen Gebüsch und Strand: Fischerhütten. Doch die Boote lagen verlassen auf dem groben Kies; nur ein Hund verteidigte seine Heimstätte und bellte wütend die langsam vorbeiziehenden Schiffe an.
    »Die nächste Bucht ist es«, sagte Farquhar gespannt.
    Outhwaite drehte sich um und rief: »Feuern erst auf Befehl und bei sich hebendem Schiff!«
    »Von wegen heben«, murmelte Allday verächtlich. »Ehe wir nicht klar von diesem Vorland sind und ein bißchen Wind kriegen, hebt sich gar nichts!«
    »An Deck!« Die Stimme des Ausgucks klang ungewöhnlich laut.
    »Schiffe vor Anker hinter der Landspitze!«
    Bolitho atmete langsam aus. »Signalisieren Sie diese Meldung weiter an die
Buzzard

    Sekunden später flatterte bereits die Bestätigung von der Rah der Fregatte. Javal ging es offenbar genauso wie ihnen allen: er war gespannt bis zum Äußersten.
    Bolitho sah auf seine Uhr. Die
Nicator

mußte jetzt die nördliche Durchfahrt passiert haben und mehr Segel setzen, um den entsche idenden Teil ihrer Aufgabe in Angriff zu nehmen. Selbst wenn die französischen Feldwachen sie gesichtet hatten, war es für einen Stellungswechsel der Landbatterie zu spät.
    Die Detonation kam wie ein abgehackter Donnerschlag. Bolitho sah weder Mündungsfeuer noch Rauch, nur die Spur des Geschosses auf der Wasserfläche. Es mußte ein ganz flacher Schuß sein, denn er konnte unter den Bahn eine Linie winziger Wellen sehen – wie von einer gespenstischen Bö oder einem angreifenden Hai.
    Die Kugel schlug im Vorschiff ein. Die Matrosen brachen in Gebrüll aus, und Bolitho sah den Zweiten Offizier von Geschütz zu Geschütz eilen, um die Mannschaft zu beruhigen.
    »Sehen Sie, Sir! Soldaten!« Allday deutete mit seinem Entersäbel hin.
    Bolitho beobachtete die winzigen blauen Gestalten, die jetzt unter den Bäumen hervor zur Landspitze hasteten. Vielleicht glaubten sie, daß noch ein zweiter Verband kommen und eine Landung versuchen würde, die sie abwehren mußten. Bolitho leckte sich die trockenen Lippen. Wenn es doch einen zweiten Schiffsverband gegeben hätte!
    »Drehen Sie einen Strich ab, Captain«, sagte er, »damit die obere Batterie besseres Schußfeld hat!«
    Farquhar protestierte: »Achtzehnpfünder gegen Infanterie, Sir?« Gelassen erwiderte Bolitho: »Dann haben die Leute zu tun und kommen nicht auf unnütze Gedanken. Außerdem kann es das Selbstvertrauen des Feindes dort oben erschüttern. Sie sind auf ein ganzes Geschwader gefaßt, vergessen Sie das nicht!«
    Er zuckte zusammen, denn wieder hallte ein Abschuß über das Wasser; hoch oben sauste die Kugel bösartig über die Masten.
    »Steuerbordbatterie klar!« Outhwaite deutete auf die rennenden Soldaten. »Bei der Hebung!« Er stieß die Sprechtrompete hoch.
    »Feuer!«
    Die lange Linie der Rohre glitt im Rückstoß binnenbords; wi rbelnd zog der Rauch über die Finknetze. Bolitho hielt das Glas auf das Land gerichtet; die Kugeln peitschten durch Bäume und Gebüsch, warfen Erde und Steine auf und verursachten ein wüstes Durcheinander. Die Soldaten hatten offenbar ähnliche Bedenken wie Farquhar gehabt, denn viele erwischte es im offenen Gelände; Bolitho sah Menschen, Musketen und Trümmer durch die Luft fliegen.
    Es hatte nicht viel zu sagen, machte aber doch den Geschützbedienungen etwas mehr Mut. Er hörte Hochrufe und aus der unteren Batterie Schreie der Enttäuschung, weil sie nicht feuern durfte.
    Outhwaite war von der Erregung angesteckt. »Schneller, Jungs! Neu laden! Mr. Guthrie eine Guinea für das Geschütz, das zuerst ausrennt!«
    Aus dem Augenwinkel sah Bolitho das Vorland achtern weggleiten; die erste Gruppe der ankernden Schiffe schimmerte im schwachen Morgenlicht auf; die Segel waren festgemacht, und die Unbeweglichkeit der Rümpfe ließ erraten, daß jedes Schiff mit seinem Nachbar fest verbunden war, so daß sie eine starre Schranke bildeten. Er hatte erwartet, daß die Franzosen auf diese Weise ankern würden. Es war eine bevorzugte Form der Verteidigung, schon lange, bevor man von der Revolution auch nur geträumt hatte.
    Dann sah er Mündungsfeuer aufblitzen. Es kam

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