Eine Luege macht noch keine Liebe!
nicht verkneifen können. Er sah sie verständnislos an.
„Trainiere was?“
„Na deine Muskeln natürlich! Du musst doch mindestens dreimal die Woche in irgendein Fitnessstudio laufen, um so auszusehen!“
Er lachte belustigt.
„Nein, meine Süße, tue ich nicht! Ich bin so, wie Gott mich schuf, ich habe das große Glück, dass ich außer der Arbeit auf dem Boot sonst nichts brauche. Aber du kannst mir glauben, das ist Training genug!“
So ein Mann sollte nicht frei herumlaufen, dachte sie spontan, eigentlich gibt es so etwas im richtigen Leben gar nicht. Wahrscheinlich löst er sich in Luft auf, wenn ich jetzt blinzle. Doch die Statue setzte sich neben sie aufs Bett, statt zu verschwinden.
„Na los, jetzt ist der nächste Genuss dran“, ermunterte er sie. „Wer soviel Sport treibt, braucht Kraft. Und du kannst es vertragen“, sanft zeichnete er mit dem Finger die Konturen ihrer Rippen nach.
Lachend sammelten sie nach einer kurzen Dusche ihre Sachen vom Boden auf. Lara zog ihren Lippenstift nach und warf sich den neuen Mantel über.
„Wir nehmen mein Auto“, schlug er vor. „Oder möchtest du zu Fuß gehen?“
„Nein, mein Bedarf an Bewegung ist für heute gedeckt“, scherzte sie.
Sie bekamen den gleichen Tisch, an dem Lara schon mit Valerie gesessen hatte. Auch Alessandro gefiel die Atmosphäre des Restaurants und sie ließen sich viel Zeit beim Essen.
Das Lamm, für das Lara sich entschieden hatte, war vorzüglich und der Rotwein exzellent. Sie musste unbedingt ein Dessert essen und er bestellte sich Grappa zum caffè. Wieder fiel ihr auf, dass er ihn schwarz trank.
„Wie du das nur schaffst, ihn ohne Zucker zu trinken“, wunderte sie sich laut.
„Ist reine Gewohnheit. Außerdem schmeckt er dann intensiver und echter, bitter, so wie das Leben eben manchmal ist.“
„Aber heißt es nicht, caffè muss schwarz wie die Nacht, heiß wie die Hölle und süß wie die Liebe sein?“
„Wer hat dir denn erzählt, Liebe sei süß“ fragte er trocken und schüttete einen Schuss Grappa in seine Tasse, die er dann schwenkte, um den Rest crema vom Rand zu lösen.
Lara musterte ihn schweigend und einen Moment war ihr, als senkte sich ein Hauch Bitterkeit um seinen vollen Mund.
„Ist sie das denn nicht?“ fragte sie ihn provokativ. Alessandro sah sie an und Lara konnte den Schatten über seinen Augen deutlich sehen, ehe das Lächeln, das ihr nun schon so vertraut erschien, zurückkehrte.
„Mit dir schon, cara, da besteht kein Zweifel!“
Als er sie nach Hause brachte, war es Mitternacht.
„Sehen wir uns morgen?“ wollte er wissen. „Wir könnten mal wieder einen Ausflug machen, was hältst du davon?“
„Das könnten wir“, schnurrte sie gutgelaunt. „Wohin soll’s denn gehen?“
„Ans Meer?“
„Gute Idee. Also dann, bis morgen.“
Er fasste sie mit der Hand ums Kinn, dieselbe Geste, die sie nun schon so gut kannte, und drehte ihr Gesicht zu sich. Seine Augen waren dunkel, als er sie zum Abschied küsste.
„Ich ruf dich an.“
Lara lag noch eine Zeitlang wach und dachte nach. Unvermittelt war in ihr das Echo ihres Traumes aufgestiegen, als er ihr den Ausflug vorgeschlagen hatte: ‚Er hat zuviel Zeit‘.
Vorher war ihr das nicht so bewusst gewesen, aber es stimmte. Seit sie ihn nun etwas näher kannte, schien er nichts anderes zu tun zu haben, als sich mit ihr zu beschäftigen. Sie suchte in ihrer Erinnerung nach einem Anhaltspunkt, ob er irgendwann einmal seine Arbeit erwähnt hatte, doch außer während des Unwetters, als er im Hafen mit den Booten beschäftigt gewesen war, fiel ihr dazu nichts ein. Wenn er wirklich Fischer war, musste er doch schließlich einen bestimmten Tagesablauf einhalten, und soweit sie wusste, fuhren die meisten Boote frühmorgens aufs Meer hinaus und kamen am Nachmittag wieder zurück. Außer – sie erstarrte. Fuhr er etwa nach den Treffen mit ihr noch los und war dann am nächsten Nachmittag schon wieder für sie da? Wenn dem so war, wann schlief er dann? Sie verwarf den Gedanken als absurd und nahm sich vor, sich morgen danach zu erkundigen, warum er soviel Zeit für sie erübrigen konnte.
Der zweite Gedanke, der sie beschäftigte, war seine Bemerkung darüber, warum Liebe süß sein sollte. Hatte er, so wie sie, eine Enttäuschung erlebt? Sei kein Schaf, ermahnte sie sich, ein Mann in seinem Alter hat immerhin auch seine Erfahrungen hinter sich. Sie war sicher, dass er zumindest Mitte dreißig war, in einem Alter also, in dem
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