Eine Liebe in Den Highlands: Roman
es
deshalb vorgezogen, der Gesellschaft fernzubleiben. Aber andererseits war der
Gedanke, er könne nicht kommen, noch schlimmer. Sie hatte sich im Geiste auf
seine Anwesenheit vorbereitet, und so unlogisch das auch war, sie wusste, sie
wäre bitter enttäuscht, wenn er nicht erscheinen würde.
Jenny warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und stellte
fest, dass sie sie vergessen hatte. Sie musste sie auf dem Waschbecken liegen
gelassen haben. »Ich habe meine Armbanduhr oben vergessen; ich hole sie nur
schnell.«
»Nein!«, blaffte Henry sie an. »Du bist ohnehin schon
spät genug dran!«
»Aber ich kann ohne Uhr nicht kochen«, blaffte sie
zurück. Sie nahm einen Schluck Sherry. Er war sehr süß. Sie reichte Henry das
Glas. »Ich springe nur schnell rauf und hole sie. Du weißt nicht zufällig, ob
jemand angerufen hat, um für heute Abend abzusagen?«
»Frag Fliss«, meinte er und nahm das Glas sichtlich
ungehalten entgegen. »Ich dachte, es wären inzwischen alle da.«
Jenny tat so, als zählte sie die Gäste. »Nein, einer
fehlt noch. Wenn ich zurückkomme, werde ich Lady Dalmain fragen, ob ich die
Tischordnung ändern soll.«
Gleichzeitig hatte sie das Gefühl, als breche ihr
Herz. Den ganzen Tag lang hatte sie, während sie schälte und wusch und aus den
hintersten Tiefen verschiedener Porzellanschränke antike Servierplatten gekramt
hatte, an ihn gedacht. An seine Augen, die vor Ärger blitzen oder so freundlich
und sexy sein konnten, dass sie einfach dahinschmolz. Sie dachte an seine
starken Hände, die sie gespürt hatte, als er ihr in seinen Landrover geholfen
hatte; sie dachte an seinen Mund auf ihrem. Sie erinnerte sich an das Gefühl
der Sicherheit, das sie an diesem Abend im Pub in seiner Gesellschaft verspürt
hatte, als sie neben dem Kamin gesessen hatten. Es war absolut wahnsinnig, da
er gleichzeitig den Wohlstand und das Glück so vieler Menschen in Händen hielt,
aber sie glaubte dennoch, dass es nichts gab, was sie nicht tun würde, um bei
ihm zu sein.
Nachdem sie die Treppe ein zweites Mal in beide
Richtungen erfolgreich überwunden hatte, war sie nun allein im Flur und legte
sich gerade die Armbanduhr um, als sie ein Klopfen hörte. Sie wusste, dass er
es war und sie die Tür öffnen musste. Die Hunde waren weggesperrt worden, und
niemand sonst konnte ein so leises Geräusch gehört haben; die Lautstärke der
Menschen im Wohnzimmer, die seit mehr als einer Stunde Alkohol getrunken
hatten, nahm von Minute zu Minute zu.
Er stand dort in der Dunkelheit und zögerte einen
Augenblick, bevor er hereinkam. Sie gab den Weg frei, und er trat ein.
Sie hörte, wie er hastig Luft holte, sah, wie er die
Hände nach ihr ausstreckte und einen Schritt zurückmachte. Ihr Körper hatte nur
den einen Wunsch: sich in seine Arme zu stürzen und von Ross gehalten zu
werden, bis sie nicht mehr atmen konnte. Ihr Gehirn fürchtete seine Macht.
Beide Teile von ihr wussten, dass es fatal gewesen wäre, irgendeinen
körperlichen Kontakt zwischen ihnen zu gestatten.
»Hallo«, sagte sie, hörte das Zittern in ihrer Stimme
und betete, dass er es nicht bemerkte. »Kommen Sie herein.«
»Es tut mir leid, dass ich zu spät erscheine.« Er
streifte seinen Mantel ab. Anders als die anderen Männer trug er wie Henry
keinen Kilt, sondern einen dunklen Anzug. Als er Jenny seinen Mantel gab,
streifte sie mit der Hand seinen Arm und erschauerte.
»Kein Problem. Sie kommen nicht wirklich zu spät. Ich
bin gerade selbst erst heruntergekommen. Ich bringe Ihren Mantel für Sie weg.
Warum gehen Sie nicht gleich weiter ins Wohnzimmer und lassen sich einen Drink
geben? Aber rühren Sie bloß den Sherry nicht an; er ist widerlich süß.
Allerdings wird man Ihnen wahrscheinlich sowieso Whisky anbieten, da Sie ein
Mann sind.«
Ross rührte sich nicht von der Stelle, während sie
seinen Mantel auf einen Bügel hängte. Er schien ihr geradezu unerträglich
schwer; ihre Arme funktionierten nicht richtig. Warum ging er nicht einfach weg
und gab ihr eine Chance, sich zu sammeln? Und wenn er schon hinter ihr
herumstehen musste, warum sprach er dann kein Wort?
Als sie den Mantel endlich los war, wusste sie, dass
sie irgendeine unbefangene Bemerkung hätte machen müssen, etwas, das die Spannung
löste und ihm bewies, dass alles zum Besten stand: Sie hatte keine Todesangst
vor dem, was er mit der Fabrik machen würde. Und wenn er sie berührte, und sei
es auch nur zufällig, würde sie auch nicht an dieser Stelle unverzüglich in
Flammen
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