Eine Liebe auf Korfu
seine Notizen.
„Und der Pirat, der am Ruder der Ghost stand, während Sie mit der Argos zusammentrafen? Wo ist er jetzt?“
„Keine Ahnung“, erwiderte Benedict in entschiedenem Ton. „Ohne ihn wäre ich nicht mit der Schaluppe zurechtgekommen. Obwohl er uns nur half, um seine Haut zu retten, bin ich ihm einiges schuldig. Deshalb ließ ich ihn frei.“
„Nun …“ Missbilligend runzelte der Admiral die Stirn. „Beschreiben Sie uns noch einmal diesen verborgenen Hafen.“
Um sieben Uhr wurde die Sitzung beendet. Sir Thomas begleitete die Marine-Offiziere aus dem Arbeitszimmer, und Benedict blieb am langen, mit grünem Filz bedeckten Tisch sitzen, gegenüber von Mr. Harrison. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Sekretär nicht so gefasst wirkte wie normalerweise.
Natürlich, nach den stundenlangen intensiven Besprechungen und Analysen musste der Mann müde sein. Aber warum sah er so verzweifelt aus? Verständnisvolles Mitleid stieg in Benedict auf. Wenn er auch nicht erwartete, Mr. Harrison würde dem Vorschlag zustimmen, fragte er beiläufig: „Was halten Sie von einer Flasche Rotwein unten im Billardsalon? Wollen wir ein bisschen spielen?“
Der Sekretär starrte die Papiere an, die den Tisch übersäten, und fuhr mit allen Fingern durch sein ansonsten ordentlich gekämmtes Haar. „Verdammt will ich sein, wenn das keine ausgezeichnete Idee ist! Lassen Sie mich nur diese Dokumente in Sicherheit bringen.“
„Gut, ich bestelle den Wein, und wir treffen uns unten.“ Benedict schlenderte die Treppe hinab. Im Billardsalon begann er einen Queue einzukreiden und dachte voller Vorfreude an die Begegnung mit Alessa am nächsten Morgen.
Inzwischen hatte sie zwei Tage Zeit gefunden, um sich zu erholen und mit den Kindern Wiedersehen zu feiern. Gewiss wäre es taktlos gewesen, sie dabei zu stören. Und außerdem unklug – angesichts der Sorgen, die sich Lady Blackstone wegen ihrer Nichte machte. Während des aufregenden Abenteuers hatte sie ihre Tochter wenigstens stets in ihrer Nähe gewusst. Aber Alessa war verschwunden, um dann gemeinsam mit Lord Blakeney wiederaufzutauchen – noch dazu in Männerkleidern.
Darüber wusste auch der Doktor Bescheid. Und der Ka pitän der Argos hatte Alessa ebenfalls in diesem Aufzug ge sehen. Selbstverständlich würde keiner der beiden Klatschgeschichten verbreiten. Trotzdem verstand Benedict die Nervosität Ihrer Ladyschaft. Nun, sie würde sich beruhigen, sobald er ihr mitteilte, er plane eine heimliche Verlobung, die er bei der Rückkehr nach England offiziell bekannt geben wollte. Warum sollte Lady Blackstone den Verdacht hegen, er würde sich wegen unschicklicher Ereig nisse an Bord der Ghost zu einem Heiratsantrag verpflich tet fühlen?
Träumerisch erinnerte er sich an die leidenschaftlichen Liebkosungen in der Kabine, bis Harrison erschien, gefolgt von einem Lakaien, der ein Tablett mit einer Weinflasche und Gläsern in den Billardsalon trug. „Danke, wir bedienen uns selbst.“ Mit einer knappen Geste entließ der Sekretär den Diener, füllte ein Glas und leerte es in einem Zug, bevor er auch dem Earl Wein einschenkte.
Mit diesem Verhalten verblüffte er Benedict. Bisher hatte er den Mann immer nur in Maßen trinken sehen – und noch nie in so unkontrolliertem Zustand. Aber jetzt erweckte Harrison den Eindruck, er hätte einen Schock erlitten.
Aufs Geratewohl stieß Benedict ein paar Kugeln über den Billardtisch. „Wir haben harte Tage hinter uns. Irgendwie kommt es mir so vor, als wäre mein Gehirn durch einen Fleischwolf gedreht worden.“
„So ähnlich geht es auch dem Lord High Commissioner. Was mich betrifft – ich bin an solche Aufregungen gewöhnt.“ Der Sekretär nahm noch einen Schluck Wein und kreidete seine Queuespitze ein.
„Spielen wir aus Spaß an der Freude oder um Geld?“
„Um Geld, wenn Sie wollen. Was nützt mir mein Gehalt, wenn ich es nicht so verwerten kann, wie ich’s möchte?“ Wütend stieß Harrison eine rote Kugel quer über den Tisch.
„Möchten Sie darüber reden?“ Benedict füllte beide Gläser nach. „Sie können sich auf meine Diskretion verlassen.“
„Ach, Gott, die Frauen!“, stöhnte Harrison und trank das Glas leer, anscheinend, ohne es zu bemerken. „In dieser Hinsicht müssen Sie sich keine Sorgen machen, weil Sie ein Earl sind. Und ich bin nur ein verdammter Sekretär.“
„Geht es um Ms. Maria Trevick?“, fragte Benedict. Vielleicht war es besser, die Dinge zu beschleunigen. Er hatte den Mann
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