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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hatten. »Rudert an!«
    Bolitho sah sich nach den anderen Booten um. Alle waren überfüllt. Doch von den sechshundert Mann der
Osiri
s

waren nur knapp die Hälfte gerettet. Er preßte die Lippen zusammen; die Augen schmerzten ihn vor Anstrengung. Ein sehr hoher Preis. Es war nur zu hoffen, daß ihr Opfer irgendwann von irgend jemandem gewürdigt wurde.
    Er hörte einen Ruf und dann Alldays heiseres Krächzen: »Herrgott, seht doch mal die Gig da!«
    Es war Leutnant Veitch, kohlschwarz von Kopf bis Fuß und beinahe nackt; dennoch winkte er ihnen zu und grinste dabei von einem Ohr zum anderen.
    »So’n verrücktes Aas«, murmelte Plowman, »er hat gesagt, er schafft’s! Hat er tatsächlich!«
    Bolitho hatte jeden Sinn für Zeit und Entfernung verloren. Als die Boote, von driftendem Rauch verfolgt und eingehüllt, die
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erreichten, war er fast überrascht, den hohen, schwarz und rotbraun bemalten Rumpf aufragen zu sehen wie eine Klippe. In den Stückpforten drängten sich freudestrahlende Gesichter, die Laufbrücke war voller Matrosen und Seesoldaten, und alle schrien hoch und hurra.
    Er packte die nächste Sprosse des Fallreeps und zog sich von seiner Ducht hoch. Ihm war, als gehorchten ihm die Arme nicht mehr, als würden sie aus den Gelenken gerissen. Rauhe Matrosenfäuste packten seine Hände, Männer umdrängten ihn, zogen ihn hoch, starrten ihn an.
    Herrick nahm ihn beim Arm und führte ihn nach achtern. »Gott sei Dank«, sagte er leise und sah Bolitho sekundenlang ins Gesicht.
    »Gott sei Dank!«
    Bolitho fuhr herum: eine brausende Flamme schoß hoch über den Rauch hinaus. Der Scheiterhaufen der
Osiri
s

loderte. »Sorgen Sie für die Männer der
Osiris«,

sagte er. »Sie haben gut gekämpft, Thomas, besser, als ich je zu hoffen wagte.« Mühsam hob er die Schultern. »Aber wären Sie nicht gekommen, alles wäre umsonst gewesen, die Verluste zu groß für das, was wir erreicht haben.«
    Er nickte Pascoe zu, der eben vorbeikam. »Auch Adam ist unverletzt.«
    Herrick spähte suchend durch den Rauch. »Und Kapitän Farquhar?«
    »Im Kampf gefallen, als ein tapferer Mann«, entgegnete Bolitho, in die lodernden Flammen starrend.
    Der ferne Kanonendonner wurde von neuen Hurras übertönt, und jemand schrie aufgeregt: »Der Franzmann streicht die Flagge, Sir!«
    Fragend sah Bolitho Herrick an. »Der Vierundsiebziger?«
    »Aye. Wir haben ihm das Ruder weggeschossen und ihn zweimal beharkt, ehe er freikommen konnte. Ich glaube, der Kommandant hatte mit der
Osiri
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zu viel zu tun, daß er uns überhaupt nicht gesehen hat.« Schüchtern legte er Bolitho die Hand auf die Schulter. »In ihm haben Sie Ersatz für das verlorene Schiff.«
    Leutnant Kipling kam nach achtern und faßte an den Hut. »Prisenkommando hat Schiff übernommen, Sir. Mr. Gilchrist meldet, daß der französische Kommodore und fast alle höheren Offiziere schwer verwundet sind.«
    »Danke«, nickte Herrick. »Mr. Gilchrist soll einen Austausch arrangieren. Ihre Offiziere und Matrosen gegen alle von der
Osiris,
die an Land schwimmen konnten. Und das Schiff behalten wir.«
    Bolitho musterte Herrick erstaunt. Wie er sich verändert hatte! Wie selbstsicher, wie unbeirrt er sprach! Und er hatte nicht einmal um Erlaubnis oder Rat gefragt.
    Herrick wandte sich ihm wieder zu. »Ich möchte ankern, Sir. Wie ich höre, stellen alle Franzosen das Feuer ein. Javal hat ihre Fregatte auf die Sandbänke gejagt, dort sitzt sie bombenfest. Er hat eine hübsche kleine Korvette als Prise genommen, und ich glaube, die andere ist nach Süden geflohen, so schnell sie konnte.«
    »Einverstanden«, entgegnete Bolitho. »Aber das haben Sie als Flaggkapitän zu entscheiden.«
    Herrick lächelte melancholisch. »Was Captain Farquhar anlangt, Sir…«
    »Für ihn ist alles vorbei, Thomas. Er starb, weil ihm die Fakten wichtiger waren als die Ideen. Vielleicht war ihm auch seine eigene Zukunft zu wichtig. Aber er starb als tapferer Mann.«
    Herrick seufzte. »Das habe ich nicht anders erwartet.«
    Da kam jemand unter die Kampanje gelaufen und rief: »Sie sind wieder da, Sir, heil und gesund?« Es war Ozzard, und er lächelte, was er selten tat. »Bitte kommen Sie nach unten, Sir!«
    Bolitho schüttelte den Kopf. »Später. Ich muß mir das hier ansehen.«
    Jetzt kamen die Boote mit den Geretteten längsseit; und drüben lag die
Buzzard

mit den zerfetzten Segeln und der hübschen kleinen Prise dicht neben sich. Das französische Linienschiff fuhr jetzt nicht mehr den

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