Eine Lüge macht noch keine Liebe! (German Edition)
widerstrebend.
Der junge Mann, mit dem
Alessandro sich unterhielt, mochte Anfang dreißig sein. Er hatte nicht ganz so
dunkles Haar und im Gegensatz zu Alessandro fehlten ihm die markanten Züge, die
dessen Gesicht je nach Stimmung etwas Hartes, Finsteres verleihen konnten.
Seine Augen waren goldbraun und trotz eines gepflegten Drei-Tage-Barts hatte
sein Gesicht etwas Weiches an sich, das sich verstärkte, als er nun laut und
belustigt drauflos lachte.
„Dass ich das noch erleben darf,
hätte ich nicht zu hoffen gewagt! Und was ist mit ihr? Will sie nur mit dir ins
Bett oder teilt sie deine Gefühle?“
Alessandro trat ans Fenster.
„Ob du es nun glaubst oder nicht,
ich habe keine Ahnung. Sie verhält sich mir gegenüber absolut – wie soll ich
sagen – frei und offen. Keine Abwehr mehr, keine Zurückhaltung, so wie am
Anfang. Bei jeder anderen Frau wäre ich mir sicher, dass sie auch verliebt ist,
aber bei ihr? Bei ihr weiß ich nie, was sie im nächsten Moment tun wird. Oder wie
lange sie noch da sein wird.“
Er schüttelte nachdenklich den
Kopf.
„Warum fragst du sie nicht
einfach, wie lange sie noch bleibt?“
Alessandro wandte sich zu ihm um.
„Nando! Hältst du mich für einen
Stümper? Das habe ich bereits, aber welche Frau gibt einem Mann schon eine
klare Antwort auf solche Fragen? Sie sagte, sie bliebe noch eine Zeitlang, was
immer das bedeuten mag.“
Nando zuckte die Achseln.
„Weiß nicht. Wenn sie schon so etwas
Besonderes ist, dann heißt das vielleicht besonders lange. Versuch doch
einfach, sie zu einer konkreteren Aussage zu bringen!“
„Ich will sie nicht verscheuchen,
ich will sie festhalten. Und noch befürchte ich, dass sie sich wieder in sich
selber verkriechen könnte, wenn ich zu sehr nachbohre.“
„Warum versuchst du’s dann nicht
einfach mit der Wahrheit? Lass das Theater und sag ihr alles, konfrontier sie
mit den Tatsachen und sag ihr, du willst, dass sie bleibt.“
„Du hast wirklich leicht reden“,
er fuhr sich mit einer unwilligen Bewegung durchs kurze Haar. „Sie ist die
erste Frau, bei der ich das Gefühl habe, dass alle meine Mittel versagen. Es
macht mich wahnsinnig, daran zu denken, dass sie vielleicht von einem Tag auf
den anderen plötzlich nicht mehr da sein könnte! Und trotzdem -“, er zögerte
und schien mit sich zu kämpfen, „ich kann es ihr nicht sagen. Jetzt noch nicht.
Was, wenn ich mich doch in ihr täusche? Wenn sie doch nicht die ist, für die
ich sie halte? Was mache ich dann?“
„Traust du deiner
Menschenkenntnis denn inzwischen so wenig?“
„Ach, ich weiß doch selber schon
nicht mehr, was ich glauben soll! Irgendetwas ist da an ihr, das mich trotz
allem immer noch stutzig macht.“
„Und was könnte das deiner
Meinung nach sein?“
„Sie hat in Deutschland
irgendeine ungeklärte Situation hinter sich gelassen. Ihre Version war, es sei
beruflich gewesen, aber vielleicht war da noch etwas anderes.“
„Ein Mann?“
Alessandro nickte bedächtig und
rieb sich den Nacken. Der Gedanke verursachte ihm leichtes Unbehagen.
„Genau das befürchte ich. Ich
habe sie einmal gefragt und eine scharfe Abfuhr bekommen. Seither ist das Thema
für mich ebenso tabu wie für sie.“
„Um ehrlich zu sein, ich erkenne
dich kaum wieder! Unser Frauenheld – schüchtern wie ein Teenager. Verliebt sich
in eine Frau mit Geheimnis und findet nicht heraus, was es ist!“
„Danke, dein Spott ist genau das,
was ich jetzt gebrauchen kann!“
„Oh, entschuldige“, Nando konnte
sich dennoch ein Grinsen nicht verkneifen. „Und was hast du nun vor?“
„Weitermachen wie bisher. Ich
muss es schaffen, ihr Vertrauen zu gewinnen, erst dann kann ich mir überlegen,
was ich tun werde. Und langsam wird es immer schwieriger, sie ist einfach zu
intelligent, um die Lücken in meiner Geschichte zu übersehen. Sie fängt an,
Fragen zu stellen.“
„Das könnte doch ein gutes
Zeichen sein, meinst du nicht?“
„Ja, könnte sein. Aber ich könnte
auch auffliegen und das war’s dann wahrscheinlich.“
„Na dann“, Nando stöhnte,
„spielen wir das Stück also mit, aber mit dir tauschen möchte ich wirklich
nicht!!“
„Es wird nur ein kleines
Abendessen, wir essen, machen Musik und sitzen zwanglos zusammen.“
„Wie bei deiner
Geburtstagsparty?“, Lara warf ihm einen viel sagenden Seitenblick zu. Noch
immer erinnerte sie sich mit Schaudern an die Blamage ihres ersten gemeinsamen
Abends. „Welchen Anlass gibt‘s denn diesmal?“
Alessandro
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