Eine Lüge macht noch keine Liebe! (German Edition)
nach Andreas
zu fragen und da auch Valerie ihn nicht erwähnte, ging sie davon aus, dass es
von dieser Seite keine Neuigkeiten gab und das bedeutete immerhin, dass es auch
keine schlechten Neuigkeiten geben konnte. Sie verabschiedeten sich mit den
üblichen guten Wünschen und Lara ging sich ein Bad einlassen.
Während sie mit geschlossenen
Augen im Wasser lag, schmiedete sie Pläne, was sie an diesem Nachmittag noch
tun wollte. Sie musste sich unbedingt bei Gaia und Michele blicken lassen, das
war klar. Sie seufzte leise auf. Hoffentlich hatten die beiden nicht zuviel
Aufhebens um die ganze Sache gemacht! Nun, sie würde es herausfinden.
Als sie ihr Bad beendet hatte
rief sie zuerst Alessandro an.
„Wie geht es dir?“ erkundigte er
sich. „Möchtest du heute etwas unternehmen, irgendwohin fahren?“
Es tat ihr gut, seine dunkle,
vibrierende Stimme zu hören. Mit einem Lächeln erinnerte sie sich an ihre
gemeinsamen Stunden.
„Ich glaube, das lohnt sich
nicht, es ist schon ziemlich spät. Außerdem möchte ich unbedingt Gaia treffen
und hören, ob alles in Ordnung ist. Ich werde nachher einfach mal bei ihr zu
Hause vorbei fahren und sehen, ob sie da ist.“
„Willst du dich danach mit mir
treffen?“
„Wie wäre es mit abends?“
„Erst so spät?“ er schien
enttäuscht. „Was hältst du davon, wenn wir uns in Micheles Pub treffen, nachdem
du bei Gaia warst, einen Aperitif nehmen und dann etwas essen gehen?“
„Einverstanden. Sagen wir so um
fünf?“
„Gut, dann also bis nachher.“
Etwas später stand sie vor dem
Kleiderschrank und überlegte lange, was sie anziehen sollte. Valerie hatte
recht gehabt, Alessandro war stets schlicht, aber irgendwie elegant gekleidet
gewesen, wenn sie ihn getroffen hatte. Irgendwie passte das wirklich nicht zu
dem Bild, das sie von einem Berufsfischer hatte. Andererseits, rügte sie sich,
waren das unbestätigte Vorurteile. Durften denn Menschen, die eine körperliche
Arbeit verrichteten, keine Vorliebe für edle Klamotten haben? Sie zuckte die
Schultern. Da sie keine Ahnung hatte, was er mit ‚Essen gehen‘ meinte,
entschied sie sich für ihr geliebtes Kaschmir – Twinset und eine hellgraue
Stoffhose. So war sie zumindest für fast alle Eventualitäten gewappnet.
Als sie dann vor der leeren
Garage stand, fiel ihr siedendheiß ein, dass ihr Auto ja seit zwei Tagen auf
dem Schlossplatz geparkt war. Also ging sie zu Fuß ins Dorf, in dem die
Normalität wieder eingekehrt zu sein schien. Die Lastwagen und auch die Jeeps
der Carabinieri waren verschwunden und nichts deutete mehr darauf hin, dass die
Gegend vielleicht nur knapp einer Katastrophe entgangen war. Sie machte einen
kleinen Umweg über die Dammstraße und war gespannt, welcher Anblick sie
erwartete.
Der Flusspegel war deutlich
gefallen, stand aber noch immer weit über seinem normalen Niveau. Die
Uferpromenade war fast wieder vollends zu sehen und auch die Büsche ragten
größtenteils wie vorher aus dem Wasser, in ihren Zweigen hatten sich Unmengen
Treibgut gesammelt, Plastiktüten, Flaschen, vor allen Dingen lange, bräunliche
Grashalme waren dort hängen geblieben und erinnerten sie absurderweise an
vergessenes Lametta an einem ausrangierten Weihnachtsbaum. Sie folgte dem Ufer
flussabwärts und versuchte die Stelle zu finden, an der sie ins Wasser
gerutscht war, aber sie war sich nicht sicher. Fest stand nur, wo Alessandro
sie herausgeholt hatte. Nachdenklich blieb sie an der Treppe stehen und
betrachtete eine Zeitlang die steinernen Stufen. Bis zur Brücke war es noch
weit und sie musste selber über ihre Angst lachen, mit einem der Pfeiler zu
kollidieren. Auf dem Weg dahin standen so viele Bäume am Ufer, an einem von
ihnen hätte sie sich bestimmt noch festhalten können. So gefährlich war ihre
Lage also nun auch wieder nicht gewesen!
An den Stellen, wo die Strömung
Hindernisse umspült hatte, war eine dicke Sandschicht zu sehen, die das
Hochwasser abgelagert hatte. Große Äste und ganze Baumstämme lagen am Ufer
verstreut und es sah aus, als hätte ein übereifriger Gärtner ein paar Ladungen
Rindenmulch zuviel verteilt. Ansonsten konnte sie auf den ersten Blick nichts
feststellen, was nach einem besonders großen Schaden aussah und war froh, dass alles
so glimpflich abgelaufen war.
Sie verließ den Fluss und ging
hinunter zum Kastell. Ihr Auto stand vor dem Pub und als sie drinnen erfuhr,
dass Michele nicht da war und erst am Abend erwartet wurde, stieg sie ein und
fuhr die Allee entlang
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