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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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schossen offensichtlich auf den französischen Vierundsiebziger; daher die ersten Hurrarufe und die vollen Breitseiten.
    Bolitho sah das alles und nahm es in sein Bewußtsein auf, aber den Sinn begriff er nicht.
    Nur eins zählte: die
Lysander
! Thomas Herrick war da. Es war ein phantastischer Glücksfall, fast ein Mirakel. Er war in die Nordpassage eingelaufen und hatte aus dem Ankerplatz der Franzosen eine Abwrackwerft gemacht!
    Pascoe sagte: »Aber jetzt ist es, glaube ich, die
Buzzar
d
,

Sir.« Seine Augen glühten, er atmete heftig vor Erregung. »Ja, das ist sie. Und ihre Segel sind so zerlöchert, daß sie kaum noch Fahrt macht!«
    Bolitho rieb sich die Augen. Dicht hinter der
Lysande
r

kam eine Korvette. Sie lag stark schräg, doch ihre Segel waren nicht so beschädigt wie die von Javals siegreicher Fregatte. Und über der Trikolore führte sie einen großen Union-Jack, die britische Flagge.
    Widerstrebend wandte Bolitho die Augen ab. »Sie setzen Boote aus. Sagt unseren Leuten, daß Hilfe kommt.«
    Gespannt beobachtete er einen driftenden Transporter und betete, er möge keins von den Pulverschiffen sein.
    Eine Bö fuhr übers Wasser, und er sah, daß viele Transporter gesunken waren. Kein Wunder, da sie diese schweren Geschütze geladen hatten.
    Boote ruderten auf die
Osiri
s

zu; er hörte ermutigende Rufe. Mit harten Gesichtern starrten die Ruderer das zerschossene, durchlöcherte Wrack an, das einst Farquhars Schiff gewesen war.
    Plowman hinkte vorbei, den Schiffschronometer unterm Arm. Als er Bolitho sah, grinste er mühsam. »Wär’ doch schade drum, Sir. Den kann man noch gebrauchen.« Eilig hinkte er zur Bordwand. »Freut mich, daß Sie nichts abgekriegt haben, Sir!«
    Es waren noch zahlreiche Boote in der Nähe, manche mit bewaffneter Marine-Infanterie an Bord und Drehbassen im Bug; andere beteiligten sich am Rettungswerk. Und noch etwas sah er: einige dieser Boote waren rot gestrichen, stammten also von der
Nicator.

Probyns Schiff war offenbar irgendwo hinter den versprengten Transportern und brennenden Wracks, um nachzusehen, was die Schlacht gekostet hatte.
    Ein Leutnant kam übers Deck, trat zu Pascoe und faßte grüßend an den Hut. »Keine überlebenden Offiziere außer Ihnen?« In dieser Hölle von Schrecken und Todesnot sah er merkwürdig sauber aus.
    »Ich bin auch noch da«, sagte Bolitho.
    Der Leutnant starrte ihn mit offenem Munde an. »Pardon, Sir«, sagte er schließlich, »ich habe Sie nicht erkannt in diesen –«
    »Spielt auch keine Rolle«, entgegnete Bolitho müde. »Daran habe ich mich allmählich gewöhnt.«
    Der Offizier blinzelte verlegen. »Ich komme von der
Nicator,

Sir. Wir haben gedacht, es ist keiner übriggeblieben in diesem…« Die Worte fehlten ihm; er machte eine unbestimmte Handbewegung.
    Guthrie, der Zweite Offizier der
Osiris
,

kam plötzlich von der Kampanje herangestürmt und packte den jungen Offizier beim Rockaufschlag. »Sie elender Feigling! Sie verdammte, kriechende Kröte! Sehen Sie bloß, was Sie –«
    Bolitho zog ihn von dem bestürzten Leutnant weg; Guthrie brach zusammen und schluchzte so heftig, daß es ihn schüttelte.
    Bestürzt und beschämt über Guthries Anschuldigungen erklärte der Leutnant: »Die
Nicato
r

ist auf Grund gelaufen, Sir. Aber auf einmal kam die
Lysander
,

keiner wußte woher, und schleppte uns frei. Ohne Captain Herrick wären wir noch später eingetroffen, fürchte ich.« Er war ganz außer Atem.
    »Ja, bestimmt noch viel später.« Bolitho ging über die halb zerstörte Laufbrücke. »Jetzt können wir das Schiff verlassen.«
    Er blieb stehen und sah sich um. Die
Osiri
s
wa
r

bereits ein Wrack; ohne Masten, ohne Segel, und ihre Besatzung bestand nur noch aus Toten, unter Trümmern Verschütteten und Verkrüppelten. Der Schiffsrumpf erzitterte, als wolle er sich gegen die Niederlage wehren. Aber das brennende Transporterwrack war an der anderen Seite angetrieben. Bolitho hörte die Flammen prasseln und triumphierend aufbrüllen, als sie das geteerte Tauwerk der
Osiri
s

erfaßten, das in wirren Haufen an Deck lag.
    Mochten die Franzosen, oder wer wollte, einige ihrer Geschütze bergen, vielleicht auch die Schiffsglocke zum Andenken. Nur Kiel und Spanten würden noch lange nach dem Erlöschen der Flammen im Sand liegen, bis Zeit und See endgültig gesiegt hatten.
    »Legt ab!« Er saß im Heck, das Boot um sich voll von stummen Männern, teils verwundet, teils nur betäubt von dem, was sie gesehen und durchgemacht

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